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«Ich werde versuchen, es nicht gegen Sie zu verwenden, Mr. Bethune. «Er schaute weg, als der Bursche aus seiner Kajüte rannte.

Dann stand er auf, nahm seinen Hut aus Stockdales Hand und schritt mit kurzem Nicken hinaus in die blendende Sonne.

Die Decks schienen überfüllter denn je. Vom heiseren Gebrüll ihrer Unteroffiziere gehetzt liefen die Seeleute hin und her. Als Bolitho das Achterdeck erreichte, sah er zwei plumpe Transportschiffe schwerfällig auf die Landzunge zutreiben. Ihre braungegerbten Segel flappten und wogten in der Brise.

Tyrell tippte an seinen Hut.»Anker ist kurzstag, Sir.»

«Danke.»

Bolitho schritt zur Backbordseite und schaute zur Fawn hinüber. Er konnte ein Gewimmel von Männern an ihrem Ankerspill und die Kette, die sich nun fast senkrecht vom Bugsprit ins Wasser straffte, erkennen.

Als er das Deck überquerte, gab er sich große Mühe, die Seeleute nicht zu beachten, die auf ihren Stationen bereitstanden. Hinter der Landzunge zeichnete sich vor dem hartblauen Horizont ein bewegter Streifen kleiner Schaumkronen ab. Draußen vor dem geschützten Ankerplatz würde gutes Segelwetter herrschen. Bolitho blickte auf die trägen Strömungswirbel, die um das nächste Frachtschiff kreiselten, und biß sich auf die Lippen. Zuerst mußte er von all den Schiffen freikommen.

«Das Signal auf der Fawn ist ganz deutlich zu erkennen, Sir.»

Bethune klammerte sich an die Wanten und hatte ein Teleskop an das Auge gepreßt, obwohl Colquhouns Signal auch ohne Fernrohr klar auszumachen war.

«Klar beim Ankerspill!»

Tyrell rannte zur Reling und hielt seine großen Hände trichterförmig an den Mund.»Stagsegel losmachen!»

Neben den beiden Rudergängern stand Buckle. Er ließ Bolitho nicht aus den Augen.

«Es brist mächtig auf, Sir!»

«Ja.»

Von der Reling starrte Bolitho auf seine Besatzung herunter. Er erblickte Graves, der die Leute am Ankerspill überwachte, und Fähnrich Heyward mit seiner Abteilung am Fuß des Großmastes.

«Signal, Sir! Anker auf!»

«Toppsgasten aufentern! Marssegel losmachen!»

Er trat zurück und beobachtete die Seeleute, die in den Wanten hinaufbrandeten und über die schwankenden Rahen liefen. Ihre Körper hoben sich schwarz vom Himmel ab. Tyrell sagte sehr wenig, und Bolitho sah, daß die Toppsgasten auch ohne Befehle von Deck aus ihre Arbeiten beherrschten. Während die losen Segel an den Rahen donnerten und ein anhaltendes Beben durch das Schiff lief, bemerkte er, wie auf der Fawn die Masten schon vor dem Heck herumschwenkten und die Vormarssegel sich mit Wind füllten.

«Signal, Sir. Beeilen Sie sich!»

Bethune setzte sein Fernglas ab und versuchte Bolithos Blick zu meiden.»Klar bei Brassen!»

Er versuchte, sich um Colquhouns letztes Signal nicht zu kümmern. Vielleicht wollte er ihn nur zu irgendeiner Torheit anstacheln, vielleicht war das so seine Art. Aber nichts durfte und sollte ihm diesen Augenblick verderben.

Vom Vorschiff schrie jemand:»Anker frei, Sir!»

Die Sparrow schwoite schräg leewärts, und vor dem Klüverbaum glitt die Landzunge vorbei. Immer mehr Tuch schlug donnernd an den Rahen und spannte sich im Wind, während das Schiff Fahrt aufnahm. Blöcke klapperten und ächzten, und die Seeleute bewegten sich wie Affen hoch über Deck.

Bolitho wandte sich Buckle zu.

«Gehen Sie auf Backbordbug. Lassen Sie dann das Großsegel setzen, damit wir uns von der Landzunge gut freisegeln können. «Er begegnete dem Blick des Steuermanns.»Setzen Sie auch Fock- und Besansegel. Wir wollen versuchen, den Vorsprung der Fawn zu verringern.»

Augenblicke später standen alle Unter- und Marssegel voll in der Morgenbrise. Rasch glitt die Sparrow an einem vor Anker liegenden Zweidecker vorüber, der die Vizeadmiralsflagge am Vorschiff führte. Bolitho blickte zu Tyrell hinüber und sah ihn eine rasche Grimasse schneiden. Er würde vielleicht noch Grund haben, seinen Antrag auf Versetzung bedauern!

Sie preschten zwischen zwei ankernden Westindienfahrern hindurch und weiter die Fahrrinne entlang, auf die lockende See hinter dem Kap zu. Kleine Boote dümpelten achteraus im schäumenden Kielwasser, und als Bolitho vom Kompaß aufblickte, sah er, daß sie gegenüber der Fawn schon eine halbe Kabellänge aufgeholt hatten.

Buckle schaute den Schiffsarzt an, der sich mit einer Hand an den Besanwanten anklammerte und mit der anderen seine gräßliche Perücke festhielt.

Er zwinkerte mit den Augen.»Wir haben einen rechten Käptn an Bord, Mr. Dalkeith.»

Dalkeith verzog keine Miene, als Bolitho sich nach ihm umdrehte, dann antwortete er:»Unser armer Ransome hätte sich nie getraut, so schneidig auszulaufen, eh?»

Er grinste anzüglich.»Meinen Sie nicht auch, daß er um diese Morgenstunde ziemlich müde gewesen wäre?»

Beide lachten.

Bolithos Stimme brachte sie mit einem Ruck zum Schweigen.

«Lachen Sie gefälligst später, Mr. Buckle, Backbord voraus liegt eine Jolle. Wenn Sie die in Sichtweite des Flaggschiffs über den Haufen segeln, dann werden Sie in einer ganz anderen Tonart lachen!»

Er kehrte zur Reling zurück, als Buckle sich nach seinen Rudergängern herumwarf.

Die Spitze der Landzunge lag bereits querab, und er fühlte den Vordersteven jetzt in die erste sanfte Woge hineinpflügen. Unter dem Druck der Segel neigte sich das Deck noch schräger.

«Anker ist festgelascht, Sir«, schrie Tyrell. Gischt hatte ihm das Hemd durchnäßt, über sein Gesicht perlten Wassertropfen, aber ein breites Grinsen stand in seinen Zügen.

Bolitho nickte.»Gut. Sehen Sie zu, daß jetzt der Außenklüver besser getrimmt wird, er sieht aus wie ein Fetzen dreckiger Wäsche.»

Aber er konnte nicht so streng bleiben.»Bei Gott, die Sparrow fliegt, oder nicht?»

Er blickte nach oben zu den viereckigen Segeln und hart angebraßten Rahen hinauf. Der Stander im Masttopp knallte wie eine Kutscherpeitsche. So oft zuvor hatte er all das schon gesehen, aber nun kam es ihm einmalig vor.

«Von der Fawn, Sir«, rief Bethune.

«Beziehen Sie Station in Luv.»

Bolitho lächelte ihm zu:»Bestätigen.»

Und für alle Männer auf dem Achterdeck fügte er hinzu:»Ein großartiger Morgen heute.»

Vom Niedergang aus beobachtete Stockdale Bolithos Freude und fühlte sich zutiefst glücklich. Er ließ seine Augen über die Toppsgasten schweifen, die eilig wieder auf das Deck hinunterglitten. Sonnverbrannt und gesund scherten sie sich um nichts. Mit einem Elfenbeinzahnstocher säuberte er seine unregelmäßigen Zähne. Sein Kapitän hatte in den vergangenen Jahren mehr erlebt, als sie alle wußten. Er betrachtete die geraden Schultern Bolithos, der ruhelos an der Luvseite auf und ab schritt. Mit der Zeit würden sie das schon noch herausbekommen.

III Der Freibeuter

Bolitho öffnete seine Augen und starrte einige Sekunden lang auf die gelöschte Lampe, die über seiner Koje schaukelte. Er konnte keinen Schlaf finden, obwohl er während der Nacht öfters an Deck gewesen war und bleierne Müdigkeit auf seinen Gliedern lastete. Hinter dem Vorhang, der sein Schlafabteil von der Kajüte trennte, sah er das bleiche Licht der Morgendämmerung. Das träge Pendeln der Laterne und unbehagliches Knarren der Balken verrieten ihm, daß nur eine leichte Brise wehte. Er versuchte sich zu entspannen und fragte sich, wie lange es wohl noch dauern mochte, bis er es sich abgewöhnt hätte, jeden Morgen mit der Dämmerung aufzuwachen, bis er sein neues Alleinsein genießen konnte.

Oben auf dem Achterdeck tappten Füße, und er vermutete, daß nun bald die neue Wache an Deck kommen mußte. Zwei Wochen waren vergangen, seitdem der Geleitzug in Antigua Anker gelichtet hatte, und sie hatten erst die Hälfte der vorausberechneten Strecke absegeln können. Tausend Seemeilen hatten sie inzwischen auf offener See zurückgelegt, und wenn sie sich nicht jede Meile gegen widrige Winde erkämpfen mußten, so dümpelten sie hilflos in nervenzerreißenden Flauten. Kaum verging eine Stunde, ohne daß die Seeleute an Deck gerufen wurden. Ständig mußten sie Segel setzen oder wegnehmen oder, in der Hoffnung, den letzten Hauch einer Brise einzufangen, die Rahen trimmen. Dann wieder zwang sie eine hohnlachende heftige Bö zum Reffen.

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