Литмир - Электронная Библиотека

«Kutter signalisiert, Sir«, rief Heyward.

Alles wandte sich um und starrte zur dunklen Küste hinüber. Mit weit ausholenden Riemen hielt der Kutter auf das Land zu. Am Ufer stand eine einzelne Gestalt, die mit ihrer Muskete Bethune zuwinkte. Es war einer von Foleys Scouts.

«Ich muß sofort an Land«, schnappte Foley. Er rannte auf die Schanzkleidpforte zu.»Sie haben den General gefunden!«Bolitho eilte hinter ihm her und kletterte, gefolgt von Stockdale, in die Gig.

Kurz vor dem Ufer fuhr das Boot im seichten Wasser auf. Bolitho sprang über das Dollbord und watete durch das klare Wasser an Land. Eine Sekunde lang blitzte in seinem Gehirn der Gedanke auf, daß er seit Monaten zum ersten Mal wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Er wartete unter einem Baum, während Foley den Scout ausfragte. Sicher würde es den Kanadier verwirren, wenn sie beide vor ihm stünden. Foley schritt auf Bolitho zu. Seine Stiefel knirschten im Sand.

«Sie haben ihn gefunden. «Er wies auf die finstere Mauer des Waldes.»Die erste Abteilung wird in etwa einer Stunde hier sein.»

«Die erste Abteilung?«Bolitho bemerkte die Verzweiflung in Foleys Augen.

«Der General kommt mit meinen Kundschaftern und allen gesunden Männern. «Er seufzte tief auf.»Aber etwa sechzig Kranke und Verwundete folgen in langsamem Marschtempo nach. Sie sind seit Tagen ständig unterwegs. In der vorletzten Nacht gerieten sie in einer Schlucht in einen Hinterhalt. Sie konnten ihre Angreifer zurücktreiben. Der General sagt, es seien Franzosen gewesen. Wahrscheinlich von dieser Fregatte.»

Bolitho versuchte sich vorzustellen, was das alles für die kranken und verletzten Soldaten bedeutete. Sie wußten nicht, wo sie waren, ob sie mit dem Leben davonkamen.

«Die Katze ist jetzt aus dem Sack. Die Fregatte scheint einen Bergungsversuch zu erwarten.»

Foley seufzte.»Ja, ich bin auch Ihrer Meinung. Was werden Sie nun tun?»

Bolitho antwortete nicht sofort. Er winkte Bethune heran, der dem erschöpften Kundschafter seine Wasserflasche reichte.

«Fahren Sie sofort zum Schiff zurück. Sagen Sie Mr. Tyrell, er soll sich bereit halten, die erste Abteilung in einer Stunde an Bord zu nehmen. Ich möchte eine vollzählige Wache mit allen Booten an Land haben. Alles muß reibungslos vor sich gehen, und ich will, daß diese Männer gut untergebracht werden. Selbst, wenn wir unsre Vorräte über Bord werfen müßten.»

Der Fähnrich rannte zum Kutter. Seine Schultern glühten wie eine überreife Frucht.

«Es wäre ein Wunder, wenn wir sie rechtzeitig aufnehmen könnten«, sagte Foley mit ruhiger Stimme.

Bolitho lächelte.»Es geschehen Wunder, Oberst, manchmal. «Er ging zur Gig. Seine Müdigkeit war vergessen. Er bemerkte, daß Foley ihm nicht folgte, sondern noch immer bei dem Scout stand.»Ich gehe landeinwärts«, rief der Oberst ihnen nach.»Ich will zu meinen Leuten oder zu dem Rest, der von ihnen übriggeblieben ist. «Sein scharlachroter Rock verschwand zwischen den Bäumen, und er war verschwunden.

General Sir James Blundell lehnte sich in einen von Bolithos Stühlen zurück und hielt seinem Burschen ein Bein hin.

«Um Himmels willen, ziehen Sie mir diese verdammten Stiefel aus. «Er starrte zur Kajütslampe hinauf und fügte hinzu:»Ich könnte was zum Trinken vertragen. Mir ist staubtrocken zumute!«Er verfluchte seinen Burschen und stieß ihm seinen Stiefel zwischen die Schultern.»Langsam, Sie verdammter Trottel!»

Foley wandte sich ab und blickte Bolitho an, der an der Tür stand. Zorn und Überraschung waren aus seinen Augen zu lesen.

«Könnten Sie für den General irgend etwas herrichten lassen?«Bolitho nickte und sah Fitch hinweghuschen, um Wein zu holen. Alles kam ihm wie ein Alptraum vor.

Als der letzte Schimmer des Tageslichts verschwand, waren die Soldaten, die den General begleiteten, am Ufer erschienen.

Sogar die Seeleute, die Augenblicke zuvor noch Witze gerissen und plaudernd ihre außergewöhnliche Freiheit auf festem Boden genossen hatten, waren still und schweigsam geworden.

Abgerissen und verdreckt hatten sich die Infanteristen wie gehorsame Tiere in Reihen aufgestellt. Ihre roten Röcke waren durch Gewaltmärsche und kurze Ruhepausen im Unterholz arg mitgenommen. Andere Soldaten folgten mit den Packtieren, die so überladen waren, daß es allen wie ein Wunder vorkam, daß sie nicht längst zusammengebrochen waren.

Bolitho war mit Dalkeith am Ufer gewesen und hatte die Versorgung und die ersten Vorbereitungen für diese vielen Leute erläutert. Schweigend hatte er das versteinerte Gesicht Foleys beobachtet, als ein Leutnant auf ihn zutaumelte, um Meldung zu erstatten. Er hatte die Regimentsfahne um die Schultern gebunden, sein Degen baumelte an einem Strick von seinem Handgelenk. Foley brachte kein Wort heraus. Er klopfte dem Leutnant nur leicht auf die Schulter und nickte den stumpfäugigen Soldaten am Waldrand zu. Dann hatte er sich an Bolitho gewandt.

«Um Himmels willen, tun Sie, was möglich ist, für diese armen Teufel. «Als die Seeleute herbeikamen, um den Soldaten in die Boote zu helfen, war die letzte Widerstandskraft der Infanteristen gebrochen. Entlang der schwankenden Linie roter Röcke waren Männer zusammengebrochen wie leblose Körper. Andere starrten die sonnengebräunten Seemänner sprachlos an. Über ihre schmutzigen Gesichter rannen Tränen, und als ob sie Boten des Heils sähen, streckten sie ihnen ihre zerschundenen Hände entgegen.

Bewegt und voll Mitleid hatte Bolitho zugesehen, wie sie durch das seichte Wasser zu den Booten torkelten. Der Leutnant trug die Farben seines Regiments um die Schultern, wie er es wohl schon den ganzen weiten Weg von Philadelphia her getan hatte. Er versuchte, einen Rest von Selbstbeherrschung zu zeigen, aber Verzweiflung und Ungläubigkeit straften seine Haltung Lügen.

Nun in der Kajüte, da Bolitho den General beobachtete, fiel es ihm schwer, die Gegensätze miteinander in Verbindung zu bringen. Blundell war ein rundlicher, doch kraftvoll gebauter Mann. Von etwas Schmutz an seinen Stiefeln abgesehen, sah seine Uniform sauber und wie frisch gebügelt aus. Sein eisengraues Haar war ordentlich gekämmt, und sein wuchtiges, rosiges Gesicht mußte noch am selben Tag rasiert worden sein.

Bis jetzt hatte er für Bolitho kaum mehr als einen nachlässigen Blick übrig gehabt und sich damit begnügt, seine Ansprüche durch Foley ausrichten zu lassen.

Er versuchte den Wein auf der Zunge und schnitt eine Grimasse.»Ich nehme an, daß man auf einem so kleinen Schiff nicht allzuviel erwarten kann, was?»

Foley blickte Bolitho an. Sein verzweifelter Gesichtsausdruck verriet fast physischen Schmerz.

An Deck und tief im Rumpf drinnen wimmelte es auf dem Schiff voll Leben. Stiefel trampelten, rauhe Befehle erklangen, und über den Booten knarrten und quietschten die Taljen.

«Sie hätten die Männer zur Arbeit einteilen sollen, Foley. Es ist widersinnig, sie wie Gutsherren herumlungern zu lassen.»

«Meine Leute können mit dem Laden allein fertig werden, Sir«, meinte Bolitho.

«Hm. «Der General schien ihn zum erstenmal zu bemerken.»Schön, vergewissern Sie sich, daß jedes Maultier genau überprüft wird. Irgendeinem blödsinnigen oder habgierigen Trottel könnte es einfallen, etwas aus den Lasten zu stehlen. In diesen Packtaschen steckt eine Riesensumme. Bedenken Sie das alles, bevor Sie mir melden, daß Sie klar zum Absegeln sind.»

Graves erschien in der Tür.»Alle Soldaten an Bord, Sir. Einigen geht es ziemlich schlecht.»

Bolitho riß seine Augen von dem General los, auf dessen Lippen einige Weintropfen glänzten.

«Der Koch soll die Kombüsenfeuer anzünden, Mr. Graves. Die französische Fregatte wird es selbst dann, wenn Wind aufkommt, nicht wagen, in der Dunkelheit Anker zu lichten. Ich möchte, daß diese Leute etwas Warmes zu essen bekommen. Während sie warten, sollen sie auch etwas Rum haben. Sagen Sie Mr. Lock, er soll alles bereitstellen.»

Er dachte an die taumelnden Männer, an die zusammengesunkenen Rotröcke am Ufer. Und dies war die Abteilung der» gesunden «Leute!

31
{"b":"113049","o":1}