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Leise sagte er:»Ja, Capitaine — wir trafen noch einmal aufeinander. Sie haben es gewußt.»

Leutnant Soames kniete nieder, um Le Chaumareys den Degen abzuschnallen.»Lassen Sie«, sagte Bolitho,»er hat ehrenvoll gekämpft, wenn auch für eine schlechte Sache. «Dann wandte er sich ab; auf einmal konnte er es nicht mehr ertragen, alle diese Toten in ihrer ergreifenden Unbeweglichkeit zu sehen.»Und deckt ihn mit seiner Flagge zu. Mit seiner richtigen. Er war kein Pirat.»

Davys Leiche wurde zum Decksgang getragen, sah Bolitho. Traurig sagte er:»Noch ein paar Minuten, und er hätte gesehen, wie die Argus genommen wurde. Das Prisengeld hätte vielleicht sogar für seine Schulden gereicht.»

Als sie über den schmalen Wasserstreifen, der die beiden Schiffe trennte, wieder zur Undine hinübersprangen, drehte sich Bolitho überrascht um: eine Gruppe Matrosen jubelte ihm zu. Er sah Herrick an, aber der zuckte nur die Schultern und sagte mit trübem Lächeln:»Ich weiß, wie Ihnen zumute ist, Sir, aber die Leute freuen sich, daß sie überlebt haben, und danken Ihnen dafür auf ihre Art.»

Bolitho legte ihm die Hand auf den Arm.»Überleben? Vielleicht ist allein das Grund genug für eine Schlacht. «Er zwang sich ebenfalls ein Lächeln ab.»Und fürs Gewinnen.»

Herrick hob Bolithos Hut vom Deck auf.»Ich werde die Leute an die Arbeit schicken, Sir. Die Pumpen hören sich viel zu beschäftigt an für meinen Geschmack.»

Bolitho nickte und schritt langsam zum Heck. Seine Schuhe verfingen sich in Splittern und zerrissenem Tauwerk. An der Heckreling blieb er stehen und musterte sein Schiff, die geborstenen Planken, das blutverschmierte Deck, die Männer, die sich ihren Weg durch die Trümmer suchten; sie glichen wahrlich mehr Überlebenden als Siegern.

Dann lehnte er sich zurück, lockerte seine Halsbinde, knöpfte seinen Rock auf — seinen Galarock, der jetzt ein Dutzend Löcher und Risse hatte — und schüttelte ihn ab. Über seinem Kopf stand der Wimpel jetzt nicht mehr so steif; die plötzliche Bö war so schnell vorübergegangen, wie sie gekommen war, um ihn vor den mächtigen Kanonen der Argus zu schützen. Wenn sie nicht gewesen wäre…

In plötzlichem Erschrecken sah er sich suchend um; aber Mudge stand an seinem gewohnten Platz beim Ruder und schnitt sich eben ein Stück Käse mit einem kleinen Messer zurecht, das er aus einer seiner zahllosen Taschen gefischt hatte. In dem rauchdurchzogenen Sonnenlicht sah er sehr alt aus. Der kleine Penn hockte auf seiner Lafette, ließ sich sein Handgelenk verbinden und betupfte seine Nase mit einem Tuch, die zu bluten angefangen hatte, als neben ihm eine Ladung zu früh explodiert war.

Bolitho betrachtete die beiden fast mit Zuneigung. Mudge und Penn — Alter und Jugend…

Und da war auch Keen; er sprach mit Soames und sah sehr mitgenommen aus. Aber wie ein Mann.

Füße knirschten über die Trümmer, Noddall kam. Vorsichtig preßte er einen Krug an seine Brust.»Ich kann leider noch nicht an die Gläser heran, Sir«, sagte er. Sein Blick haftete an Bolithos Gesicht; wahrscheinlich hatte er die Augen fest zugekniffen, als er sich an den Schrecknissen unten vorbeigetastet hatte. Bolitho hob den Krug an die Lippen.»Aber das ist doch mein bester Wein!»

Noddall betupfte sich die Augen und nickte ängstlich.»Aye, Sir, der Rest davon. Die anderen Flaschen sind bei der Schlacht kaputtgegangen.»

Genußvoll nahm Bolitho einen kräftigen Schluck; er konnte ihn brauchen. Es war ein langer Weg gewesen von jenem Laden in der St. James' Street bis hierher.

Und in wenigen Wochen würden sie wieder gefechtsklar sein. An die fehlenden Gesichter würde man sich zwar noch erinnern, doch schon ohne den Schmerz, der jetzt noch wuchs. Die Schrecken des Kampfes würden dann zu Kriegsruhm geworden sein, der Mut der Verzweiflung zur Pflicht gegenüber König und Vaterland.

Mit einem bitteren Lächeln erinnerte er sich der Worte, die ihm seit so vielen Jahren geläufig waren: im Namen des Königs.

Da hörte er Penns helle Stimme:»Ich habe wirklich etwas Angst gehabt, Mr. Mudge. «Eine unsichere Pause.»Aber nur etwas.»

Der Alte sah über das Deck zu Bolitho hinüber und erwiderte dessen Blick.»Angst, Junge? Ach du lieber Gott, dann kann er nie Kapitän werden, nicht wahr, Sir?»

Bolitho lächelte. Dieses Wissen teilten nur er und Mudge miteinander, und der wußte es besser als die meisten anderen: die grimmige Wahrheit der Schlacht taugte nicht für Kinder.

Dann musterte er wieder sein Schiff und die glänzende Schulter der Gallionsfigur, die neben dem Bug hervorsah.

Die Undine ist die wahre Siegerin, dachte er, plötzlich sehr dankbar dafür, daß sie ihm erhalten geblieben war.

Epilog

Leutnant Thomas Herrick trat in die Kapitänskajüte, den Hut vorschriftsmäßig unter den linken Arm geklemmt.»Sie haben mich rufen lassen, Sir.»

Bolitho stand an einem offenen Fenster und blickte auf das Seegras hinunter, das sich im klaren Wasser hob und senkte, und auf die Fische, die darin spielten.

Es war Nachmittag, und längs der Küste von Pendang Bay wiegten sich die Palmen mit winkenden Wedeln und in einem Dutzend Grünschattierungen in der stetigen Brise. Gutes Segelwetter, dachte er geistesabwesend, aber nicht für die Undine. Noch nicht.

Er wandte sich um und deutete auf einen Stuhl.»Setzen Sie sich, Thomas.»

Neugierig sah Herrick nach den geöffneten Depeschen, die heute an Bord gekommen waren. Eine Brigg hatte Befehle und Nachrichten aus Madras gebracht.

«In Kürze läuft wieder ein Indienfahrer ein, Thomas. Diese Depesche hier ist vom Admiral des Küstengeschwaders. Er schickt neue Leute als Ersatz für unsere Verluste in der Schlacht.»

Wie leicht sich das aussprach: Verluste. Er war sich bewußt, daß Herrick ihn beobachtete und denselben Erinnerungen nachhing.

Von den Schäden, die Le Chaumareys' Kanonen am Schiff angerichtet hatten, war nicht mehr viel zu sehen. Frische Farbe bedeckte die reparierten Holzteile, und der Geruch nach Teer und Hobelspänen durchzog das ganze Schiff. Einen Monat und zwei Tage war es her, daß sie Bord an Bord mit der Argus gekämpft hatten, aber trotz der schweren Arbeit und der Genugtuung, das Schiff wieder im alten Zustand zu sehen, hatte Bolitho die Bilder des Kampfes noch so deutlich vor Augen, als sei es gestern gewesen.

Und wie sie gearbeitet hatten! Vielleicht war das für die ganze Mannschaft ebenso nötig gewesen wie für ihn selbst, und sei es auch nur, um die Erinnerungen noch eine Weile zu verdrängen.

Einzelheiten kamen hoch, wenn man es am wenigsten erwartete: Midshipman Penn, wie er sich vor einem rücklaufenden Geschütz duckte, in Rauch gehüllt, während die Bedienung schon wieder mit Ausputzer und Rammstock vorstürzte. In einer Wolke fliegender Splitter war ein Mann an Deck geschleudert worden und lag jetzt da, blicklos in den Himmel starrend; Penn wollte ihm helfen, sprang aber erschrocken zur Seite, als der Mann ihn am Handgelenk packte. Er mußte im selben Moment gestorben sein. Und Armitage, der nach Davys Tod dessen Enterkommando unter die sausenden Klingen geführt hatte: trotz seiner Ungeschicklichkeit, obwohl er in diesem Moment fast starr und blind vor Entsetzen gewesen war, hatte er alle seine Kraft zusammengerafft, nur um zu erfahren, daß sie nicht ausreichte.

Und nach der Schlacht der Gestank und Lärm, und nicht zuletzt der bis zum Delirium betrunkene Schiffsarzt, den drei seiner Gehilfen mit Gewalt in den Verbandsraum zurückzerren mußten.

Nachdem das wilde Hurrageschrei dem Bewußtsein des schwer erkämpften Sieges gewichen war, hatten sie sich nur um das Nächstliegende gekümmert: Verwundete mußten versorgt, die Toten dem Meer übergeben, die Aufräumungsarbeiten unverzüglich begonnen werden.

Blickte man auf all das zurück, schien es wie ein Wunder, daß sie Pendang Bay überhaupt erreicht hatten. Die unteren Rahen des Groß- und Vormastes hatten üble Sprünge, der Großmast selbst war dermaßen zersplittert und durchlöchert, daß nur sofortige Notreparaturen an Stagen und Wanten ihn einigermaßen abgesichert hatten — die Arbeit wollte kein Ende nehmen. Unter der Wasserlinie waren mehr als ein Dutzend Lecks, und in jeder Wache mußte an den Lenzpumpen gearbeitet werden. Mit der übel zugerichteten Argus im Schlepptau, waren sie quälend langsam dem Land und der Sicherheit zugekrochen. Die eroberte Fregatte war inzwischen mit einem Notrigg nach Indien gesegelt, wo sie auf einer Werft schnellstens repariert, neu ausgerüstet und von der East India Company übernommen werden sollte.

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