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Bolitho konnte weder ein Lächeln noch sonst eine Gefühlsregung an ihm entdecken. Seine hochmütige, verschlossene Art hatte etwas Verletzendes und Aufreizendes. Sie schien Bolitho von den vitaleren Aspekten seiner sonderbaren Mission zu distanzieren.

Die Befehle waren schnell gelesen. Er sollte in größtmöglicher Eile etwa hundertfünfzig Meilen nach Süden an der Küste New Jerseys entlangfahren. Wenn er es für möglich und ratsam hielt, sollte er dann im Schutz der Dunkelheit in die Delaware-Bucht einlaufen. Genaue Entfernung und Position würden ihm von Oberst Foley angegeben. Er las die Order nochmals langsam durch. Dabei hörte er ständig, wie Foleys blankgewichste Stiefel sanft auf das Deck neben dem Tisch tappten.

«Wenn er es für möglich und ratsam hielt!«Diese Passage schien mehr als alles andere auszusagen, und er mußte abermals an Colquhouns prophetische Worte denken. Sie bedeutete schlicht und klar, daß alle Verantwortung bei ihm lag. Foley konnte vorschlagen, was er wollte, und einen Landeplatz oder Treffpunkt in völliger Unkenntnis der seemännischen Probleme aussuchen. Und Bolitho sollte das Schiff nahe an die Küste heranbringen und durch kaum vermessene Kanäle in Gewässer vordringen, wo selbst ein Halbblinder den Grund sehen konnte.

Er blickte auf.»Können Sie mir nicht mehr mitteilen, Sir?»

Foley zuckte die Achseln.»Ich habe zwanzig Scouts mitgebracht. Sie werden den ersten Kontakt herstellen müssen.»

Die Pfadfinder waren kurz vor dem Oberst angekommen. Sie waren Kanadier, und in ihren Lederkleidern und Pelzmützen, in der schludrigen Lässigkeit ihres Gehabens schienen sie nichts Soldatisches an sich zu haben.

Bolitho hatte sie beobachtet, wie sie auf dem Geschützdeck herumlümmelten, ihre verschiedenen Waffen reinigten oder träge und mit belustigter Geringschätzung die arbeitenden Seeleute bespöttelten.

Foley schien seine Gedanken zu lesen.»Sie sind gute Soldaten, Kapitän. Sehr erfahren in dieser Art der Kriegführung.»

«Ich dachte, daß Sie ähnliche Unterstützung auch hier im Lande hätten finden können, Sir.»

Foley betrachtete ihn kalt.»Ein Amerikaner ist ein Amerikaner. Ich möchte mich lieber auf keinen von ihnen verlassen müssen, wenn ich andere Leute bekommen kann.»

«Dann scheint es wenig sinnvoll zu sein, den Krieg fortzusetzen, Sir!»

Zum ersten Mal lächelte Foley.»Was ich brauche, ist unbedingtes Vertrauen zu meinen Männern. Idealisten brauche ich nicht.»

Stockdale öffnete die Tür und fragte mit seiner heiseren Stimme:»Sind Sie bereit für die Offiziere, Sir? Gerade hat es acht Glasen geläutet.»

«Ja.»

Bolitho zerrte an seiner Halsbinde. Er ärgerte sich, daß Foleys Hochmut ihn so leicht aufbrachte.

Fitch eilte in die Kajüte und zündete zwei Lampen an, denn trotz der frühen Abendstunde wurde es bereits dämmrig. Der Himmel war ungewöhnlich stark bedeckt, der Wind schralte nach Westen und brachte einen Geruch nach Regen mit. Auch war es heiß und stickig, und als sich die Offiziere in die enge Kajüte gedrängt hatten, war es fast unerträglich.

Bolitho wartete, und als eine kleine Verzögerung eintrat, hörte er wieder das leise Tappen von Foleys Stiefel. Aus der Messe wurden Stühle hereingebracht, und mit unbeholfenem Schieben und Schlurfen fand endlich jeder seinen Platz.

Dann begann Bolitho:»Wir werden, sobald die Besprechung zu Ende ist, Anker aufgehen. Mr. Tyrell, ist alles vorbereitet?»

Tyrells Augen waren auf den Oberst geheftet.»Aye, Sir.»

«Mr. Buckle?»

«Alles klar, Sir.»

Bolitho blickte auf die sorgfältig abgefaßten Einsatzbefehle. Er erinnerte sich an die Überraschung Tyrells, als er vom Admiral zurückkehrte.

«Aber wir hatten noch keine Zeit, Wasser zu übernehmen, Sir«, war er herausgeplatzt.

Der Admiral hatte hinsichtlich der Geheimhaltung zu seinen Worten gestanden. Er erlaubte den Booten der Sparrow nicht, an Land zu fahren, was sie auch immer als Grund angaben.

Ein Glück, daß er nichts davon erfahren hatte, daß Lock sich von einem vorbeifahrenden Leichter an Land hatte bringen lassen.

Genauso heimlich war er wieder mit einigen großen Fässern voll Zitronen und einem ungewöhnlich bekümmerten Gesicht zurückgekehrt. Er hatte in der Eile keinen besonders günstigen Preis aushandeln können.

«Wir werden auf Südkurs segeln und in die Delaware-Bucht einlaufen«, sagte Bolitho.»Dort werden wir mit der Armee zusammenarbeiten und an Bord der Sparrow.»

Foley unterbrach ihn lässig:»Ich denke, das genügt für den Augenblick, Kapitän. «Ohne Bolitho anzuschauen, fügte er noch hinzu:»Also, meine Herren, es ist Ihre Pflicht, dafür zu sorgen, daß dieses Schiff zur rechten Zeit den rechten Ort erreicht und kampfbereit ist, falls es zur Durchführung dieser Mission notwendig werden sollte.»

Die Seeoffiziere drehten sich auf ihren Stühlen, und Bolitho bemerkte, daß ihn die beiden Fähnriche überrascht anstarrten. Foleys deutlich sichtbarer Oberbefehl mußte ihnen sonderbar vorkommen.

«Ein übles Stückchen Küste dort unten, Sir«, murmelte Buckle.»Eine Menge Untiefen und Sandbänke. «Er saugte die Luft geräuschvoll zwischen den Zähnen ein.»Schlimm.»

Foley blickte Bolitho an. In seinen tiefliegenden Augen zeigte sich Verärgerung.»Wir sind doch wohl nicht hier zusammengekommen, um die Fähigkeiten Ihrer Offiziere zu erörtern, oder?»

Bolitho erwiderte den Blick des Obersten. Er war plötzlich sehr ruhig.»Gewiß nicht, Sir, ich verbürge mich für meine Leute. «Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort:»Ebenso bin ich sicher, daß Sie sich für Ihre Leute verbürgen, wenn es an der Zeit ist.»

Während des peinlichen Schweigens hörte Bolitho Tilbys rauhe Stimme über das Deck dröhnen. Er hatte einen Pechvogel beim Faulenzen erwischt. Wieder hatte er einen schlechten Anfang gemacht, aber er fühlte keine Reue.

Foley nickte langsam.»Wir werden sehen.»

«Darf ich sprechen, Sir?«fragte Graves.

Bolitho nickte.

«Warum kann nicht ein Schiff des Küstengeschwaders diese Mission übernehmen, Sir?»

Foley erhob sich. Er beugte seinen Kopf zwischen die Decksbalken.»Weil Ihr Schiff für dieses Unternehmen geeignet ist, Leutnant. Aber ganz gewiß nicht, weil wir von Ihnen besondere Fähigkeiten erhoffen.»

Bolitho betrachtete die Gesichter seiner Offiziere. Verstimmung, Überraschung, Verletztsein, all das war deutlich in ihnen zu lesen.

«Fangen wir an, meine Herren«, sagte er langsam.»Befehlen Sie in zehn Minuten alle Mann auf ihre Stationen.»

Nachdem sich die Offiziere zur Tür hinausgedrängt hatten, wandte er sich an Foley.»Sie haben gesagt, es sei meine Pflicht, Ihnen als Truppentransporteur zur Verfügung zu stehen. Wie ich das tue, bleibt meiner Verantwortung überlassen, und ich bin nicht verpflichtet, still zu sein, wenn Sie meine Offiziere beleidigen.»

Da der Oberst nicht antwortete, fuhr er fort:»Diese Männer waren maßgeblich daran beteiligt, zwei von der Armee dringend erwartete Nachschubschiffe in Sicherheit zu bringen. Sie kämpften und versenkten einen Freibeuter und halfen mit, ein anderes, viel stärkeres Schiff zu vertreiben.»

«Wofür Sie zweifellos den Ruhm einheimsen, ja?»

Bolitho beherrschte sich mühsam. Seine Stimme klang dunkel vor Zorn.»Danke, Herr Oberst. Ich zweifle nicht, daß Sie hofften, ich würde das vor den anderen gesagt haben, nur damit Sie solch einen Vorwurf aussprechen konnten. «Er griff nach seinem Hut.»Wenn ich gewußt hätte, daß die Armee Philadelphia schon geräumt hat, so hätte ich mir die Zeit genommen, das Kaperschiff zu zerstören, und wäre nicht mit den lästigen Transportern davongesegelt.»

Foley lächelte.»Gut gesprochen, Kapitän. Mir gefällt ein Mann, der noch Gefühle zeigt.»

Bolitho polterte aus der Kajüte und schritt blindwütig zum Niedergang. Aus der Art und Weise, wie einige Seeleute seinen Blick mieden, und aus der gespannten Wachsamkeit, mit der der junge Bethune das Flaggschiff beobachtete, konnte er leicht erraten, daß sie alle seinen Zorn bemerkten.

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