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All dieses geschah in wenigen Minuten. Dann trat wieder Ruhe ein. Die Segel waren aufgetucht, der Schiffsrumpf zerrte sanft an beiden Ankern, und vorsichtig umkreisten die Kutter die Sparrow, wie Raubvögel einen gefesselten Wal.

Foley stand an den Wanten.»Setzen Sie meine Scouts jetzt an Land, Kapitän. Sie haben Ihren Teil getan.»

Dann ging er hinüber zum Schanzkleid an der Backbordseite, wo der Kutter Heywards angehakt hatte und die Scouts sich bereits außenbords angeklammert hatten wie hilflose Bündel.

Bolitho fragte leise:»Wie sieht die Bucht aus, Mr. Tyrell? Können Sie mir die Lage erklären?»

Der Leutnant fuhr mit den Fingern durch sein dichtes Haar.»Sie ist gut verborgen, wenn ein fremdes Schiff nicht allzu nahe herankommt. Das Land ist dicht bewaldet, und wenn ich mich recht erinnere, münden dort zwe i Flüsse.»

Er spähte hinüber.

«Der Kutter muß schon fast dort sein. Wenn wir jetzt schießen hören, dann wissen wir, daß wir in Schwierigkeilen geraten sind. «Er zwang sich zu einem Grinsen.»Immerhin, wir brauchen keinen verdammten Wind, um hier auszulaufen. Wir können die Riemen auslegen und die Korvette in Sicherheit pullen.»

Bolitho nickte. Mit jedem anderen Schiff wäre dieses Unternehmen reiner Wahnsinn gewesen. So dicht unter Land und bei so geringen Chancen, in das freie Fahrwasser der Delaware Bay hinauszukreuzen, würde es wahrscheinlich zum Teufel gehen.

Nach einer Weile fuhr er fort:»Veranlassen Sie, daß Tilby die Riemen einfetten läßt, während wir hier warten. Falls wir verschwinden müssen, dann ist es besser, möglichst wenig Lärm zu machen.»

Tyrell ging mit langen Schritten und vorgebeugtem Oberkörper davon, um den Bootsmann zu suchen.

Foley kam zurück.»Ich denke, ich werde ein bißchen schlafen«, meinte er.»Wir können nun nichts anderes tun als warten.»

Bolitho sah ihn weggehen. Herr Oberst, dachte er, Sie werden nicht schlafen. Jetzt tragen Sie die Verantwortung.

«Der Kutter kommt zurück, Sir, alles in Ordnung«, zischelte Bethune aufgeregt.

Bolitho lächelte.»Geben Sie den Befehl weiter, daß die Leute während der Nacht unter Deck bleiben sollen. Die Freiwache kann schlafen. Gehen Sie dann den Koch suchen. Er soll sich anstrengen, irgendwas Eßbares zu richten, ohne das Kombüsenfeuer anzuzünden.»

Der Fähnrich rannte davon, und Graves meinte säuerlich:»Der frißt alles, auch wenn er in der Dunkelheit die Maden nicht sehen kann.»

Bolitho setzte sich neben die Niedergangsluke und knöpfte sein Hemd auf.

Er war ein wenig eingenickt, als er einen schweren Körper neben sich an Deck springen hörte. Stockdale war zurückgekehrt und wartete in seiner Nähe. Nur für den Fall, wie er zu sagen pflegte.

Im nächsten Augenblick fiel Bolitho in tiefen, traumlosen Schlaf.

«Wo, zum Teufel, sind sie nur?»

Tyrell hob ein Fernglas über das Schanzkleid und führte es langsam in einem Halbkreis die Küstenlinie entlang.

Es war später Vormittag, und die Sparrow, die vor zwei Ankern still lag, lud sich mit Hitze auf wie ein Brennofen. Während der Nacht waren alle Wolken abgezogen, und der Wind war eingeschlafen. Unter klarem Himmel, im flimmernden Sonnenlicht brach den Männern bei der geringsten Bewegung der Schweiß aus.

Bolitho zerrte sich das Hemd von der Hüfte. Seitdem er bei Tagesanbruch aufgewacht war, hatte er das Deck nicht verlassen. Wie Tyrell war auch er in Sorge, weil das Unternehmen noch keine Ergebnisse zeigte. Wie anders war alles im hellen Tageslicht! In der ersten Morgendämmerung hatte er beobachtet, wie sich das Land aus den Schatten löste, die rundrückigen Hügel und die dichtbelaubten Wälder. Der sichelförmige Küstenstreifen war von dichten Bäumen und Büschen beschattet, die fast bis ans Wasser reichten. Alles ruhte harmlos und still, vielleicht zu still.

Er ging zur anderen Seite des Achterdecks hinüber und wich sofort von der Reling zurück, als die Sonne wie Feuer auf seine Schultern brannte. Kein Windhauch kräuselte die blitzende Wasserfläche. Nur die kreisenden Bewegungen der Strömung zeigten, daß er nicht über einen riesigen See hin blickte. Die Bucht maß zwanzig Meilen in der Breite und ebenso viele vom Landvorsprung als Ausgang zum Meer bis zu der Stelle im Norden, wo der Delawarefluß in das weite Becken einmündete. Jenseits einer schmalen Landzunge, welche die kleine Ankerbucht abschirmte und die Sparrow vor jedem vorbeifahrenden Schiff verbarg, wand sich der Fluß in seinem ständig wechselnden Strombett an die siebzig Meilen bis zu den Außenbezirken Philadelphias hinauf.

Bolitho blickte auf das Geschützdeck hinunter. Die wachfreien Seeleute hatten in den Speigatten vor der erbarmungslosen Sonne Schutz gesucht, nur da und dort sah man ihre ausgestreckten Beine herausragen. Die Rahen und Wanten waren gleich nach Tagesanbruch mit Ästen und Blättern getarnt worden. Sie verwischten die Umrisse des Schiffes und konnten mögliche Beobachter täuschen.

Zwischen der Sparrow und der Krümmung des Ufers pullte ein Kutter quälend langsam auf und ab. Fähnrich Bethune hockte auf der Achterbank und beobachtete die Küste. Dummerweise hatte er sich bis zum Gürtel ausgezogen. Er würde es dann später trotz seiner gebräunten Haut zu büßen haben.

Als Bolitho in den Schatten der Hängemattennetze zurückkehrte, folgte ihm Tyrell.

«Ich würde gern an Land gehen, Sir.»

Er wartete, bis Bolitho ihn ansah.»Ich könnte eine Handvoll Leute mitnehmen. Würde gern nachsehen und herausfinden, was los ist. «Er öffnete sein verschwitztes Hemd und holte tief Luft.»Besser, als wie blödes Schlachtvieh auf den Schlächter zu warten.»

«Ich weiß nicht recht. «Bolitho beschattete seine Augen, als ein paar Uferbäume in plötzlicher Bewegung aufschimmerten. Ein großer Vogel strich über die Bucht hinaus. Wieder herrschte Stille.

Tyrell blieb hartnäckig.»Schauen Sie, Sir, ich nehme an, daß die Befehle geheim sind, aber das ganze Schiff weiß, warum wir hier warten. Diese Scouts plauderten frei heraus, sobald sie einen Schluck Rum im Bauch hatten.»

Ein gezwungenes Lächeln erschien auf Bolithos Zügen.»Das hab' ich mir denken können.»

«Ja, es heißt, daß wir einen Haufen Soldaten, der unterwegs verloren wurde, aufnehmen und retten sollen. «Er zog eine Grimasse.»Kann mir das schon vorstellen. Das hier ist kein Kasernenhof.»

Bolitho betrachtete Tyrells strenges Profil und erwog seinen Vorschlag. Von den Goldbarren hatte er nichts erwähnt. Sie waren also ein Geheimnis, das Foley nicht einmal seinen eigenen Leuten mitgeteilt hatte. Das war gut so. Einige Männer könnten versucht sein, eher hinter diesem Gold herzujagen, als sich um die Bergung der Vermißten zu kümmern.

«Nun gut. Suchen Sie sich ein paar Leute zusammen und nehmen Sie die Gig. Sie werden auch Waffen und Proviant brauchen, sonst.»

Tyrell lächelte.»Sonst wäre es zu schlimm für uns, wenn die Sparrow ohne uns davonsegelte, eh?»

«Es ist ein Risiko. Wollen Sie sich's nicht lieber noch mal überlegen?»

Der Leutnant schüttelte den Kopf.»Ich werde sofort losziehen.»

«Ich muß das im Logbuch berichten«, sagte Bolitho.

«Nicht notwendig, Sir. Wenn ich zu Schaden komme, bleibt die Sache am besten unerwähnt. «Er lächelte traurig.»Ich möchte nicht, daß Sie sich meinetwegen vor dem Seegericht verantworten müssen.»

«Trotzdem werde ich den Bericht machen. «Bolitho zwang sich zu einem Lächeln.»Also fahren Sie schon.»

Die Gig war kaum eine Kabellänge entfernt, als Foley mit verzerrtem Gesicht an Deck stürzte.

«Wo fährt er hin?«Er packte die Wanten und starrte hinter dem kleinen Boot her, dessen Umrisse im wehenden Dunst verschwammen.»Haben Sie ihm die Erlaubnis erteilt?»

«Gewiß.»

«Dann sind Sie ein größerer Narr, als ich dachte!«In seiner Sorge verlor Foley die Selbstbeherrschung.»Wie konnten Sie es nur wagen, das auf sich zu nehmen?»

«Oberst Foley, ich zweifle nicht, daß Sie ein ausgezeichneter Feldoffizier sind. Sie sind erfahren genug, um zu wissen, daß die vermißten Soldaten entweder tot oder gefangen sein müssen, wenn Ihre Scouts keinen Kontakt mit ihnen aufnehmen können. «Er behielt seinen ruhigen Ton bei.»Sie müssen ebenso zur Kenntnis nehmen, daß ich nicht die Absicht habe, Schiff und Besatzung aufs Spiel zu setzen, um einem Plan zu folgen, der bereits gescheitert ist.»

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