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Herr, versetzte Reineke drauf: ich darf mich hierüber

Wohl erklären vor Euch, denn mich betrifft ja die Sache.

Gutes hab ich Euch selber getan! es sei Euch nicht etwa

Vorgeworfen; behüte mich Gott! ich erkenne mich schuldig,

Euch zu leisten, soviel ich vermag. Ihr habt die Geschichte

Ganz gewiß nicht vergessen. Ich war mit Isegrim glücklich

Einst ein Schwein zu erjagen, es schrie, wir bissen es nieder;

Und Ihr kamt und klagtet so sehr und sagtet: es käme

Eure Frau noch hinter Euch drein, und teilte nur jemand

Wenige Speise mit Euch, so wär euch beiden geholfen.

Gebet von Eurem Gewinne was ab! so sagtet Ihr damals.

Isegrim sagte wohl: Ja! doch murmelt' er unter dem Barte,

Daß man kaum es verstand. Ich aber sagte dagegen:

Herr! es ist Euch gegönnt, und wärens der Schweine die Menge.

Sagt, wer soll es verteilen? Der Wolf! versetztet Ihr wieder.

Isegrim freute sich sehr; er teilte, wie er gewohnt war,

Ohne Scham und Scheu und gab Euch eben ein Viertel,

Eurer Frauen das andre, und er fiel über die Hälfte,

Schlang begierig hinein und reichte mir außer den Ohren

Nur die Nase noch hin und eine Hälfte der Lunge;

Alles andre behielt er für sich, Ihr habt es gesehen.

Wenig Edelmut zeigt' er uns da. Ihr wißt es, mein König!

Euer Teil verzehrtet Ihr bald, doch merkt ich, Ihr hattet

Nicht den Hunger gestillt, nur Isegrim wollt es nicht sehen,

Aß und kaute so fort und bot Euch nicht das geringste.

Aber da traft Ihr ihn auch mit Euren Tatzen gewaltig

Hinter die Ohren, verschobt ihm das Fell, mit blutiger Glatze

Lief er davon, mit Beulen am Kopf, und heulte vor Schmerzen.

Und Ihr rieft ihm noch zu: Komm wieder, lerne dich schämen!

Teilst du wieder, so triff mirs besser, sonst will ich dirs zeigen.

Jetzt mach eilig dich fort und bring uns ferner zu essen!

Herr! gebietet Ihr das? versetzt ich: so will ich ihm folgen,

Und ich weiß, ich hole schon was. Ihr wart es zufrieden.

Ungeschickt hielt sich Isegrim damals, er blutete, seufzte,

Klagte mir vor; doch trieb ich ihn an, wir jagten zusammen,

Fingen ein Kalb! Ihr liebt Euch die Speise. Und als wir es brachten,

Fand sichs fett; Ihr lachtet dazu und sagtet zu meinem

Lobe manch freundliches Wort; ich wäre, meintet Ihr, trefflich

Auszusenden zur Stunde der Not, und sagtet daneben:

Teile das Kalb! Da sprach ich: Die Hälfte gehöret schon Euer!

Und die Hälfte gehört der Königin: was sich im Leibe

Findet, als Herz und Leber und Lunge, gehöret, wie billig,

Euern Kindern; ich nehme die Füße, die lieb ich zu nagen,

Und das Haupt behalte der Wolf, die köstliche Speise.

Als Ihr die Rede vernommen, versetztet Ihr: Sage! wer hat dich

So nach Hofart teilen gelehrt? ich möcht es erfahren.

Da versetzt ich: Mein Lehrer ist nah, denn dieser mit rotem

Kopfe, mit blutiger Glatze, hat mir das Verständnis geöffnet.

Ich bemerkte genau, wie er heut frühe das Ferkel

Teilte, da lernt ich den Sinn von solcher Teilung begreifen;

Kalb oder Schwein, ich find es nun leicht und werde nicht fehlen.

Schaden und Schande befiel den Wolf und seine Begierde.

Seinesgleichen gibt es genug! Sie schlingen der Güter

Reichliche Früchte zusamt den Untersassen hinunter.

Alles Wohl zerstören sie leicht, und keine Verschonung,

Ist zu erwarten, und wehe dem Lande, das selbige nähret!

Seht! Herr König, so hab ich Euch oft in Ehren gehalten.

Alles, was ich besitze und was ich nur immer gewinne,

Alles widm ich Euch gern und Eurer Königin; sei es

Wenig oder auch viel, Ihr nehmt das meiste von allem.

Wenn Ihr des Kalbes und Schweines gedenkt, so merkt ihr die Wahrheit,

Wo die rechte Treue sich findet. Und dürfte wohl etwa

Isegrim sich mit Reineken messen? Doch leider im Ansehn

Steht der Wolf als oberster Vogt, und alle bedrängt er.

Euren Vorteil besorgt er nicht sehr; zum halben und ganzen

Weiß er den seinen zu fördern. So führt er freilich mit Braunen

Nun das Wort, und Reinekens Rede wird wenig geachtet.

Herr! es ist wahr, man hat mich verklagt, ich werde nicht weichen,

Denn ich muß nun hindurch, und also sei es gesprochen:

Ist hier einer, der glaubt zu beweisen, so komm er mit Zeugen,

Halte sich fest an die Sache und setze gerichtlich zum Pfande

Sein Vermögen, sein Ohr, sein Leben, wenn er verlöre,

Und ich setze das gleiche dagegen: so hat es zu Rechte

Stets gegolten, so halte mans noch, und alle die Sache,

Wie man sie für und wider gesprochen, sie werde getreulich

Solcherweise geführt und gerichtet; ich darf es verlangen!

Wie es auch sei, versetzte der König: am Wege des Rechtes

Will und kann ich nicht schmälern, ich hab es auch niemals gelitten,

Groß ist zwar der Verdacht, du habest an Lampens Ermordung

Teilgenommen, des redlichen Boten! ich liebt ihn besonders

Und verlor ihn nicht gern, betrübte mich über die Maßen,

Als man sein blutiges Haupt aus deinem Ränzel herauszog;

Auf der Stelle büßt' es Bellyn, der böse Begleiter,

Und du magst die Sache nun weiter gerichtlich verfechten.

Was mich selber betrifft, vergeb ich Reineken alles,

Denn er hielt sich zu mir in manchen bedenklichen Fällen.

Hätte weiter jemand zu klagen, wir wollen ihn hören:

Stell er unbescholtene Zeugen und bringe die Klage

Gegen Reineken ordentlich vor, hier steht er zu Rechte!

Reineke sagte: Gnädiger Herr! ich danke zum besten.

Jeden hört Ihr, und jeder genießt die Wohltat des Rechtes.

Laßt mich heilig beteuern, mit welchem traurigen Herzen

Ich Bellyn und Lampen entließ: mir ahndete, glaub ich,

Was den beiden sollte geschehn, ich liebte sie zärtlich.

So staffierte Reineke klug Erzählung und Worte.

Jedermann glaubt' ihm; er hatte die Schätze so zierlich beschrieben,

Sich so ernstlich betragen, er schien die Wahrheit zu reden;

Ja, man sucht' ihn zu trösten. Und so betrog er den König,

Dem die Schätze gefielen; er hätte sie gerne besessen,

Sagte zu Reineken: Gebt Euch zufrieden, Ihr reiset und suchet

Weit und breit, das Verlorne zu finden, das mögliche tut Ihr;

Wenn Ihr meiner Hilfe bedürft, sie steht Euch zu Diensten.

Dankbar, sagte Reineke drauf, erkenn ich die Gnade;

Diese Worte richten mich auf und lassen mich hoffen.

Raub und Mord zu bestrafen, ist Eure höchste Behörde.

Dunkel bleibt mir die Sache, doch wird sichs finden; ich sehe

Mit dem größten Fleiße darnach und werde des Tages

Emsig reisen und nachts und alle Leute befragen.

Hab ich erfahren, wo sie sich finden, und kann sie nicht selber

Wiedergewinnen, wär ich zu schwach, so bitt ich um Hilfe,

Die gewährt Ihr alsdann, und sicher wird es geraten.

Bring ich glücklich die Schätze vor Euch, so find ich am Ende

Meine Mühe belohnt und meine Treue bewähret.

Gerne hört' es der König und fiel in allem und jedem

Reineken bei, der hatte die Lüge so künstlich geflochten.

Alle die andern glaubten es auch; er durfte nun wieder

Reisen und gehen, wohin ihm gefiel, und ohne zu fragen.

Aber Isegrim konnte sich länger nicht halten, und knirschend

Sprach er: Gnädiger Herr! So glaubt Ihr wieder dem Diebe,

Der Euch zwei- und dreifach belog? Wen sollt es nicht wundern!

Seht Ihr nicht, daß der Schalk Euch betrügt und uns alle beschädigt?

Wahrheit redet er nie, und eitel Lügen ersinnt er.

Aber ich laß ihn so leicht nicht davon! Ihr sollt es erfahren,

Daß er ein Schelm ist und falsch. Ich weiß drei große Verbrechen,

Die er begangen; er soll nicht entgehn, und sollten wir kämpfen.

Zwar man fordert Zeugen von uns, was wollte das helfen?

Stünden sie hier und sprächen und zeugten den ganzen Gerichtstag,

Könnte das fruchten? er täte nur immer nach seinem Belieben,

Oft sind keine Zeugen zu stellen, da sollte der Frevler

Nach wie vor die Tücke verüben? Wer traut sich, zu reden?

Jedem hängt er was an, und jeder fürchtet den Schaden.

Ihr und die Euren empfinden es auch und alle zusammen.

Heute will ich ihn halten, er soll nicht wanken noch weichen,

Und er soll zu Rechte mir stehn; nun mag er sich wahren!

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