Литмир - Электронная Библиотека

Hood warf ihm einen grimmigen Blick zu.»Endlich haben Sie begriffen. Gut, Bolitho!«Er schritt wieder zum Fenster.»Unglücklicherweise könnte es den Franzosen bereits eingefallen sein, wie wichtig Cozar ist. Vor einer Woche habe ich die Schaluppe Fairfax hingeschickt, um zu rekognoszieren. Seitdem haben wir von ihr nichts mehr gesehen und gehört. «Er schlug wütend die Hände zusammen.»Spanien ist zwar neuerdings unser Alliierter, aber wer kann sagen, wie lange so eine Allianz Bestand hat, wenn Not am Mann ist?»

Ein nervöses Klopfen an der Tür, und Hoods Adjutant, ein Flaggleutnant, steckte ängstlich den Kopf herein. Hood warf ihm einen wütenden Blick zu.»Raus, zum Teufel!«Dann wandte er sich wieder an Bolitho.»Ich habe zur Zeit ein spanisches Geschwader bei mir. Falls wir Cozar attackieren und besetzen, muß der Hauptanteil daran scheinbar bei den Spaniern liegen. «Er zog die Brauen hoch.»Das wird unsere Beziehungen festigen und den Franzosen zeigen, daß wir mit Spanien nicht nur aus Angst verbündet sind, sondern auf Grund gegenseitigen Respekts. «Er lächelte grimmig.»So muß das also aussehen, eh?»

Bolitho rieb sich nachdenklich das Kinn.»Und Sie wollen, daß die Hyperion mit dabei ist, Sir.»

«Genau. Von allen meinen Kommandeuren sind Sie, glaube ich, am besten dazu geeignet. Ich erinnere mich, daß Sie damals in der Karibik einige sehr erfolgreiche Aktionen unternommen haben. Ihre Initiative und Phantasie sind genau das, was wir im Moment brauchen. «Etwas geniert blickte er zur Seite.»Sie segeln mit zwei spanischen Linienschiffen, aber die Aktion läuft unter dem Oberbefehl von Vizeadmiral Sir William Moresby. Kennen Sie ihn?»

Bolitho schüttelte den Kopf. Hoods Worte beschäftigten ihn noch intensiv. Von so weit war er gekommen und hatte gehofft, an wirklichen Kämpfen teilzunehmen — und nun das! Die Hyperion würde hin- und wieder zurücksegeln und nichts leisten außer einem obskuren Beitrag zu einem örtlich begrenzten Scharmützel. Saßen die Spanier erst einmal sicher auf ihrem eigenen Territorium, würden sie es sehr eilig haben, die Hyperion wieder loszuwerden — um Vizeadmiral Moresby würden sie sich dabei wenig scheren. Hood sah ihn ernsthaft an.»Moresby ist ein guter Flaggoffizier*. Er weiß Bescheid.»

Bolitho merkte, daß das Gespräch beendet war, und stand auf, wandte sich aber um, als Hood abschließend sagte:»Ich wollte mit Ihnen persönlich sprechen, damit Sie sich über die Bedeutung dieser Mission klar sind. Was auch passieren mag, ich bitte, dies wörtlich aufzufassen: die Insel muß ohne Verzögerung genommen werden. Wenn die Franzosen Zeit haben, dort eine richtige Garnison zu installieren, dann bekommen sie einen Versorgungsstützpunkt für ihre Flotte und können alles ausspionieren, was ich tue. Mein Geschwader ist sowieso schon bis an die Grenzen des Möglichen auseinandergezogen. Ich kann es mir nicht leisten, noch mehr Schiffe auszuschicken, um die Insel ständig zu kontrollieren. Ist das klar?»

Die Tür öffnete sich ein paar Zoll, und der Flaggleutnant sagte verzweifelt:»Entschuldigung, Mylord, aber der Kapitän der Agamemnon ist an Bord und bittet um eine Unterredung.»

Statt wie sonst wütend aufzufahren, lächelte Hood, was ziemlich selten vorkam.»Das ist der junge Captain Nelson; gleiches Dienstalter wie Sie, Bolitho. Na, diesmal wird er enttäuscht. «Seine halb beschatteten Augen funkelten.»Er wird von Cozar gehört haben. Auch er liebt es nämlich, gelegentlich auf eigene Faust zu handeln, genau wie Sie.»

Bolitho spielte mit dem Gedanken, einen Kommandowechsel vorzuschlagen, doch Hood sprach bereits weiter:»Aber seine Agamemnon ist ein schnelles Schiff. Ich brauche sie hier, falls etwas schiefgeht.»

«Jawohl, Sir. «Bolitho dachte an Rookes verächtliche Worte:»Sie ist so langsam wie eine alte Kuh«, und fuhr fort:»Die Hyperion wird schon zeigen, was sie kann.»

* Marineoffizier mit der Berechtigung zum Führen der Admiralsflagge.

Der Admiral sah ihm ins Gesicht.»Habe nie daran gezweifelt, mein Junge. «Er lachte in sich hinein, während Bolitho zur Tür schritt.»Und ich glaube kaum, daß der Krieg schon morgen zu Ende geht. Da wird es noch oft genug Gelegenheiten für Sie geben!»

Bolitho trat aus der Tür und prallte fast mit dem nervösen Flaggleutnant zusammen, der ihm sofort ein großes versiegeltes Kuvert in die Hand drückte und dabei murmelte:»Ihre Segelorder, Sir. In einer Stunde wird Vizeadmiral Sir William Moresby seine Flagge von der Cadmus auf die Hyperion überführen. Darf ich Ihnen empfehlen, daß Sie schnellstens wieder an Bord Ihres Schiffes gehen, Sir? Sir William legt, äh, großen Wert darauf, vorschriftsmäßig empfangen zu werden.»

Bolitho stieß einen Grunzer aus und eilte zur Fallreepspforte. Der Kopf schwirrte ihm von diesen Neuigkeiten und Ereignissen. Die Cadmus war ein großer Dreidecker. Zweifellos braucht Lord Hood sie ebenfalls, dachte er bitter.

Der Kapitän des Flaggschiffs wartete schon bei der zum Seitepfeifen angetretenen Abteilung und lächelte Bolitho sorgenvoll zu. Es mußte ziemlich schwierig sein, ein Schiff zu führen, das Lord Hood an Bord hatte.

Doch als Bolitho in seine wartende Gig kletterte, vergaß er Hood und beschäftigte sich mit dem Problem, aus der Hyperion ein Flaggschiff zu machen. Ein Dreidecker war sie nicht. Sir William würde sie etwas eng finden.

Das Boot stieß ab, und Bolitho merkte, daß Allday an der Pinne gespannt zu ihm herübersah. Dann blickte er sich nach der turmhohen Victory um — dort dachte vermutlich kein Mensch mehr an seinen kurzen Besuch an Bord. Doch als sein Blick auf das breite Achterdeck des Flaggschiffs fiel, sah er oben einen schlanken, beinahe schmächtigen Mann an den Finknetzen lehnen und zu ihm herunterschauen. Dessen Uniform war noch ausgeblichener als Bolithos eigene, und sein Haar war zu einem steifen, unmodernen Zopf gebunden. Als das Boot flott um das Heck der Victory schor, sah Bolitho, wie der Mann die Hand hob — es mochte ein Gruß sein oder auch eine Geste der Resignation. Bolitho hob zum Gegengruß die Hand an den Hut. Zweifellos Nelson von der Agamemnon, dachte er. Ein schmächtiges Kerlchen, gar nicht wie ein Linienschiffskapitän; und dort auf dem riesigen Achterdeck der Victory sah er ganz verloren und verlassen aus. Also, dieser Nelson hatte wirklich keinen Grund, neidisch zu sein, dachte er böse. Nur zu gern hätte er ihm die Aktion Cozar überlassen.

Allday senkte den Kopf und fragte leise:»Gute Nachrichten, Cap-tain? Bleiben wir beim Geschwader?»

Bolitho warf ihm einen wütenden Blick zu.»Kümmern Sie sich um Ihren Kram! Dieses Boot wackelt mit dem Hintern wie eine Hafenhure!»

Allday wartete, bis Bolitho sich wieder umgedreht hatte, und lächelte dann in sich hinein. Die ganzen letzten Monate hatte er sich um die Gesundheit seines Kapitäns Sorgen gemacht. Doch Ärger von oben war besser als jede Medizin, dachte er frohgemut. Nur — die Franzosen konnten sich jetzt auf etwas gefaßt machen!

10
{"b":"113198","o":1}