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Die Marssegel flatterten wie verrückt, die Rahen bogen sich im Widerstreit zwischen den Brassen und der geblähten Leinwand; es war ein Bild der Verwirrung, als die Sparrow sich träge auf die Seite legte. Die See brauste über die Back. Männer fielen fluchend und strampelnd um, einige wurden sogar wie Leichen in die Speigatten gewaschen.

Majendie klammerte sich an die Wanten, sein Zeichenblock war schon ganz durchtränkt, seine Augen starrten fasziniert auf das wilde Wendemanöver der Korvette.

Über dem Hexenkessel erhob sich Tyrells Stimme wie eine Trompete.»An die Brassen! Holt dicht! Bootsmann, heute werden wir's ihnen zeigen!»

Bolitho versuchte, der Qual seines Schiffes nicht zuzuschauen, sondern konzentrierte sich statt dessen auf die Fregatte. Als die Sparrow herumschwang und auf ihrem neuen Kurs das Wasser pflügte — die nassen Segel drückten sie so hinunter, daß die Laufplanken in Lee überspült wurden —, sah er die Topmasten des Feindes jetzt plötzlich an Steuerbord auftauchen. Kaum eine Meile Zwischenraum, aber die Wende hatte den gewünschten Erfolg gehabt. Anstatt in aller Ruhe auf der Backbordseite der Sparrow näherzukommen, lag sie nun auf entgegengesetztem Bug und einem gefährlich konvergierenden Kurs.

«Steuerbordgeschütz!«Bolitho mußte seinen Befehl wiederholen, ehe der junge Fowler ihn hörte und nach vorne hastete, um Graves zu finden.

Er schrie Tyrell zu:»Wir müssen sie glauben machen, daß wir kämpfen wollen!»

Von vorne hörte er schwach das Quietschen der Taljen, als die Geschützmannschaft den Zweiunddreißigpfünder zu seiner Pforte holte. Es würde nicht leicht für sie sein, da das Schiff sehr krängte.»Feuer!»

Rauch stieg über dem Vorschiff auf, als das Buggeschütz seine Drohung an den Feind hinausbrüllte.

Niemand hörte einen Aufschlag, und bei einem solchen Winkel war es auch wahrscheinlich, daß die Kugel über das Schiff hinausgeflogen war.

Bolitho fühlte, wie sich seine Lippen zu einem Grinsen verzogen. Die feindliche Fock wurde eingeholt, die Bramsegel verschwanden wie durch Geisterhand, als man drüben die Segel reffte, um mit der vorwitzigen Sparrow zu kämpfen.

«Feuer!»

Das Geschütz spie die schwere Kugel in die Verwirrung von See und treibendem Schaum.

Bolitho blickte Buckle an.»Feuer einstellen!«Er ging hinüber zur Reling und berührte Tyrells Arm.»Lassen Sie das Focksegel setzen! Toppsgasten aufentern und die Topsegel losmachen! Wir müssen jetzt klug handeln!»

Als das große Focksegel schlug und sich dann im Wind blähte, fühlte Bolitho, wie der Rumpf sich darauf einstellte und dem Druck standhielt. Über dem Deck waren die Toppsgasten damit beschäftigt, die Bramsegel loszumachen, so daß der Großmast bald aussah wie ein im Sturm gebeugter Baum.

Als sich Bolitho wieder zu der französischen Fregatte umdrehte, sah er, daß sein Plan gelungen war. Sie versuchte, ihr Focksegel wieder zu setzen, aber die Verzögerung, um ihre Breitseite zu zeigen, war sie teuer zu stehen gekommen. Sie pflügte ungefähr drei Kabellängen entfernt achtern von der Sparrow durch die See.

Wenn sie wieder Kontrolle über ihre Segel und den Kurs haben würde, mußte sie weit abgefallen sein. Sparrows plötzliches Manöver hatte ihr außerdem einen Windnachteil gebracht.

Die Breitseite der Fregatte spuckte noch eine Reihe Blitze aus, Kugeln schlugen in der Nähe ein, obwohl es wegen der starken Schaumkronen schwierig war, sie von Gischt zu unterscheiden. Oben zischte eine Kugel durch die Masten, und ein Seemann fiel vom Großmast, schlug längsseits ins Wasser, ohne wieder hochzukommen.

Majendie sagte heiser:»Der arme Kerl! Gott sei seiner Seele gnädig!»

Bolitho nickte.»Aye. Das war Pech.»

Er starrte zum Geschützdeck, wo seine Männer wie die Teufel arbeiteten, um die Rahen wieder zu trimmen und die Fallen zu sichern, die vom Dunst verzogen waren. Kaum einer von ihnen hatte aufgesehen, als der Mann fiel. Vielleicht würden sie später trauern. Aber vielleicht waren sie auch wie er dankbar, daß die Sparrow auf ihre Anstrengungen reagiert hatte, nicht widerstanden hatte, als sie sie in den Wind brachten und dadurch riskierten, daß sie entmastet wurde und verstümmelt als leichte Beute vor den Geschützen des Feindes lag.

«Steuern Sie genau Süd, Mr. Buckle. Wir wollen erst Raum gewinnen, bevor wir versuchen, zu halsen.»

Buckle blickte zurück. Die Fregatte holte auf, aber ihrem ursprünglichen Angriff war die Spitze genommen.

«Da fährt er, Gott lasse ihn verfaulen!«Buckle grinste seinen Rudergängern zu.»Er hat wohl gedacht, wir ergeben uns kampflos?»

Majendie beobachtete Bolithos angestrengtes Gesicht.»Viele hätten es getan, Kapitän. Sogar eine Landratte wie ich weiß, daß Sie in der viel schlechteren Position waren.»

Bolitho zwang sich zu einem Lächeln.»Aber wir haben nicht gekämpft, mein Freund. «Er schaute kurz zurück.»Diesmal nicht. «Er verscheuchte das Bild des stürzenden Toppsgasten aus seinen Gedanken. Hoffentlich war er sofort tot gewesen. Denn zu sehen, wie sein Schiff ohne ihn weitersegelte, hätte seine letzten Augenblicke zu einer noch größeren Qual gemacht als der Tod selbst.

«Holen Sie jetzt Mr. Graves und die Ausguckleute. Wir wollen alle unsere Informationen zusammentragen. «Er packte Majendies Arm, als ein Ruck beim Eintauchen in ein großes Wellental ihn fast die Achterdecksleiter hinuntergeschleudert hätte.»Ruhig bleiben! Ich möchte, daß Sie für den Admiral noch ein paar Zeichnungen machen. Dies scheint zur Zeit modern zu sein.»

Als Bolitho schließlich mit dem Kurs und der Segelstellung der Sparrow zufrieden war, ging er nach hinten und hielt nach Land Ausschau. Aber es war nichts zu sehen; er nahm an, daß Regen das Festland und die Fregatte verbarg, die sie fast in einer Falle gefangen hätte.

Er streifte sein Hemd ab und rieb sich Nacken und Brust damit trocken. Majendie beobachtete ihn und äugte traurig auf seinen durchweichten Block. Dies, dachte er, wäre die beste Skizze von allen geworden.

Bolitho las nochmals sorgfältig seinen Bericht und steckte ihn dann in einen Umschlag. Stockdale stand neben dem Tisch mit Kerze und Wachs zum Siegeln, nun, da es nichts mehr hinzuzufügen gab.

Bolitho lehnte sich zurück und streckte die Arme. Zwei ganze Tage lang hatten sie sich nach Südwesten gekämpft, hatten das Land aus der Sicht verloren, nur darauf aus, den Wind auszunützen. Sie kreuzten stundenlang, um in Wirklichkeit nur ein paar Meilen vorwärtszukommen. Es war für alle harte Arbeit gewesen, aber jetzt konnte die Sparrow Kurs auf das Festland nehmen. Wenn sie Glück hatten, konnten sie morgen in Sandy Hook vor Anker gehen. Er schaute auf das offene Logbuch und lächelte. Es war ernüchternd, sich klarzumachen, daß er in der Zeit, die er gebraucht hatte, sein Schiff hätte über den Atlantik segeln können.

«Soll ich jetzt versiegeln, Sir?«Stockdale betrachtete ihn geduldig.

Er schloß die Augen und rief sich die Aussagen ins Gedächtnis zurück, die er von Graves und den Toppsgasten erhalten hatte. Sie unterschieden sich in kleinen Einzelheiten, aber eines stand fest: Es war mehr als wahrscheinlich, daß ein Angriff der Franzosen und Amerikaner auf New York zu erwarten war, und zwar bald. Die Tatsache, daß das schlechte Wetter seine rasche Rückkehr verzögert hatte, befriedigte ihn, da es den Feind ebenso behindern würde.

«Wahrschau an Deck! Segel in Luv!»

Bolitho stieß Stockdales Kerze beiseite.»Später. «Dann eilte er aus der Kajüte.

Da die Sparrow den Wind ausnützen mußte, waren sie zu weit nach Südwesten abgetrieben worden. Jetzt, da der Wind endlich günstig stand, zeigte der Kompaß Nordwest zu Nord; Sandy Hook lag ungefähr neunzig Meilen voraus. Der Nachmittag war heiß, aber klar, und sogar von Deck aus konnte man die kleine Leinwandpyramide sehen, die anzeigte, daß das andere Schiff auf konvergierendem Kurs war.

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