Литмир - Электронная Библиотека

Frankie verstummte und wischte sich eine Träne aus dem Auge.

„Ich weiß, dass wir beide leiden, Riley“, sagte sie. „Aber ich glaube es ist besser zu leiden, als vor Schmerz hart zu werden. Zumindest waren wir in der Lage unsere Menschlichkeit, unsere Verletzlichkeit zu bewahren, all die Dinge, die das Beste in uns ausmachen. Viele Menschen in unserem Job schaffen das nicht.“

Riley nickte langsam. Sie wusste, dass Frankie genau das sagte, was sie gerade hören musste. Sie begriff, dass sie wirklich Glück hatte, dass sie heute Frankies Anteilnahme hatte. Das hier war besser als jegliche Therapie, auf die sie hoffen konnte.

Eine Weile lang aßen sie schweigend.

Dann fragte Frankie: „Und wie läuft es mit deinem Verlobten? Habt ihr schon ein Hochzeitsdatum ausgewählt?“

Die Frage überraschte Riley.

Sie stammelte: „Ähm, nein, noch nicht.“

„Nein?“, sagte Frankie und schaute Riley skeptisch an.

„Noch nicht“, wiederholte Riley und aß dann still weiter.

Sie wurde angespannt, als sie sich vorstellte, was Frankie gerade denken musste. Sie erinnerte sich an etwas, was Frankie gesagt hatte, als sie sich gerade kennengelernt hatten…

„Ich habe eine etwas voreingenommene Sicht auf Männer im Allgemeinen.“

Obwohl Frankie selten davon sprach, wusste Riley, dass Frankies vierjährige Ehe in einer hässlichen Scheidung geendet war. Frankie hatte wahrscheinlich keinerlei Gründe anzunehmen, dass es mit Riley und Ryan klappen würde.

Hat sie vielleicht recht? fragte Riley sich.

Schließlich liefen die Dinge in letzter Zeit nicht besonders gut zwischen ihnen.

Während sie ihre Mahlzeit beendeten, unterhielten Riley und Frankie sich über Kleinigkeiten. Als Frankie sie zurück zu ihrer Wohnung fuhr, merkte Riley, dass sie dem Rest ihres freien Tages mit Missmut entgegensah. Sie fragte sich insbesondere, wie es heute Abend mit Ryan sein würde.

Sie fragte sich –– was sagte es über sie aus, dass sie sich nicht darauf freute ihren eigenen Verlobten zu sehen? Schlimmer noch, wurde sie vielleicht süchtig nach den Gefahren und Qualen ihrer Arbeit?

Sie wusste nur, dass sie nichts an ihren Gefühlen ändern konnte.

Wenn ich nicht zurück an die Arbeit gehe, verliere ich meinen Verstand, dachte sie.

Was auch immer dort draußen auf sie wartete, sie musste weitermachen und sich dem stellen.

KAPITEL VIER

Jake klopfte nervös mit dem Fuß auf den Boden, als er dem leitenden Spezialagenten der Verhaltensanalyseeinheit gegenübersaß.

Es klingt auf jeden Fall nach einer Serie, dachte er.

Erik Lehl beschrieb gerade zwei ähnliche Mordfälle in Kentucky und Tennessee. Jake versuchte zu entscheiden, ob er gerade überhaupt darüber nachdenken wollte. Schließlich war er gestern erst in eine Schießerei im Staat New York verwickelt gewesen.

Lehl schloss seine Darlegung mit den Worten: „Agent Crivaro, der einzige Grund, wieso ich mit Ihnen darüber spreche ist, dass ich gerade keine anderen erfahrenen Verhaltensanalyseagenten habe, die ich dort hinschicken könnte.“

Jake kicherte und sagte: „Also bin ich der letzte Ausweg, wie?“

Lehl lachte nicht über Jakes kleinen Witz. Natürlich wusste Jake sehr gut, dass sein Boss nicht gerade für seinen Sinn für Humor bekannt war.

„Sie wissen, dass Sie das nicht sind“, sagte Lehl. „Ich will einfach keine Anfänger schicken. Aber ich weiß auch, dass sie womöglich eine Pause gebrauchen könnten, nach dem, was gestern vorgefallen ist. Wenn das so ist, dann ist das in Ordnung. Es ist nicht gerade ein öffentlich diskutierter Fall, noch nicht zumindest. Ich kann es auch die FBI Einheit vor Ort in Memphis übernehmen lassen. Aber der örtliche Sheriff ist in einer Art Panik und hat explizit die Verhaltensanalyseeinheit angefragt. Ich wäre entspannter, wenn ich wüsste, dass ich meinen besten Agenten auf den Job angesetzt habe.“

„Sie sollten mir nicht schmeicheln, Sir“, sagte Jake lächelnd. „Sonst steigt es mir noch zu Kopf.“

Agent Lehl lachte auch jetzt nicht. Der schlaksige Mann legte seine langen Finger zu einer Raute zusammen und blickte Jake erwartungsvoll an.

„Ich mach’s“, sagte Jake schließlich.

Lehl schien genuin erleichtert zu sein.

„Na dann ist ja gut“, sagte Lehl. „Ich bestelle ein Flugzeug, dass sie zum Dyersburg Regionalflughafen fliegen wird. Ich werde veranlassen, dass ein paar örtliche Cops Sie dort empfangen. Soll ich Ihnen einen Partner zuteilen?“

Jake rutschte auf seinem Stuhl herum.

„Nee, diesen hier bekomme ich alleine hin“, sagte er.

Lehl gab ein leises entrüstetes Stöhnen von sich.

Er sagte: „Agent Crivaro, wir haben doch darüber gesprochen.“

Lehls paternalistischer Ton amüsierte Jake, so als würde sein Boss ihn liebevoll ermahnen wollen.

„Ja, ich weiß“, sagte Jake. „Sie sagen immer wieder, es sei an der Zeit, dass ich lerne mit anderen klarzukommen. Aber ich bin alt und gefestigt in meinem Charakter, Sir. Wenn Sie mich mit einem Anfänger hinschicken, werde ich den armen nur terrorisieren. Ich könnte ihn ganz vergraulen. Das würden Sie nicht wollen.“

Dann stellte sich ein ziemlich ominöses Schweigen ein.

Ich nehme an, meine Antwort gefällt ihm nicht, dachte Jake.

Schließlich sagte Lehl: „Denken Sie einfach darüber nach, einen Partner mitzunehmen. Ich werde ihnen wegen des Fluges Bescheid geben.“

Das Gespräch war beendet und Jake ging wieder in sein eigenes Büro zurück. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, der mit Unterlagen überhäuft war, an denen er heute gearbeitet hatte. Er hatte sich mit dem „Nanny Killer“ Fall aus Maryland beschäftigt und versucht genug Beweise zusammenzubekommen, um den Kindermörder namens Larry Mullins zu verurteilen. Er und Riley hatten den Mann vor einigen Wochen verhaftet.

Der Prozess würde bald stattfinden. Obwohl Jake, Riley und das gesamte Ermittlungsteam mit fast absoluter Gewissheit wussten, dass Mullins schuldig war, machte Jake sich Sorgen, ob die Jury das auch so sehen würde.

Jake fragte sich, ob er Lehls Bitte vorhin hätte ausschlagen sollen. Lehl hätte es ihm nicht vorgehalten. Und es war nicht so, als hätte er nicht andere wichtige Dinge zu erledigen. Außerdem war er von den Ereignissen gestern immer noch mitgenommen.

Ich glaube, ich bin einfach ein Typ, der nicht nein sagen kann, dachte Jake.

Er fragte sich, ob er wohl süchtig nach der Arbeit im Außendienst war, und nach all der Action und den Gefahren, die sie mit sich brachte.

Oder vielleicht war es etwas anderes.

In letzter Zeit hatte er das Gefühl, dass sein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten schwand. Seine Ungewissheit über den Mullins Fall verstärkte diese Zweifel nur. Vielleicht hatte er diesen Fall angenommen, weil er einen inneren Drang verspürte sich zu beweisen –– zu beweisen, dass er immer noch seine Arbeit machen konnte, und das nicht nur gut sondern besser, als jeder andere in der Verhaltensanalyseeinheit.

Aber was, wenn diese Zeiten vorbei sind? fragte er sich.

Er dachte an etwas, was Agent Lehl eben gesagt hatte.

„Denken Sie einfach darüber nach, einen Partner mitzunehmen.“

Jake vermutete, dass es guter Rat war. Der Versuch Solo zu arbeiten, während er mit Selbstzweifeln kämpfte, war keine gute Idee. Aber Lehl hatte ihm soeben gesagt, dass er gerade keine anderen erfahrenen Agenten zur Verfügung hatte. Jake hatte keine Lust irgendeinem dummen, unerfahrenen Grünschnabel angewandten Unterricht zu geben –– nicht, wenn wahrscheinlich ein Serienmörder auf freiem Fuß war und sich bereit machte erneut zuzuschlagen.

Natürlich gab es da eine junge Agentin, von der Jake nicht so dachte...

Riley Sweeney.

Seine junge Protegé war mehr als vielversprechend. Sie hatte jetzt schon bessere Fähigkeiten, als viele weitaus erfahrenere Agenten, auch wenn ihre Bewertungen der Situation oft noch erratisch waren und sie ein Problem damit hatte, Befehlen zu folgen. Eines Tages, das wusste er, würde sie genauso gut, wenn nicht noch besser, als er selbst sein. Ihm gefiel der Gedanke, dass sie seine Arbeit weiterführen würde, wenn er nicht mehr da war. Und es gefiel ihm, mit ihr zusammen zu arbeiten.

8
{"b":"676084","o":1}