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Und ich sagte zu ihm: In dieser Höhle befindet

Speise fürwahr sich genug, ich zweifle nicht, ihre Bewohner

Teilen gerne mit uns, was sie haben, wir kommen gelegen.

Isegrim aber versetzte darauf: Ich werde, mein Oheim,

Unter dem Baume hier warten, Ihr seid in allem geschickter,

Neue Bekannte zu machen, und wenn Euch Essen gereicht wird,

Tut mirs zu wissen! So dachte der Schalk, auf meine Gefahr erst

Abzuwarten, was sich ergäbe; ich aber begab mich

In die Höhle hinein. Nicht ohne Schauer durchwandert

Ich den langen und krummen Gang, er wollte nicht enden.

Aber was ich dann fand — den Schrecken wollt ich um vieles

Rotes Gold nicht zweimal in meinem Leben erfahren!

Welch ein Nest voll häßlicher Tiere, großer und kleiner!

Und die Mutter dabei, ich dacht, es wäre der Teufel.

Weit und groß ihr Maul mit langen häßlichen Zähnen,

Lange Nägel an Händen und Füßen und hinten ein langer

Schwanz an den Rücken gesetzt; so was Abscheuliches hab ich

Nicht im Leben gesehn! Die schwarzen leidigen Kinder

Waren seltsam gebildet, wie lauter junge Gespenster.

Greulich sah sie mich an. Ich dachte: wär ich von dannen!

Größer war sie als Isegrim selbst, und einige Kinder

Fast von gleicher Statur. Im faulen Heue gebettet

Fand ich die garstige Brut und über und über beschlabbert

Bis an die Ohren mit Kot, es stank in ihrem Reviere

Ärger als höllisches Pech. Die reine Wahrheit zu sagen:

Wenig gefiel es mir da, denn ihrer waren so viele,

Und ich stand nur allein. Sie zogen greuliche Fratzen.

Da besann ich mich denn, und einen Ausweg versucht ich,

Grüßte sie schön — ich meint es nicht so — und wußte so freundlich

Und bekannt mich zu stellen. Frau Muhme! sagt ich zur Alten,

Vettern hieß ich die Kinder und ließ es an Worten nicht fehlen.

Spar Euch der gnädige Gott auf lange glückliche Zeiten!

Sind das Eure Kinder? Fürwahr! ich sollte nicht fragen;

Wie behagen sie mir! Hilf Himmel! wie sie so lustig,

Wie sie so schön sind! Man nähme sie alle für Söhne des Königs.

Seid mir vielmal gelobt, daß Ihr mit würdigen Sprossen

Mehret unser Geschlecht, ich freue mich über die Maßen.

Glücklich find ich mich nun, von solchen Öhmen zu wissen;

Denn zu Zeiten der Not bedarf man seiner Verwandten.

Als ich ihr soviel Ehre geboten, wiewohl ich es anders

Meinte, bezeigte sie mir von ihrer Seite desgleichen,

Hieß mich Oheim und tat so bekannt, so wenig die Närrin

Auch zu meinem Geschlechte gehört. Doch konnte für diesmal

Gar nicht schaden, sie Muhme zu heißen. Ich schwitzte dazwischen

Über und über vor Angst; allein sie redete freundlich:

Reineke, werter Verwandter, ich heiß Euch schönstens willkommen!

Seid Ihr auch wohl? Ich bin Euch mein ganzes Leben verbunden,

Daß Ihr zu mir gekommen. Ihr lehret kluge Gedanken

Meine Kinder fortan, daß sie zu Ehren gelangen.

Also hört ich sie reden; das hatt ich mit wenigen Worten,

Daß ich sie Muhme genannt und daß ich die Wahrheit geschonet,

Reichlich verdient. Doch wär ich so gern im Freien gewesen.

Aber sie ließ mich nicht fort und sprach: Ihr dürfet, mein Oheim,

Unbewirtet nicht weg! Verweilet, laßt Euch bedienen.

Und sie brachte mir Speise genug, ich wüßte sie wahrlich

Jetzt nicht alle zu nennen; verwundert war ich zum höchsten,

Wie sie zu allem gekommen. Von Fischen, Rehen und anderm

Guten Wildbret, ich speiste davon, es schmeckte mir herrlich.

Als ich zur Gnüge gegessen, belud sie mich über das alles,

Bracht ein Stück vom Hirsche getragen, ich sollt es nach Hause

Zu den Meinigen bringen, und ich empfahl mich zum besten.

Reineke, sagte sie noch: besucht mich öfters. Ich hätte,

Was sie wollte, versprochen; ich machte, daß ich herauskam.

Lieblich war es nicht da für Augen und Nase, ich hätte

Mir den Tod beinahe geholt; ich suchte zu fliehen,

Lief behende den Gang bis zu der Öffnung am Baume.

Isegrim lag und stöhnte daselbst; ich sagte: Wie gehts Euch,

Oheim? Er sprach: Nicht wohl! ich muß vor Hunger verderben.

Ich erbarmte mich seiner und gab ihm den köstlichen Braten,

Den ich mit mir gebracht. Er aß mit großer Begierde,

Vielen Dank erzeigt' er mir da; nun hat ers vergessen!

Als er nun fertig geworden, begann er: Laßt mich erfahren,

Wer die Höhle bewohnt? Wie habt Ihrs drinne gefunden?

Gut oder schlecht? Ich sagt ihm darauf die lauterste Wahrheit,

Unterrichtet ihn wohl. Das Nest sei böse, dagegen

Finde sich drin viel köstliche Speise. Sobald er begehre,

Seinen Teil zu erhalten, so mög er kecklich hineingehn,

Nur vor allem sich hüten, die grade Wahrheit zu sagen.

Soll es Euch nach Wünschen ergehn, so spart mir die Wahrheit!

Wiederholt ich ihm noch: denn führt sie jemand beständig

Unklug im Munde, der leidet Verfolgung, wohin er sich wendet;

Überall steht er zurück, die andern werden geladen.

Also hieß ich ihn gehn; ich lehrt ihn: was er auch fände,

Sollt er reden, was jeglicher gerne zu hören begehret,

Und man werd ihn freundlich empfangen. Das waren die Worte,

Gnädiger König und Herr, nach meinem besten Gewissen.

Aber das Gegenteil tat er hernach, und kriegt' er darüber

Etwas ab, so hab er es auch; er sollte mir folgen.

Grau sind seine Zotteln fürwahr, doch sucht man die Weisheit

Nur vergebens dahinter. Es achten solche Gesellen

Weder Klugheit noch feine Gedanken; es bleibet dem groben

Tölpischen Volke der Wert von aller Weisheit verborgen.

Treulich schärft ich ihm ein, die Wahrheit diesmal zu sparen;

Weiß ich doch selbst, was sich ziemt! versetzt' er trotzig dagegen,

Und so trabt' er die Höhle hinein, da hat ers getroffen.

Hinten saß das abscheuliche Weib, er glaubte, den Teufel

Vor sich zu sehn! die Kinder dazu! da rief er betroffen:

Hilfe! Was für abscheuliche Tiere! Sind diese Geschöpfe

Eure Kinder? Sie scheinen fürwahr ein Höllengesindel.

Geht, ertränkt sie, das wäre das beste, damit sich die Brut nicht

Über die Erde verbreite! Wenn es die meinigen wären,

Ich erdrosselte sie. Man finge wahrlich mit ihnen

Junge Teufel, man brauchte sie nur in einem Moraste

Auf das Schilf zu binden, die garstigen, schmutzigen Rangen!

Ja, Mooraffen sollten sie heißen, da paßte der Name!

Eilig versetzte die Mutter und sprach mit zornigen Worten:

Welcher Teufel schickt uns den Boten? Wer hat Euch gerufen,

Hier uns grob zu begegnen? Und meine Kinder! Was habt Ihr,

Schön oder häßlich, mit ihnen zu tun? Soeben verläßt uns

Reineke Fuchs, der erfahrene Mann, der muß es verstehen;

Meine Kinder, beteuert' er hoch, er finde sie sämtlich'

Schön und sittig, von guter Manier; er mochte mit Freuden

Sie für seine Verwandten erkennen. Das hat er uns alles

Hier an diesem Platz vor einer Stunde versichert.

Wenn sie Euch nicht wie ihm gefallen, so hat Euch wahrhaftig

Niemand zu kommen gebeten. Das mögt Ihr, Isegrim, wissen.

Und er forderte gleich von ihr zu essen und sagte:

Holt herbei, sonst helf ich Euch suchen! Was wollen die Reden

Weiter helfen? Er machte sich dran und wollte gewaltsam

Ihren Vorrat betasten; das war ihm übel geraten!

Denn sie warf sich über ihn her, zerbiß und zerkratzt' ihm

Mit den Nägeln das Fell und klaut' und zerrt' ihn gewaltig;

Ihre Kinder taten das gleiche, sie bissen und krammten

Greulich auf ihn; da heult' er und schrie mit blutigen Wangen,

Wehrte sich nicht und lief mit hastigen Schritten zur Öffnung.

Übel zerrissen sah ich ihn kommen, zerkratzt, und die Fetzen

Hingen herum, ein Ohr war gespalten und blutig die Nase,

Manche Wunde kneipten sie ihm und hatten das Fell ihm

Garstig zusammengeruckt. Ich fragt ihn, wie er heraustrat:

Habt Ihr die Wahrheit gesagt? Er aber sagte dagegen:

Wie ichs gefunden, so hab ich gesprochen. Die leidige Hexe

Hat mich übel geschändet, ich wollte, sie wäre hier außen,

Teuer bezahlte sie mirs! Was dünkt Euch, Reineke? habt Ihr

Jemals solche Kinder gesehn? so garstig, so böse?

Da ichs ihr sagte, da war es geschehn, da fand ich nicht weiter

Gnade vor ihr und habe mich übel im Loche befunden.

Seid Ihr verrückt? versetzt ich ihm drauf. ich hab es Euch anders

Weislich geheißen. Ich grüß Euch zum schönsten (so solltet Ihr sagen),

Liebe Muhme, wie geht es mit Euch? Wie geht es den lieben

Artigen Kindern? Ich freue mich sehr, die großen und kleinen

Neffen wiederzusehn. Doch Isegrim sagte dagegen:

Muhme das Weib zu begrüßen? und Neffen die häßlichen Kinder?

Nehm sie der Teufel zu sich! Mir graut vor solcher Verwandtschaft.

Pfui! ein ganz abscheuliches Pack! ich seh sie nicht wieder.

Darum ward er so übel bezahlt. Nun richtet, Herr König!

Sagt er mit Recht, ich hab ihn verraten? Er mag es gestehen,

Hat die Sache sich nicht, wie ich erzähle, begeben?

Isegrim sprach entschlossen dagegen: Wir machen wahrhaftig

Diesen Streit mit Worten nicht aus. Was sollen wir keifen?

Recht bleibt Recht, und wer es auch hat, es zeigt sich am Ende.

Trotzig, Reineke, tretet Ihr auf, so mögt Ihr es haben!

Kämpfen wollen wir gegeneinander, da wird es sich finden.

Vieles wißt Ihr zu sagen, wie vor der Affen Behausung

Ich so großen Hunger gelitten, und wie Ihr mich damals

Treulich genährt. Ich wüßte nicht, wie! Es war nur ein Knochen,

Den Ihr brachtet, das Fleisch vermutlich speistet Ihr selber.

Wo Ihr stehet, spottet Ihr mein und redet verwegen,

Meiner Ehre zu nah. Ihr habt mit schändlichen Lügen

Mich verdächtig gemacht, als hätt ich böse Verschwörung

Gegen den König im Sinne gehabt und hätte sein Leben

Ihm zu rauben gewünscht; Ihr aber prahltet dagegen

Ihm von Schätzen was vor; er möchte schwerlich sie finden!

Schmählich behandeltet Ihr mein Weib und sollt es mir büßen.

Dieser Sachen klag ich Euch an! ich denke zu kämpfen

Über Altes und Neues und wiederhol es: ein Mörder,

Ein Verräter seid Ihr, ein Dieb; und Leben um Leben

Wollen wir kämpfen, es endige nun das Keifen und Schelten.

Einen Handschuh biet ich Euch an, so wie ihn zu Rechte

Jeder Fordernde reicht, Ihr mögt ihn zum Pfande behalten,

Und wir finden uns bald. Der König hat es vernommen,

Alle die Herren habens gehört! ich hoffe, sie werden

Zeugen sein des rechtlichen Kampfs. Ihr sollt nicht entweichen,

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