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Soames an der Achterdeckreling wandte sich um, als Bolitho ihn fragte:»Dieses fremde Schiff — was halten Sie davon?»

Soames schien sehr unter der Hitze zu leiden, das Haar klebte ihm in der Stirn, als käme er vom Schwimmen.

«Wird wohl irgendein Handelsschiff sein, Sir. «Es klang, als sei es ihm ziemlich gleichgültig.»Vielleicht wollen sie den Spanier nach der Position fragen. «Er verzog grimmig das Gesicht.»Was der schon davon weiß!»

Bolitho nahm ein Fernglas aus der Halterung und enterte ein Stück in die Großmastwanten auf. Nach einigem Suchen fand er die Nervion weit voraus an Steuerbord, ein Bild der Schönheit mit ihren mächtigen Segeln über dem metallisch glänzenden Rumpf. Er schwenkte das Glas etwas weiter nach Steuerbord auf das andere Schiff. Es war in der flirrenden Hitze kaum auszumachen, aber die bräunlichen Segel konnte er doch gut erkennen: Rahsegel am Vormast, Schratsegel am Großmast. Unbestimmter Ärger stieg in ihm auf.

«Eine Brigantine, Mr. Soames.«»Aye, Sir.»

Bolitho sah ihn düster an und kletterte dann wieder an Deck.»In Zukunft wünsche ich eine vollständige Meldung über alles, was in Sicht kommt, wie unwichtig es Ihnen im Moment auch erscheinen mag.»

Soames biß die Zähne aufeinander.»Jawohl, Sir!»

Herrick rief dazwischen:»Es war meine Schuld, Sir. Ich hätte Mr. Keen sagen sollen, daß er Ihnen eine genaue Schiffsansprache zu geben hat.»

Bolitho ging nach achtern.»Mr. Soames hat doch die Wache?»

Herrick kam hinter ihm her.»Gewiß, Sir, allerdings.»

Die beiden Rudergänger nahmen Haltung an, als Bolitho zum Kompaß trat. Die Windrose lag ganz stetig: Südwest und Seeraum genug. Irgendwo an Backbord lag die afrikanische Küste, mehr als dreißig Meilen entfernt. Nichts weiter auf dem Ozean als diese drei Schiffe. Zufall oder Absicht? Vielleicht war eine Kontaktaufnahme notwendig? Soames' Gleichgültigkeit irritierte Bolitho wie Wespengebrumm, und er sagte ärgerlich:»Sorgen Sie in Zukunft dafür, daß die Wachhabenden wissen, wozu sie da sind, Mr. Herrick!«Er deutete auf Keen, der an den Netzen lehnte.»Schicken Sie den mit einem guten Glas nach oben. Er hat junge Augen, vielleicht sieht er mehr.»

Mudge kam steifbeinig herbei und knurrte:»Wir müssen ziemlich genau auf der Höhe von Kap Blanco sein. «Er rieb sich das Kinn.»Der westlichste Punkt dieses wilden Erdteils. Und wir sind reichlich dicht dran, wenn Sie mich fragen. «Ein pfeifendes Winseln entrang sich seiner Brust, die sich heftig hob und senkte: seine Art zu lachen.

Vom Mast her kam Keens Stimme:»An Deck! Die Brigantine hält immer noch Kurs auf die Nervion.»

Herrick legte die Hände um den Mund und rief hinauf:»Hat sie ihre Farben gesetzt?»

«Keine, Sir.»

Herrick enterte ein Stück mit seinem eigenen Glas auf. Nach einer Weile rief er hinunter:»Die Dons scheinen sich nicht viel daraus zu machen, Sir!»

Mudge knurrte:»Was sollen sie sich auch über diesen kleinen Pott aufregen?»

Bolitho sagte:»Gehen Sie einen Strich mehr an den Wind, Mr. Mudge. Besser, wenn wir der Nervion wieder etwas näher kommen.»

In seinem Rücken hörte er eine Stimme:»Machen Sie sich etwa Sorgen, Captain?«Er fuhr herum. Mrs. Raymond stand am Fuße des Großmastes, das Gesicht von dem riesigen Strohhut beschattet, den sie sich in Teneriffa gekauft hatte.

Er schüttelte den Kopf.»Nein, Ma'am, ich bin nur neugierig. «jn Hemd und Hose, die noch dazu zerknittert waren, fühlte er sich auf einmal unbehaglich und unsicher.»Tut mir leid, daß ich Ihnen nichts Unterhaltenderes bieten kann.»

Sie lächelte.»Das kann sich ja immer noch zum Besseren ändern.»

«An Deck!«Beim Klang von Keens heller Stimme sahen sie alle nach oben.»Die Brigantine geht über Stag, Sir.»

«Stimmt«, bestätigte Herrick.»Sie segelt dem Spanier direkt vor den Bug!«Mit breitem Grinsen wandte er sich ihnen zu.»Da werden die wohl ein bißchen lebendig werden!»

Aber sein Grinsen war auf einmal wie weggewischt, denn ein dumpfes Krachen hallte übers Wasser, und Keen brüllte:»Sie hat auf die Nervion gefeuert, Sir!»

Ein zweites Krachen. Keen kreischte fast vor Aufregung:»Ein Schuß durch die Fock!»

Bolitho kletterte zu Herrick in die Wanten.»Lassen Sie mich sehen!»

Er ergriff das große Teleskop und richtete es auf die beiden Schiffe. Die Brigantine stand jetzt, optisch verkürzt, mit dem Heck zur Undine und segelte langsam am mächtigeren Umriß der Nervion vorbei. Sogar auf diese Entfernung sah er die Verwirrung an Bord des Spaniers, das Glitzern der Sonne auf den Waffen, als die Besatzung auf Stationen eilte.

Heiser sagte Herrick:»Der Kapitän der Brigantine muß verrückt sein; nur ein Irrer kann sich mit einer Fregatte einlassen!»

Bolitho antwortete nicht. Er strengte sein Auge an. um das Drama zu beobachten, das die Linse des Teleskops ihm zeigte. Die Brigantine hatte zwei Schuß abgefeuert und damit einen, wenn nicht sogar zwei Treffer erzielt. Jetzt entfernte sie sich in rascher Fahrt; und da die Nervion mehr Segel zu setzen begann, wollte Triarte vermutlich die Verfolgung aufnehmen.

«Innerhalb einer Stunde wird er sie eingeholt haben. Sie gehen beide über Stag.»

«Vielleicht hat dieser Narr gedacht, die Nervion sei ein fetter Kauffahrer?«Davy war an Deck gekommen.»Aber nein, das ist unmöglich.»

Herrick sprang nach Bolitho aus den Wanten und sah ihn zweifelnd an.»Sollen wir uns an der Jagd beteiligen, Sir?»

Aber Mudge stieß ihn fast beiseite und blaffte:»Von wegen Jagd!«Überrascht blickten sie ihn an.»Wir müssen den Spanier warnen, Sir!«Er deutete mit seiner riesigen Hand nach Lee.»Vor Kap Blanco, Sir, liegt ein mächtiges Riff, es zieht sich beinahe hundert Meilen in die See hinein. Die Nervion ist zwar jetzt schon in Gefahr, aber wenn der Steuermann nur noch einen Strich mehr an den Wind geht, dann ist sie über dem verdammten Riff, ehe sie sich's versieht!»

Bolitho starrte ihn entsetzt an.»Mr. Herrick, lassen Sie die Royals setzen! Schnell jetzt!«Rasch trat er zum Ruder.»Wir brauchen mehr Fahrt.»

Soames rief:»Sieht so aus, als ob der Don einen Strich mehr an den Wind geht, Sir!»

Mudge starrte mit zusammengekniffenen Augen auf den Kompaß.»Jesus, er steuert tatsächlich Südsüdost!«Beschwörend sah er Bolitho an.»Wir erreichen ihn nicht mehr rechtzeitig!»

Bolitho rannte zwischen Reling und Ruder auf und ab. Mattigkeit, glühende Hitze — alles war vergessen außer jener fernen Pyramide aus weißen Segeln, vor der die kleine Brigantine wie ein lockendes Irrlicht einherhüpfte. Ein Verrückter? Ein Pirat, der sich im Gegner geirrt hatte? Das war jetzt einerlei.

«Buggeschütz klar!«befahl Bolitho.»Mr. Herrick, wir werden versuchen, die Nervion abzulenken.»

Herrick beobachtete soeben, die Augen mit dem Sprachrohr beschattend, wie die Toppgasten die Royals setzten.

«Aye, aye, Sir!«Dann rief er:»Mr. Tapril zu mir!«Aber der Stückmeister war bereits im Vorschiff und wies die Bedienung des langen Neunpfünders ein.

Bolitho sagte scharf:»Die Nervion ist noch höher an den Wind gegangen, Mr. Mudge!«Vergeblich bemühte er sich um einen ruhigen Ton. Wie konnte so etwas geschehen? Das Meer war so weit, so leer. Und doch, von dem Riff hatte er schon früher von Seeleuten gehört, die diese Gewässer kannten. Manches gute Schiff war an seinem harten Rücken leckgeschlagen und gesunken.

«Steuerbordgeschütz klar, Sir!»

«Feuer!«Es krachte, brauner Rauch trieb nach Lee und zerflatterte, lange bevor die Gischt des Einschlags weit achteraus von der anderen Fregatte sichtbar wurde.

«Nochmals feuern!«Er sah Mudge an.»Einen Strich höher!»

Mudge protestierte.»Das kann ich nicht verantworten, Sir.»

«Nein. Ich verantworte es.»

Bolitho schritt wieder zur Reling; sein offenes Hemd flatterte im Wind, aber er verspürte keine Kühlung. Er blickte hoch und sah, daß die Segel prall gefüllt waren — wie die des Spaniers. Bei diesem Segeldruck mußte das Riff der Nervion den Kiel herausreißen, wenn Triarte nicht etwas unternahm, und zwar sofort.

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