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»Nichtsdestotrotz!« rief Don Hernando Pedrárias aus. »Ich weiß, daß die Jacare mehrere Male in der Bucht vor Anker gegangen ist.«

»Immer schön außer Reichweite meiner Kanonen«, stellte sein Gastgeber spöttisch klar. »Seit Jahren mache ich Eingaben, daß man diese alten Schrotthaufen austauscht und Munition schickt, doch keiner hat sich je darum geschert. O ja, die Jacare ist in der Bucht von Kap zu Kap gefahren, weil sie genau wußte, daß ich ihr mit meinen vier Fischerkähnen und einem halben Dutzend Reservisten nichts anhaben konnte.« Wütend blickte er sein Gegenüber an, als dächte er darüber nach, ob es sich lohnte, seine Spucke an ihn zu verschwenden: »Alle Piraten und Korsaren, Engländer, Franzosen, Holländer, Portugiesen, ja sogar Chinesen, falls es in China Korsaren gibt, wissen nur zu gut, daß sie uns ungestraft plündern, schänden und töten können, weil die Casa lieber ein Schiff mit Ölfässern schickt, um es gegen Perlen einzutauschen, statt ein Schiff mit Pulverfässern, die verhindern könnten, daß man uns diese Perlen raubt…« Er deutete auf die alte Kanone, deren schwarze Mündung fast direkt über ihren Köpfen schwebte: »Wißt Ihr, wie oft ich sie bei einem Angriff abfeuern kann? Einmal! Nur ein einziges Mal! Und der Schuß erreicht nicht einmal dieses gelbe Boot dort.«

»Ich hätte nie gedacht, daß die Situation so kritisch ist«, gab Don Hernando mit absoluter Ehrlichkeit zu.

»Als ob ich Euch nicht über die Jahre hinweg ein gutes Dutzend Berichte geschickt hätte«, tönte es fast zornig zurück. »Wir wollen das größte Reich sein, das jemals ein allmächtiger Souverän regiert hat, das Reich, in dem die Sonne niemals untergeht, doch anderthalb Jahrhunderte, nachdem wir dieses Reich erobert haben, lassen wir zu, daß man uns Stück um Stück entreißt. Hier in der Karibik haben wir schon Jamaika, Barbados, Guadeloupe, Aruba, Martinique und Curacao verloren. Was müssen wir noch alles verlieren, bis die Casa sich endlich entschließt, uns Waffen zu schicken, damit wir uns verteidigen können? Wenn die Piraten, die gerade im Hafen von Port-Royal liegen, ihre Kräfte vereinen würden, brauchten sie nicht einmal 24 Stunden, um Margarita einzunehmen.«

»Das ist doch ein Scherz…!«

»Was denn für ein Scherz…?« erregte sich der Offizier. »Im Augenblick dürften dort die Schiffe von Laurent de Graaf, Michel el Vasco und wahrscheinlich auch Moses van Klijn vor Anker liegen. Zusammen bringen es die drei auf über tausend gut bewaffnete Männer und über zweihundert Kanonen. Und wie viele, glaubt Ihr, haben wir?« Er sah ihn spöttisch an. »Wißt Ihr das nicht? Ich werde es Euch sagen: Auf der Insel gibt es genau 22 Kanonen und etwa achtzig Musketen, und die Hälfte von ihnen bringen eher den Schützen um als ihr Ziel.«

»Ich verstehe! Ist Jacare Jack vielleicht in Port-Royal?«

»Nur das ist Euch wichtig, nicht wahr? Jacare Jack.« Hauptmann Mendana schüttelte überzeugt den Kopf. »Ich bezweifle es. Er taucht nur selten dort auf, auch Tortuga läuft er gewöhnlich nicht an. Er soll seinen eigenen Ankerplatz zwischen den Jungferninseln haben, vielleicht auch im Jardin de la Reina, im Süden von Kuba.«

»Wer könnte es wissen?«

»Niemand, den ich kenne.«

»Ich habe eine großzügige Belohnung für Hinweise auf dieses Schiff ausgesetzt. Glaubt Ihr, das bringt etwas?«

»Aber sicher doch…!« entgegnete der Hauptmann mit sichtlicher Ironie. »Ein gutes Dutzend vorgeblicher Verräter wird Euch wie einen Hampelmann von einem Ort zum anderen führen. Aber ich versichere Euch, am Ende habt Ihr nur Zeit und Geld verschwendet.«

»Was ratet Ihr mir also?«

»Daß Ihr Euch Probleme erspart, wenn Ihr Euch in einen Teil der Welt verzieht, in dem Euch niemand kennt.«

»Das kann ich nicht tun.«

»Und warum nicht?«

»Man würde mich des Verrats anklagen.«

Hauptmann Mendana betrachtete ihn perplex:

»Nach allem, was mir zu Ohren gekommen ist, Don Hernando, klagt man Euch an, weil Ihr mit Sklaven handelt, ein Mädchen verdorben habt, illoyal, pflichtvergessen, unfähig, ja sogar ein Bandit seid. Welche Bedeutung hat da noch ein weiterer Vorwurf, wenn es um Euer Leben geht?« Er stand auf, ging ein wenig auf der Terrasse hin und her und setzte sich auf den Rand der massiven Mauer. »Wißt Ihr was? Ich habe Emiliana Matamoros geliebt. Für mich war sie wie eine Göttin, die ich stets wie ein Denkmal verehrt habe, ohne daß mir jemals ein unlauterer Gedanke gekommen wäre. Doch eines Tages tauchte der Gesandte der Casa de Contratación von Sevilla mit seiner riesigen goldenen Kutsche auf, verführte sie und zerstörte damit das einzige reine und edle Gefühl, das ich je hatte.« Er sah ihm herausfordernd in die Augen: »Wie könnt Ihr nur zu mir kommen, um mich um Hilfe zu bitten? Weder ich noch ein anderer auf dieser Insel, ja, ich hoffe auf der ganzen Welt, wird Euch zuliebe auch nur einen Finger rühren. Das sollte Euch so schnell wie möglich in Fleisch und Blut übergehen, wenn Ihr am Leben bleiben wollt.«

Nachdem man die Beute aufgeteilt hatte, segelte das Schiff durch ein ruhiges Meer. Die Sonne brannte, und kaum ein Lüftchen fächelte die Segel. Lucas Castano setzte sich zu seinem Kapitän, der es sich im alten Sessel des Schotten bequem gemacht hatte. Einige Minuten lang schaute er schweigend den fliegenden Fischen zu, die vor dem Bug aus dem Wasser hüpften, auf der spiegelglatten Oberfläche dahinglitten und ohne Spritzer wieder in der Tiefe verschwanden, dann gab er mit Bedauern in der Stimme zu bedenken:

»Die Männer sind unruhig.«

Sein junger Kapitän blickte ihn verblüfft an.

»Wie das? Es ist doch gerecht verteilt worden… Oder etwa nicht?«

»Doch, doch«, räumte der Panamese ein. »Gerecht schon, aber halt zu wenig. Zweitausend Perlen, so prächtig sie auch sein mögen, sind keine Beute, für die man monatelang auf hoher See kreuzt und darauf wartet, jeden Augenblick ergriffen und aufgehängt zu werden. Seeräuberei ist ein hartes und gefährliches Geschäft, das einen nur mit Abenteuer und einer guten Beute entschädigt.« Er schnalzte verdrossen mit der Zunge. »Und seit Jahren haben sie weder das eine noch das andere gehabt.«

»Was wollen sie denn?«

»Keine Pötte mit Piken und Schaufeln mehr überfallen, sondern lieber Goldschiffe entern, auch wenn wir dabei vielleicht draufgehen.« Er zuckte hilflos mit den Schultern: »Mit einem Wort: Wir sollen uns wie echte Piraten verhalten.«

»Verstehe«, sagte der Margariteno. »Und was denkst du darüber?«

»Wenn wir unsere Zeit nicht nutzen, sind wir bald alt und werden als Bettler in irgendeinem schmutzigen Hafen enden.« Er deutete auf die Kajüte des Achterkastells, in der sich Celeste aufhielt. »Und eine Frau an Bord macht die Dinge nicht besser, im Gegenteil: Sie bringt Unglück.«

»Das ist meine Schwester.«

»Alle wissen das, aber alle wissen auch, daß sie ein sehr attraktives Mädchen ist, und die meisten haben seit sechs Monaten an keiner Feige mehr gerochen. Darüber solltest du nachdenken.«

»Das tue ich längst, aber es will mir keine passende Lösung einfallen. Was soll ich bloß mit ihr machen?«

»Alles, außer sie noch länger an Bord eines Piratenschiffs zu lassen… Das geht einfach nicht!«

»Aber wo könnte ich sie an Land gehen lassen? Das Winterquartier in den Grenadinen ist doch nichts für sie. Da gibt es nur Huren.«

»Die Welt ist groß.«

»Nicht groß genug für die Casa de Contratación. Ihr Arm reicht überall hin.«

»Nicht nach Jamaika. Niemand, der mit der Casa zu tun hat, wagt es, Jamaika auch nur zu betreten, denn am nächsten Tag würden sie ihn dort öffentlich verbrennen. Deine Schwester ist dort völlig sicher, und wir können uns in der Zwischenzeit mit anderen Schiffen in Verbindung setzen, um vielleicht eine gemeinsame Aktion zu planen. In drei Monaten bricht die Flotte von Cartagena de las Indias nach Kuba auf und segelt von dort aus weiter zu den Azoren und nach Sevilla. Das wäre eine Gelegenheit, sie zu überfallen.«

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