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Er wandte sich um und bemerkte jetzt zum erstenmal Herrick.»Ah — Ihr tüchtiger Leutnant. Hoffentlich hat er sich damit abgefunden, daß es bei diesem Unternehmen keine Prisengelder gab? Jetzt, da Saphir und Fairfax versenkt sind, kann es noch ein Weilchen dauern, bis wir wieder ein halbwegs lohnendes Schiff erwischen — eh?»

Herrick wurde rot.»Ich hörte nicht, daß sich jemand darüber beklagt hätte, Sir. Menschenleben sind meiner Ansicht nach wichtiger als Geld.»

Pomfret lächelte kühl.»Ich wüßte nicht, daß ich Sie um Ihre Meinung gebeten hätte, Mr. Herrick. «Er wandte sich brüsk um, denn soeben schob sich Oberst Cobbans massige Gestalt durch die Versammelten.

«Ah, Sir Tonquil! Sind inzwischen all Ihre Truppen in Stellung?»

Mit einem Grunzen nahm der Colonel ein Glas von dem silbernen Tablett.»Schanzen aufgeworfen, Geschütze in Stellung. «Grinsend zeigte er die Zähne.»Hier können wir bis in alle Ewigkeit sitzen, wenn' s nötig ist.»

Bolitho fragte:»War das angebracht, Sir? Es ist doch nicht sehr wahrscheinlich, daß wir hier lange bleiben. Sobald Verstärkung eintrifft, müssen wir landeinwärts marschieren, wenn das ganze Unternehmen überhaupt Sinn haben soll.»

Langsam drehte sich Cobban zu ihm um.»Darf ich fragen, was, zum Teufel, Sie das überhaupt angeht, Sir?»

Bolitho konnte den Brandy in Cobbans Atem beinahe schmek-ken. Unbewegt erwiderte er:»Es geht mich eine ganze Menge an. Und ich sehe keinen Grund für Ihre Flüche.»

Pomfret unterbrach lächelnd die Kontroverse.»Beruhigen Sie sich, Sir Tonquil. Captain Bolitho ist der Mann, der diesen Hafen eingenommen hat. Ihm liegt natürlich sehr daran, daß seine Bemühungen nicht umsonst waren.»

Cobban blickte von einem zum anderen. Dann sagte er grob:»Ich bin Soldat, und mir paßt es nicht, mich von solchen Leuten ausfragen zu lassen.»

Plötzlich waren alle totenstill. Bolitho erwiderte gelassen:»Sehr bedauerlich, Colonel. Und noch bedauerlicher ist es, daß Sie, als Sie sich Ihren Dienstgrad kauften, sich nicht gleich die nötigen Manieren mitgekauft haben!»

Cobban wurde blutrot. Er sagte, und es klang, als ersticke er in seinem hohen Kragen:»Sie impertinenter Emporkömmling! Wie können Sie es wagen, so mit mir zu sprechen?»

Kühl unterbrach Pomfret:»Das reicht, meine Herren! Das reicht durchaus!«Er richtete die blassen Augen auf Bolitho.»Ich weiß, daß Duelle in Ihrer Familie nichts Ungewöhnliches sind, Captain Bolitho, aber unter meiner Flagge dulde ich sie nicht.»

Wütend murmelte Cobban:»Wie Sie meinen, Sir Edmund. Aber wenn es nach mir ginge…»

«Sie finden mich jederzeit bereit, Colonel, wenn Sie mir Gelegenheit geben«, sagte Bolitho. In seinem Kopf hämmerte es wie auf einem Amboß, und der Wein brannte ihm heiß im Magen. Aber ihm war jetzt alles gleichgültig. Pomfrets leise Bösartigkeit und Cobbans grobschlächtige Dummheit ließen ihn alle Vorsicht vergessen. Er sah in Herricks besorgtes, wachsames Gesicht und blickte dann überrascht hinunter, denn Pomfret legte ihm die Hand auf den Arm.»Ihre Wunde macht Ihnen sicher zu schaffen«, sagte er.»Ich will Ihnen deshalb den Ausbruch nicht übelnehmen. «Er seufzte, als sei das alles nicht so wichtig.»Sie gehen morgen wieder in See, Bolitho. Zurück nach Cozar. «Abwesend schaute er in den Saal.»Sie können der Garnison meine Depeschen bringen, und wenn Sie zurückkommen, nehmen Sie Miss Seton mit. «Er wurde beinahe vertraulich und jovial.»Wir werden den Leuten hier schon zeigen, daß wir zu bleiben gedenken. Vielleicht gebe ich sogar eine Art Empfang für sie, eh?»

Cobban hatte sich ein wenig beruhigt.»Und die Hochzeit, Sir Edmund? Werden Sie sie in St. Clar feiern?»

Pomfret, die Augen noch auf Bolithos ernstes Gesicht gerichtet, nickte.»Ja. Als Zeichen unseres Vertrauens in die Zukunft. «Er lächelte.»Das Pünktchen auf dem i, genau im richtigen Augenblick.»

Bolitho schwamm der Kopf. Pomfret machte sich über ihn lustig, das war offensichtlich. Und die Hyperion wurde schon wieder hinausbeordert. Dieses Schiff kam anscheinend nie zur Ruhe. Bekam nie Zeit, sich zu erholen und seine Wunden zu heilen.

Möglichst beiläufig erwiderte er:»Mit einer Fregatte ginge es schneller, Sir.»

«Ich möchte aber, daß Sie segeln, Bolitho. Dabei können Sie sich gleich ein bißchen erholen. Und inzwischen werden wir versuchen, diesen Krieg so zu führen, daß auch Sie damit zufrieden sind.»

«Ist das alles, Sir?»

Der Admiral dachte ein paar Sekunden nach.»Im Moment, ja.»

Ein Lakai präsentierte Pomfret ein Tablett mit Gläsern, aber er winkte ab und sagte abschließend:»Wollen Sie mich jetzt entschuldigen, Bolitho?«Unvermittelt wandte er sich um und ging auf die geschwungene Treppe zu.

«Ich werde Ihre Worte von vorhin nicht vergessen, Captain! Sie werden Ihnen noch leid tun, seien Sie sicher«, knurrte Cobban.

«Wollen wir wieder an Bord zurück?«fragte Bolitho und ging mit Herrick zur Tür, ohne Cobban eines Blickes zu würdigen.

Herrick folgte ihm verwirrt. Ihm schwirrte immer noch der Kopf von diesen nur mühsam kaschierten Beleidigungen. Es trieb ihn, den hier versammelten Offizieren laut und deutlich auseinanderzusetzen, was Bolitho für sie getan hatte und was jeder einzelne ihm verdankte. Draußen tat Bolitho einen tiefen Atemzug und starrte zu den blinkenden Sternen empor. Sein Gesicht war entspannt, aber er sah merkwürdig traurig aus.

Herrick bemerkte leise:»Der Admiral hat ein zweites Glas Wein abgelehnt, Sir. Ich begreife das nicht. An Bord der Phalarope hat er ziemlich viel getrunken.»

Bolitho hörte ihn gar nicht. Er dachte an Cheney Seton. Diesmal würde es noch schwerer sein, sie als Passagier an Bord zu haben. Wenn die Hyperion hier wieder Anker warf, würde Cheney heiraten.

Er hakte seinen Degen ein und sagte abwesend:»Wir werden, bevor wir an Bord gehen, mit Monsieur Labouret ein Glas Wein trinken. Ich habe einen üblen Geschmack im Mund. «Ohne ein weiteres Wort schritt er durch die Tore und hinunter zum Hafen.

«Laß fallen Anker!«Herricks Stimme hallte über die ganze Bucht. Er senkte das Sprachrohr, der Anker klatschte ins Wasser, kleine Wellen breiteten sich in Kreisen aus und verliefen zu den Klippen hin. Die Vormittagswache hatte kaum begonnen, doch nach der freien Luft auf offenem Meer fühlten sie sich in dem umschlossenen Naturhafen bereits wie in einem Ofen.

Wortlos beobachtete Bolitho die routinemäßige Geschäftigkeit auf dem leise an seiner Trosse arbeitenden Schiff: das Ausfieren der Boote und Aufriggen von Sonnendächern an Deck. Cozar hat sich nicht verändert, dachte er. Das einzige unter der Steilküste ankernde Schiff war die Fregatte Harvester; auch ohne Teleskop konnte er sehen, daß Leach, ihr Kommandant, mit seinen Reparaturen beinahe fertig war.

Langsam schritt er zu den Netzen und schaute zur Bergfestung hinauf. Vor der Hafeneinfahrt hing Dunst, der schon dem sich langsam nähernden Schiff grüßend entgegengekommen war, löschte den Horizont aus, schmiegte sich um die grauen Mauern der Festung und der Batterie wie eine Nebelwolke. Ein leichter Schauer überlief ihn, und er hielt den bandagierten Arm etwas vom Körper ab. Sie hatten die Insel schon gestern früh gesichtet, doch wegen des ungünstigen Windes mußten sie die Nacht beidrehen und konnten die Festung, die aus dem schützenden Nebel wie ein Zauberschloß aufragte, nur aus der Ferne betrachten.

Herrick tippte an den Hut und meldete:»Boote zu Wasser, Sir!«Er blickte flüchtig zu den Berghängen hinüber.»Sieht so aus, als wären da noch eine ganze Menge Soldaten für St. Clar, Sir.»

Bolitho nickte. Den sonnengedörrten Hang bedeckten Reihen kleiner Zelte, hier und da konnte er eine rotuniformierte Gestalt mit blinkendem Bajonett ausmachen. Aber alles war sehr ruhig, als hätten die Inseleinsamkeit, die Hitze und der Staub allen Lebensmut aus der Garnison vertrieben.

«Ich habe Mr. Seton Bescheid sagen lassen, Sir«, fuhr Herrick fort und sah Bolitho dabei besorgt an.»Er ist zur Überfahrt bereit. Geht das in Ordnung?»

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