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Keuchend, das Hemd klatschnaß, kam Davy aufs Achterdeck.»Alles klar, Sir!«Er schwankte, stolperte, fiel gegen die Netze und sagte wütend:»Bei Gott, ich hatte völlig vergessen, was ein richtiger Wind ist!»

Bolitho lächelte.»Lassen Sie die Freiwache unter Deck gehen, aber sagen Sie dem Bootsmann, er soll ständig Kontrollen machen. Wir können uns nicht leisten, kostbares Geschirr zu verlieren, bloß weil es nicht ordentlich verstaut wurde. «Er wandte sich Herrick zu:»Kommen Sie mit in meine Kajüte.»

Dort war es trotz der tosenden See und den unter dem Anprall stöhnenden Planken warm und gemütlich. Der Gischt malte ein Diagonalmuster an die Heckfenster, das Ruder knirschte und quietschte unter den Händen der Rudergasten, die das Schiff auf seinem neuen Kurs hielten. Noddall kam taperig herein, den schmächtigen Körper schräg gegen den überhängenden Fußboden geneigt, und setzte Weingläser auf. Herrick quetschte sich in die Ecke der Sitzbank und blickte Bolitho fragend an.»Und wenn wir vor dem Wind segeln müssen und dabei etwas vom Kurs abkommen — würde das so viel ausmachen, Sir?»

Bolitho dachte an seine schriftlichen Befehle, an Conways kurze, aber klare Instruktionen.»Unter Umständen ja. «Er wartete, bis der Wein eingeschenkt war, und sagte dann:»Auf das, was wir erreichen können, Thomas!»

Herrick lachte kurz auf. »Darauf trinke ich mit!«Bolitho setzte sich an seinen Schreibtisch. Das Schiff stieg und glitt dann steil in ein Wellental. Er war froh, daß Keen und ein paar andere Rekonvaleszenten auf seinen ausdrücklichen Wunsch in Pendang Bay geblieben waren. Wenn das Schiff noch lange so stampfte und rollte, mußten ja die besten Wundnähte reißen.

«Admiral Conway beabsichtigte, die Bedford in See gehen zu lassen, sobald wir auf dem Wege zu den Benua-Inseln sind. Ich denke, er will die spanischen Soldaten so schnell wie möglich loswerden.»

Herrick sah ihn gespannt an.»Ein bißchen riskant, Sir, nicht wahr? Wo sich doch diese verdammte Argus immer noch hier herumtreibt?»

Bolitho schüttelte den Kopf.»Glaube ich nicht. Bestimmt haben die Franzosen oder Muljadi ihre Spione, die Conways Stützpunkt beobachten. Die werden gesehen haben, daß wir in See gegangen sind. Die Argus weiß inzwischen ganz genau, daß wir kommen.»

«So gerissen sind die also?«Herrick sah ganz finster aus bei diesem Gedanken.

«Damit müssen wir rechnen. Ich glaube, Conway hat recht. Es ist besser, wenn die Bedford mit den Kranken und den Depeschen für Madras weg ist, bevor es in Pendang Bay noch schlimmer wird.»

«Wenn ein richtiger Sturm aufkommt«, antwortete Herrick etwas optimistischer,»dann passiert erst mal gar nichts. Die Froschfresser mögen schlechtes Wetter nicht.»

Bolitho mußte über Herricks Gottvertrauen lächeln.»Diesem hier könnte das egal sein. Er ist lange in diesen Gewässern gesegelt. Das ist keiner von diesen Ein-Schuß-und-weg-Spezialisten, die vor Brest oder Lorient mal kurz die Nase in den Kanal stecken und nach Hause flitzen, sobald sie das erste englische Schiff zu Gesicht kriegen. «Er rieb sich das Kinn.»Dieser Le Chaumareys interessiert mich. Ich würde gern wissen, wie er als Mensch ist, nicht nur als Seemann und Kämpfer.»

Herrick nickte.»Er seinerseits scheint eine ganze Menge über Sie zu wissen, Sir.«»Zuviel.»

Eine mächtige Woge glitt unter das Achterdeck, hob das Schiff an, stellte es einen Moment lang steil, und ließ es dann in das nächste Wellental gleiten. Draußen vor der Tür stürzte der

Posten stehende Marineinfanterist der Länge nach hin; sie hörten das Klappern und Klirren der fallenden Muskete und sein Fluchen, während er sich aufrappelte. Langsam sagte Bolitho:

«Wenn wir mit dem Kapitän der Argus zusammentreffen, müssen wir die Augen offenhalten. Wenn er gewillt ist, zu verhandeln, erfahren wir vielleicht etwas. Andernfalls müssen wir bereit sein zu kämpfen.»

Herrick runzelte die Stirn.»Kämpfen wäre mir lieber, Sir. Das ist die einzige Methode, die ich kenne, um mit einem Franzosen klarzukommen.»

Bolitho mußte plötzlich an jenes Zimmer in der Admiralität denken und an die verschlossene Miene des Admirals Winslade, der ihm in aller Kürze die Mission der Undine angedeutet hatte. Vier Monate war das her. Es war Frieden — und doch waren Schiffe untergegangen, Menschen getötet oder für den Rest ihres Lebens zu Krüppeln geworden. Aber selbst die Herrschermacht Ihrer Lordschaften von der Admiralität, alle Gerissenheit und Erfahrung der Diplomaten waren hier nutzlos. Eine einsame, winddurchbrauste Fregatte, ein Minimum an Reserven, und kein Befehl von oben, wenn man ihn am allernötigsten brauchte! Herrick faßte Bolithos Verstummen als Signal auf. Er stellte seinen Becher zwischen den erhöhten Leisten des Tisches ab und stand vorsichtig auf.»Zeit für meine Runde, Sir. «Er lauschte mit schiefem Kopf auf das Gurgeln des Wassers in den Speigatten des Achterdecks.»Ich habe die Mittelwache; vielleicht kann ich vorher noch ein paar Minuten schlafen. «Bolitho zog seine Uhr und merkte, daß Herrick sie mißbilligend ansah.»Ich gehe jetzt in die Koje. Wir werden in Kürze doch alle rausmüssen.»

Und in der Tat kam es ihm vor, als seien es nur Minuten gewesen, seit er den Kopf aufs Kissen gelegt hatte, als schon jemand an der Koje stand und ihm auf die Schulter klopfte. Es war Allday. Sein Schatten stieg und fiel im heftigen Schwanken der Deckenlaterne wie ein schwarzes Gespenst.

«Tut mir leid, Sie aufzuwecken, Captain; aber es wird oben immer schlimmer. «Er schwieg einen Moment, damit Bolitho sich sammeln konnte.»Mr. Herrick befahl mir, Ihnen Bescheid zu sagen.»

Bolitho taumelte aus der Koje. Unvermittelt spürte er, daß die Bewegungen des Schiffes noch unregelmäßiger geworden waren. Er zog Kniehosen und Stiefel an, streckte den Arm aus, um sich in das schwere Ölzeug helfen zu lassen, und fragte:

«Wie spät?«Allday mußte schreien, denn die See donnerte gegen den Schiffsrumpf und klatschte wütend über das Achterdeck.»Kurz vor der Morgenwache, Sir.»

«Sagen Sie Mr. Herrick Bescheid: die Wache soll sofort raus!«Er faßte Alldays Arm, und sie torkelten zusammen durch die Kajüte wie zwei betrunkene Matrosen.

«Alle Mann sofort an Deck! Ich bin in der Kartenkammer.»

Dort fand er bereits Mudge vor, der mit seinem massigen Oberkörper über dem Kartentisch lag und beim unsicheren Schein der wild schwingenden Deckenlampe leise fluchend die Karte studierte.

«Wie steht's?«fragte Bolitho knapp.

Mudge sah zu ihm auf. Rötlich glommen seine Augen in dem schwachen Lichtschein.»Schlecht, Sir. Die Segel gehen in Fetzen, wenn wir nicht 'ne Weile beidrehen. «Bolitho blickte auf die Karte. Seeraum war reichlich vorhanden. Wenigstens ein Trost. Er eilte zum Achterdeck-Niedergang und fiel beinahe hin, als das Schiff in Korkenzieherlinien gleichzeitig rollte und jumpte, doch er kämpfte sich zum Ruder durch. Vier Rudergasten standen am Rad. Sie waren festgelascht, damit sie nicht hinterrücks von einer Welle erwischt und über Bord gewaschen wurden. Sie kämpften mit den Spaken; ihre Augen glühten in der flackernden Kompaßbeleuchtung. Eben brüllte ihm Herrick zu:»Ich habe» Alle Mann «pfeifen lassen, Sir, und außerdem die Pumpen besetzt.»

Die Kompaßrose sprang und zuckte.»Recht so. Wir werden unter gerefftem Großbramsegel beidrehen. Davy soll die besten Männer sofort in den Mast schicken!»

Er fuhr herum. Ein kanonenschußähnlicher Knall übertönte die brüllende See, und er sah, wie das Besanmarssegel mitten auseinanderriß; die Teile zerfledderten noch in einzelne Streifen, die sich bleich gegen die schwarzen, tief dahinjagenden Wolken abhoben. Er hörte das trübselige Janken der Pumpen, die heiseren Rufe der Männer, die sich zu ihren Stationen durchkämpften und sich vor den schäumenden Wassern unter die Decksgänge duckten.

Fowlar rief, trotz des furchtbaren Durcheinanders schadenfroh grinsend:»Das Segel hat der Segelmacher gerade geflickt, Sir! Der wird sich ganz schön ärgern.»

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