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Whitmarsh nickte.»Mrs. Raymond hat das ganze Lazarett von oben bis unten organisiert. «Seine Bewunderung war echt.

Viola lächelte Allday grüßend zu und hakte sich bei Bolitho ein.»Ich komme bis zum Strand mit, wenn ich darf. Es ist so erfrischend, Sie wieder hier zu haben.»

Bolitho merkte, daß Whitmarsh und Allday sie beobachteten.»Sie sehen — äh — wohl aus«, sagte er.»Sehr wohl sogar.»

Sie drückte seinen Arm ein ganz klein wenig.»Sagen Sie Viola zu mir!»

«Viola«, sagte er lächelnd.

«So ist's schon besser. «Aber als sie weitersprach, klang ihre Stimme ganz anders.»Ich sah Ihr Schiff vor Anker gehen und war richtig verrückt vor Angst. Ich bat James, mich mit dem Boot hinüberzufahren, aber er weigerte sich. Natürlich! Da nahm ich ein Fernrohr und konnte Sie sehen — als ob ich neben Ihnen stünde. Und heute war ich ein Weilchen mit Valentin zusammen.»

«Valentin?«Er sah sie von der Seite an.»Wer ist das?»

Sie lachte.»Natürlich — so eine Kleinigkeit wie einen Vornamen werden Sie sich nie merken. Ich meine Ihren Mr. Keen. «Dann wurde sie ernst.»Der arme Junge sieht noch so elend aus, aber er spricht immer nur von Ihnen. «Wieder ein fester Druck auf seinen Arm.»Ich bin beinahe eifersüchtig.»

Bolitho blickte über ihren Kopf hinweg auf die Gig. Sie lag auf dem Sand; kleine, schaumköpfige Wellen umspielten sie. Die Bootsbesatzung war in lärmender Unterhaltung mit einigen Matrosen der Brigg begriffen; offensichtlich schilderten sie ihren Sieg — denn so sahen sie die Sache an — über die Argus und die beiden Schoner. Trotz aller Bitterkeit und Enttäuschung über das Gefecht mußte er lächeln. Vielleicht hatten sie sogar recht. Daß man unter solchen Umständen überhaupt am Leben geblieben war, konnte man durchaus als einen Sieg ansehen.

Viola blickte ihn an, als suche sie etwas.»Sie lächeln, Captain? Über meine Dreistigkeit vielleicht?»

Er griff nach ihrer Hand.»Nein, das nicht. Niemals.»

Sie warf den Kopf in den Nacken.»So ist es schon besser, Captain.»

Er hörte Alldays Schritte im Sand, und bei der Gig wurde es auf einmal still.»Ich heiße Richard«, sagte er ernst.

Allday hörte Mrs. Raymond lachen und war plötzlich besorgt. Hier entstand eine Gefahr, die er recht gut sehen konnte; jedenfalls besser als sein Kommandant. Er zog den Hut, als Bolitho auf dem Weg zur Gig an ihm vorbeikam, und hörte ihn sagen:»Ich komme nachher wieder an Land, Ma'am.»

Sie beschattete die Augen mit der Hutkrempe.»Bis dann also, Captain.»

Aber Allday hatte ihr Gesicht gesehen, ehe der Schatten es verbarg. Er wußte, was es bedeutete, wenn eine Frau so aussah. Er warf einen raschen Blick auf den Turm des Forts und holte tief Atem, als prüfe er die Luft. Widrige Winde im Anzug, dachte er, und nicht mehr allzuweit weg.

Bolitho blickte ihn an.»Alles klar?»

«Scheint so, Captain«, antwortete Allday mit unbewegter Miene.

Drei Tage nach ihrer Rückkehr nach Teluk Pendang lichtete Seiner Majestät Fregatte Undine wieder Anker und ging in See. Am späten Nachmittag war sie bereits weit draußen in der glitzernden Einsamkeit der Javasee, und nicht einmal ein Kormoran leistete ihr Gesellschaft.

Als die Undine in See ging, hätte ein flüchtiger Betrachter kaum noch etwas von den Schäden gesehen, welche die Kanonen der Argus angerichtet hatten. Aber Bolitho sah sie recht gut, als er an Deck kam. Die von Splittern und Schrapnellen zerrissenen Wanten und Stagen waren ersetzt und frisch geteert worden, so daß sie in der hellen Sonne glänzten. Die eilig eingezogenen, neuen Decksplanken hoben sich dunkler von der wettergebleichten und bimssteingescheuerten Beplankung ab, die so alt war wie das Schiff selbst. Der Segelmacher und seine Leute hatten am meisten zu tun gehabt, und sogar jetzt noch sah Bolitho, als er an Luv entlangschlenderte, Jonas Tait dort hocken, und sein eines Auge kontrollierte wachsam die nadelbewehrten Fäuste, die immer noch fleißig Nähte setzten.

Fowlar, der wachhabende Steuermannsmaat, tippte grüßend an die Stirn und meldete:»Südwest zu Süd liegt an, Sir. «Er deutete voraus.»Ziemliche Dünung, Sir. Mr. Soames ist im Vorschiff und kontrolliert die Halterungen der Geschütze.»

Bolitho warf einen Blick auf den Kompaß und betrachtete dann nacheinander die Segel an jedem Mast. Er hatte das unangenehme Stampfen des Schiffes schon bemerkt, aber es war noch zu früh, um beurteilen zu können, was es damit auf sich hatte. Das Barometer stand auf unbeständig, doch das war man in diesen Breiten gewohnt. Mudge hatte sich sehr vorsichtig ausgedrückt, als Bolitho ihn nach seiner Meinung gefragt hatte.»Könnte Sturm geben, Sir — in diesen Gewässern weiß man das nie.»

Bolitho nickte Fowlar zu und ging zur Achterdecksreling. Die Sonne stach auf Kopf und Schultern. Ganz ordentlicher Wind, dachte er; aber die Luft ist drückend, sehr drückend sogar.

Herrick und Soames standen an den Zwölfpfündern im Gespräch. Der Bootsmann war auch dabei und wies auf die Stellen, wo noch etwas repariert werden mußte. Aus dem Niedergang beim Großmast erklang die muntere Melodie eines Jig, den der Schiffsfiedler spielte: normale, alltägliche Geräusche und Bilder. Beruhigt begann er, an der Luvseite auf und ab zu schlendern.

Aus dem Augenwinkel beobachtete er Soames, der vom Geschützdeck kam. Es sah so aus, als wolle er zu Bolitho herüberkommen; aber er blieb dann doch auf der Leeseite. Bolitho war erleichtert. Soames hatte sich im Gefecht bewährt, aber als Gesprächspartner war er schwerfällig und engstirnig.

Und Bolitho wollte allein bleiben, nachdenken, was er richtig und was er falsch gemacht hatte. Jetzt, da er wieder einmal das Land weit hinter sich hatte und auf sich selbst angewiesen war, konnte er alles viel klarer sehen. Jetzt, da er nur seinen eigenen, über die schwarzen Sechspfünder schwankend hinweggleitenden Schatten zur Gesellschaft hatte, fand er, daß er öfter richtig als falsch gehandelt hatte. War es unvermeidlich gewesen? Oder hätten sie es beide, er und sie, in Sekundenschnelle beenden können, durch ein bloßes Wort, eine Andeutung? Ihm fiel wieder ein, wie sie ihn über den Tisch hinweg angesehen hatte, während die anderen sich mit allerlei Unterhaltung und Geplauder die Zeit vertrieben. Capitan Vega hatte ihnen ein Lied vorgesungen, so traurig, daß ihm dabei die Tränen in die Augen traten. Puigserver hatte von den Abenteuern erzählt, die er vor dem Kriege in Westindien und Südamerika erlebt hatte. Raymond hatte sich nach einem ergebnislosen Streitgespräch mit Major Jardine über die Möglichkeit eines dauernden Friedens mit Frankreich langsam aber sicher betrunken. Conway war schrecklich nüchtern geblieben, oder, wenn das nicht der Fall war, mußte er ein besserer Schauspieler sein, als Bolitho sich vorstellen konnte. Wann also war der eigentlich entscheidende Moment gewesen?

Sie waren zusammen auf der oberen Brustwehr gestanden und hatten, über das rauhe Balkenwerk gebeugt, auf die Bucht und die ankernden Schiffe geschaut. Ein schönes Bild. Winzige Lichter glitzerten auf dem unruhigen Wasser. Bleich schäumte es an den Riemen eines Wachtbootes, das seine gleichförmigen Kreise um die mächtigen Schiffsrümpfe zog.

Ohne ihn anzusehen, hatte sie gesagt:»Ich möchte, daß Sie heute nacht an Land bleiben. Ja?»

War das die Entscheidung? Mit plötzlichem, gefährlichem Entschluß hatte er alle Bedenken beiseite geschoben.»Ich lasse meinem Ersten Leutnant Bescheid sagen.»

Er wandte sich um und blickte über das Deck. Da stand Herrick immer noch im Gespräch mit Shellabeer. Ob er damals wohl erraten hatte, was vorging?

Bolitho wußte noch ganz genau, wie sein Zimmer im Fort ausgesehen hatte. Es war eher eine Zelle, karger als eine Leutnantskajüte auf einem Kriegsschiff. Er hatte auf dem Bett gelegen, die Hände hinterm Kopf gefaltet und auf die seltsamen Geräusche draußen, auf die Schläge seines eigenen Herzens gelauscht.

Tierschreie aus dem Dschungel, gelegentlich der Anruf einer Patrouille an den kontrollierenden Sergeanten. Der Wind, der um den viereckigen Turm strich, ohne das antwortende Summen der Takelung und das Klappern der Taljen, das Bolitho gewohnt war.

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