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Daß ich nach Rom als Pilger verreise, so wird sie verzweifeln.

Süße Worte brauchte der Fuchs, die zwei zu betrügen.

Lampen führt' er hinein, da fand er die traurige Füchsin

Liegen neben den Kindern, von großer Sorge bezwungen:

Denn sie glaubte nicht mehr, daß Reineke sollte von Hofe

Wiederkehren. Nun sah sie ihn aber mit Ränzel und Stabe;

Wunderbar kam es ihr vor, und sagte: Reinhart, mein Lieber,

Saget mir doch, wie ists Euch gegangen? Was habt Ihr erfahren?

Und er sprach: Schon war ich verurteilt, gefangen, gebunden,

Aber der König bezeigte sich gnädig, befreite mich wieder,

Und ich zog als Pilger hinweg; es blieben zu Bürgen

Braun und Isegrim beide zurück. Dann hat mir der König

Lampen zur Sühne gegeben, und was wir nur wollen, geschieht ihm.

Denn es sagte der König zuletzt mit gutem Bescheide:

Lampe war es, der dich verriet. So hat er wahrhaftig

Große Strafe verdient und soll mir alles entgelten.

Aber Lampe vernahm erschrocken die drohenden Worte,

War verwirrt und wollte sich retten und eilte, zu fliehen.

Reineke schnell vertrat ihm das Tor, es faßte der Mörder

Bei dem Halse den Armen, der laut und gräßlich um Hilfe

Schrie: O helfet, Bellyn! Ich bin verloren! Der Pilger

Bringt mich um! Doch schrie er nicht lange: denn Reineke hatt ihm

Bald die Kehle zerrissen. Und so empfing er den Gastfreund.

Kommt nun, sagt' er: und essen wir schnell, denn fett ist der Hase,

Guten Geschmackes. Er ist wahrhaftig zum erstenmal etwas

Nütze, der alberne Geck; ich hatt es ihm lange geschworen.

Aber nun ist es vorbei, nun mag der Verräter verklagen!

Reineke machte sich dran mit Weib und Kindern, sie pflückten

Eilig dem Hasen das Fell und speisten mit gutem Behagen.

Köstlich schmeckt' es der Füchsin, und einmal über das andre:

Dank sei König und Königin! rief sie: wir haben durch ihre

Gnade das herrliche Mahl, Gott mög es ihnen belohnen!

Esset nur, sagte Reineke, zu! es reichet für diesmal;

Alle werden wir satt, und mehreres denk ich zu holen:

Denn es müssen doch alle zuletzt die Zeche bezahlen,

Die sich an Reineken machen und ihm zu schaden gedenken.

Und Frau Ermelyn sprach: Ich möchte fragen, wie seid Ihr

Los und ledig geworden? Ich brauchte, sagt' er dagegen,

Viele Stunden, wollt ich erzählen, wie fein ich den König

Umgewendet und ihn und seine Gemahlin betrogen.

Ja, ich leugn es Euch nicht, es ist die Freundschaft nur dünne

Zwischen dem König und mir und wird nicht lange bestehen.

Wenn er die Wahrheit erfährt, er wird sich grimmig entrüsten.

Kriegt er mich wieder in seine Gewalt, nicht Gold und nicht Silber

Könnte mich retten, er folgt mir gewiß und sucht mich zu fangen.

Keine Gnade darf ich erwarten, das weiß ich am besten;

Ungehangen läßt er mich nicht, wir müssen uns retten.

Laßt uns nach Schwaben entfliehn! dort kennt uns niemand; wir halten

Uns nach Landes Weise daselbst. Hilf Himmel! es findet

Süße Speise sich da und alles Guten die Fülle:

Hühner, Gänse, Hasen, Kaninchen und Zucker und Datteln,

Feigen, Rosinen und Vögel von allen Arten und Größen;

Und man bäckt im Lande das Brot mit Butter und Eiern.

Rein und klar ist das Wasser, die Luft ist heiter und lieblich,

Fische gibt es genug, die heißen Gallinen, und andre

Heißen Pullus und Gallus und Anas, wer nennte sie alle?

Das sind Fische nach meinem Geschmack! Da brauch ich nicht eben

Tief ins Wasser zu tauchen; ich hab sie immer gegessen,

Da ich als Klausner mich hielt. Ja, Weibchen, wollen wir endlich

Friede genießen, so müssen wir hin, Ihr müßt mich begleiten.

Nun versteht mich nur wohl: es ließ mich diesmal der König

Wieder entwischen, weil ich ihm log von seltenen Dingen.

König Emmerichs herrlichen Schatz versprach ich zu liefern;

Den beschrieb ich, er läge bei Krekelborn. Werden sie kommen,

Dort zu suchen, so finden sie leider nicht dieses, noch jenes,

Werden vergeblich im Boden wühlen, und siehet der König

Dergestalt sich betrogen, so wird er schrecklich ergrimmen.

Denn was ich für Lügen ersann, bevor ich entwischte,

Könnt Ihr denken; fürwahr, es ging zunächst an den Kragen!

Niemals war ich in größerer Not, noch schlimmer geängstigt,

Nein! ich wünsche mir solche Gefahr nicht wiederzusehen.

Kurz, es mag mir begegnen, was will, ich lasse mich niemals

Wieder nach Hofe bereden, um in des Königs Gewalt mich

Wieder zu geben; es brauchte wahrhaftig die größte Gewandtheit,

Meinen Daumen mit Not aus seinem Munde zu bringen.

Und Frau Ermelyn sagte betrübt: Was wollte das werden?

Elend sind wir und fremd in jedem anderen Lande;

Hier ist alles nach unserm Begehren. Ihr bleibet der Meister

Eurer Bauern. Und habt Ihr ein Abenteuer zu wagen

Denn so nötig? Fürwahr, um Ungewisses zu suchen,

Das Gewisse zu lassen, ist weder rätlich noch rühmlich.

Leben wir hier doch sicher genug! Wie stark ist die Feste!

Überzög uns der König mit seinem Heere, belegt' er

Auch die Straße mit Macht, wir haben immer so viele

Seitentore, so viel geheime Wege, wir wollen

Glücklich entkommen. Ihr wißt es ja besser, was soll ich es sagen?

Uns mit Macht und Gewalt in seine Hände zu kriegen,

Viel gehörte dazu. Es macht mir keine Besorgnis.

Aber daß Ihr über das Meer zu gehen geschworen,

Das betrübt mich. Ich fasse mich kaum. Was könnte das werden!

Liebe Frau, bekümmert Euch nicht! versetzte dagegen

Reineke, höret mich an und merket: besser geschworen,

Als verloren! So sagte mir einst ein Weiser im Beichtstuhl:

Ein gezwungener Eid bedeute wenig. Das kann mich

Keinen Katzenschwanz hindern! Ich meine den Eid, versteht nur.

Wie Ihr gesagt habt, soll es geschehen. Ich bleibe zu Hause.

Wenig hab ich fürwahr in Rom zu suchen, und hätt ich

Zehen Eide geschworen, so wollt ich Jerusalem nimmer

Sehen; ich bleibe bei Euch und hab es freilich bequemer;

Andrer Orten find ichs nicht besser, als wie ich es habe.

Will mir der König Verdruß bereiten, ich muß es erwarten,

Stark und zu mächtig ist er für mich: doch kann es gelingen,

Daß ich ihn wieder betöre, die bunte Kappe mit Schellen

Über die Ohren ihm schiebe, da soll ers, wenn ichs erlebe,

Schlimmer finden, als er es sucht. Das sei ihm geschworen!

Ungeduldig begann Bellyn am Tore zu schmälen:

Lampe, wollt Ihr nicht fort? So kommt doch! lasset uns gehen!

Reineke hört' es und eilte hinaus und sagte: Mein Lieber,

Lampe bittet Euch sehr, ihm zu vergeben, er freut sich

Drin mit seiner Frau Muhme, das werdet Ihr, sagt er, ihm gönnen.

Gehet sachte voraus. Denn Ermelyn, seine Frau Muhme,

Läßt ihn sobald nicht hinweg; Ihr werdet die Freude nicht stören.

Da versetzte Bellyn: Ich hörte schreien, was war es?

Lampen hört ich; er rief mir: Bellyn, zu Hilfe! zu Hilfe!

Habt Ihr im etwas Übels getan? Da sagte der kluge

Reineke: Höret mich recht! Ich sprach von meiner gelobten

Wallfahrt; da wollte mein Weib darüber völlig verzweifeln,

Es befiel sie ein tödlicher Schrecken, sie lag uns in Ohnmacht.

Lampe sah das und fürchtete sich, und in der Verwirrung

Rief er: Helfet, Bellyn! Bellyn! o säumet nicht lange,

Meine Muhme wird mir gewiß nicht wieder lebendig!

Soviel weiß ich, sagte Bellyn: er hat ängstlich gerufen.

Nicht ein Härchen ist ihm verletzt, verschwor sich der Falsche;

Lieber möchte mir selbst als Lampen was Böses begegnen.

Hörtet Ihr? sagte Reineke drauf: es bat mich der König

Gestern, käm ich nach Hause, da sollt ich in einigen Briefen

Über wichtige Sachen ihm meine Gedanken vermelden.

Lieber Neffe, nehmet sie mit, ich habe sie fertig.

Schöne Dinge sag ich darin und rat ihm das Klügste.

Lampe war über die Maßen vergnügt, ich hörte mit Freuden

Ihn mit seiner Frau Muhme sich alter Geschichten erinnern.

Wie sie schwatzten! sie wurden nicht satt! Sie aßen und tranken,

Freuten sich übereinander; indessen schrieb ich die Briefe.

Lieber Reinhart, sagte Bellyn: Ihr müßt nur die Briefe

Wohl verwahren; es fehlt, sie einzustecken, ein Täschchen.

Wenn ich die Siegel zerbräche, das würde mir übel bekommen.

Reineke sagte: Das weiß ich zu machen. Ich denke, das Ränzel,

Das ich aus Braunens Felle bekam, wird eben sich schicken,

Es ist dicht und stark, darin verwahr ich die Briefe.

Und es wird Euch dagegen der König besonders belohnen;

Er empfängt Euch mit Ehren, Ihr seid ihm dreimal willkommen.

Alles das glaubte der Widder Bellyn. Da eilte der andre

Wieder ins Haus, das Ränzel ergriff er und steckte behende

Lampens Haupt, des ermordeten, drein und dachte daneben,

Wie er dem armen Bellyn die Tasche zu öffnen verwehrte.

Und er sagte, wie er herauskam: Hänget das Ränzel

Nur um den Hals und laßt Euch, mein Neffe, nicht etwa gelüsten,

In die Briefe zu sehen; es wäre schädliche Neugier:

Denn ich habe sie wohl verwahrt, so müßt Ihr sie lassen.

Selbst das Ränzel öffnet mir nicht! Ich habe den Knoten

Künstlich geknüpft, ich pflege das so in wichtigen Dingen

Zwischen dem König und mir; und findet der König die Riemen

So verschlungen, wie er gewohnt ist, so werdet Ihr Gnade

Und Geschenke verdienen als zuverlässiger Bote.

Ja, sobald Ihr den König erblickt und wollt noch in beßres

Ansehn Euch setzen bei ihm, so laßt ihn merken, als hättet

Ihr mit gutem Bedacht zu diesen Briefen geraten,

Ja, dem Schreiber geholfen; es bringt Euch Vorteil und Ehre.

Und Bellyn ergötzte sich sehr und sprang von der Stätte,

Wo er stand, mit Freuden empor und hierhin und dorthin,

Sagte: Reineke! Neffe und Herr, nun seh ich, Ihr liebt mich,

Wollt mich ehren. Es wird vor allen Herren des Hofes

Mir zum Lobe gereichen, daß ich so gute Gedanken,

Schöne, zierliche Worte zusammenbringe. Denn freilich

Weiß ich nicht zu schreiben, wie Ihr; doch sollen sies meinen,

Und ich dank es nur Euch. Zu meinem Besten geschah es,

Daß ich Euch folgte hierher. Nun sagt, was meint Ihr noch weiter?

Geht nicht Lampe mit mir in dieser Stunde von hinnen?

Nein! versteht mich! sagte der Schalk: noch ist es unmöglich.

Geht allmählich voraus, er soll Euch folgen, sobald ich

Einige Sachen von Wichtigkeit ihm vertraut und befohlen.

Gott sei bei Euch! sagte Bellyn: so will ich denn gehen.

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