Den 5. Novemberis war der Hoffrath Nasczokyn in Brunows Hoffe, 5 Meilen von dem russischen Quartier, bey dem Feldmarechal Duklas wegen einer wichtigen Sachen, wie er vermeinte, zu conferiren. Der H. Feldmarechal beschwerte sich im Anfang höchlich, daß ihm Nasczokyn gethaner Zusage nach seinen Sohn Woin nacher Churland mit etzlichen 1.000 Mann gegen die Polen nicht zu Hülffe geschikt hätte. Dem Nasczokyn fehlete es auch nicht an allerhand Excusen und Ausreden. Jedoch offerirte er endlich, zum Recompence dieser verfehlten Zusage ein solches Remidium zu erfinden, daß nicht allein er, der Feldmarechal, sondern auch Ihro Königliche Maytt. und die gantze Cron Schweden solches von Ihro Czar. Maytt. vor eine grosse Freündschafft und guten Affect zum Frieden würde zu erkennen haben. Der Feldmarechal, als welcher gerne den Inhalt dieser so treuen Verheissung wissen und vernehmen wolte, fragte mit Fleiß nach der Materie dessen, aber der Nasczokyn complimentirte so lange von der Würde dieser guten Meynung, daß auch der Feldmarechal bewegt ward, (68v) den rechten Grund, was es denn wäre, zu erforschen. Nasczokyn gab zur Anwort, daß Ihro Czar. Maytt., sein gnädigster Tzaar und grosser Herr, wegen einer gutten Vetreuligkeit, die sie inskünfftige mit Ihro Königlichen Maytt. und der Cron Schweden zu pflegen sich gäntzlich vorgenommen hätte, anitzo dieses Freündstük zu beweisen geneigt wäre, nemlich, weilen die Cron Schweden, itzo von vielen grossen und mächtigen Feinden umbgeben, der littauschen Armee in Churland keinen völligen Wiederstand zu thun capabel wäre, als wolten Ihro Czar. Maytt. alle lieffländische Festungen, Riga, Revel, Narve etc. mit ihren russischen Soldaten, aufs stärkste es von Nöthen wäre, auff eine zeitlang besetzen, damit der H. Feldmarechal unterdessen alle schwedische Völker aus den Garnisonen, seine Armee zu verstärken, versamlen und also nach Churland wieder die Litth[auischen] rüken möchte. Daß auch unterdessen von pol. Völkern kein feindlicher Einfall in Lieffland hinein geschehe, wolte er, Nasczokyn, eine gute Armee auff der Düne fertig halten und der lieffländischen Gräntze wahrnehmen, damit der Feldmarechal desto sicherer seine Sachen in Churland mit den Litthauern angreiffen und vollenführen könte. (69r) Wie hoch nun auch diese Proposition hervor gestrichen war, nichts destoweniger ward gar politisch dieselbe von dem Feldmarechal beantwortet, daß er auch zuletzt selbst etwas hönisch lachte, da er vor den offerirten gutten Willen dankte, bezeügend, daß Ihro Königliche Maytt. und die Cron Schweden capable genug wären, ihren Feinden, wie mächtig sie auch schienen, Wiederstand zu thun. Zu dem sich der Nasczokyn nicht einbilden solte, ob wäre er mit seiner Armee den Litth[auischen] nicht genug gewachsen, daß er aber anitzo sich etwas zu erholen in Lieffland hineingerüket wäre, solte nicht der pol. Tapfferkeit und grossen Macht, viel weniger einiger der Schweden wiedriger Fortun, sondern einig und allein der Beschaffenheit der Zeit, die solches inskünfftige, den Krieg mit besserer Raison fortzusetzen, erfordert hätte, zugemessen werden. Schamroth sprach er endlich über dieser freündlichen Proposition werden, wenn er nachsinnet und betrachtet, wie gar schimpfflich es Ihro Königliche Maytt. als einen so tapfferen und nichts mehreres als einen unsterblichen Ruhm suchenden Herren, auch der von alters her unüberwindlicher Cron Schweden wäre, wenn dero Festungen ohne einige Noth bey favorabler Fortun mit fremb(69v)der Guarnison solten besetzet werden. Demnach verehrte der Nasczokyn dem Feldmarechal ein schönes Zimmer Zobeln a 400 Rthl., ihn damit zu mitigiren, die der Feldmarechal zu hohen Dank annahm, aber sich dennoch von dieser Sache ferner zu reden resolvirte, sondern lies alsobald die Thür von der Cammer auffmachen und rieff seine Officier zu sich hinein. Nachdem ihm nun vollauff auffgetragen war, fing er an, den Nasczokyn zu tractiren und ließ Pauken, Trompeten und Trommeln, unterschiedliche Gesundheiten trinkend, dergestalt rühren, daß der Hoffrath Nasczokyn von grossem Thon und Klang von seinen Discursen ablassen, und weil er selbst nichts trinken wolte, stund er endlich auff und nahm mit grossen Complimenten (die von beyden Seiten lange daher flossen, aber vor dem unauffhörlichen Klang der Trompeten wenig gehöret und vernommen wurden) seinen Abschied.
Den 12. Novemberis war die 6te Zusammenkunfft. Die Russ. declarirten aufs eüsserste, bey den alten Tewsinschen Pacten zu verbleiben. Die schwedischen Commiss. aber wolten von keinen andern als den Stolbowischen Content (welchen sie nimmermehr gebrochen, sondern auch noch itzo fest und unverbrechlich hielten) (70r) wißen, weilen aber selbige von russischer Seite violiret, als wolte gebühren, die Unkosten, welche der Cron Schweden darab entstanden wären, zu zahlen, diese nun wolten sie wegen eines guten und treülichen Friedens ihnen vor diesmahl schenken, aber immermehr den Tewsinschen Schluß verändert haben in den Stolbowischen, weilen der Tewsinsche durch den Stolbowschen gäntzlich abgethan wäre.
Den 16. Novemberis war die siebende Zusammenkunfft und ward gehandelt, daß das Walliasarische Armistitium möchte in seiner Fülle behalten und die Gräntzscheidung gnüge selbigem fortgesetzet werden.
Den 18. Novemberis war die achte Zusammenkunfft. Die schwedischen erklährten sich, bey dem Walliasarischen Stillstandes Schluß zu verbleiben und mit den Ratificationen nach Moskow zu reysen, begehrten auch, daß die Russ. mit Ihro Czar. Maytt. Ratification zu Ihro Königlichen Maytt. nach Stokholm zu gehen sich declariren möchten, aber es ward nach vielen Controversien vor diesmahl nicht angenommen.
Den 21. Novemberis war die 9te Conferentz und ward nach vielen Streitigkeiten beschlossen, daß der Waliasarische Stillstands Schluß bey seinem Esse und völligem Vigeur verbleiben, (70v) auch die Grentzscheidung künftigen Sommer vorgenommen, unmittelst aber von beyden Theilen darnach getrachtet werden solte, daß je ehe, je lieber Commissarien auff der Grentze, einen ewigen Frieden zu suchen, zusammentreten und das christliche Werk vollenführen möchten.
Den 23. Novemberis war die 10te und letzte Conferentz und ward alles, was vor 2 Tagen in der 9ten Conferentz abgehandelt wahr, schrifftlich verfaßet und unter beyderseits Commissarien Hand und Siegel gewechselt. Nach Verrichtung dieses schieden sie in gutter Freündschafft voneinander.
Den 19. Decemberis ist der Diak Gregorey Bogdanow mit Ihro Czar. Maytt. Brieffe zu Ihro Königlichen Maytt. in Schweden nach Stokholm abgereyset, anzukündigen, wie Ihro Czar. Maytt. bewilligten, daß beyderseits Commissarien wegen Stiefftung des ewigen Friedens abermahl zusammenkommen möchten, auch die russischen alsobald von Moskow wieder auffbrechen und sich nach Derpt in Lieffland, der Commission beyzuwohnen, begeben wurden.
(71r) Supplement des 1659ten Jahres
Des russischen Hoffraths und Gouverneurs der lieffländischen occupierten Städte Afonasey Laurientewitz Ordin Nasczokin Sohn, der Stolnik Woin Nasczokin, welchem von dem Vater unterdessen, als er wegen wichtiger Reichssachen nach Moskow zu Ihro Czar. Maytt. verreisen muste, die Commende und das Gouvernement in Lieffland vertrauet ward, marchirte mit etzliche 1.000 Mann zu Pferde und zu Fuß über die Dühn nach Littauen in das Upitische Gebüth hinein, eroberte Swiadosch und ward allda von dem General Komorowskij belageret, endlich aber durch den Vater, der schon aus Moskow nach Kokenhausen arriviret war, secundiret und befreyet. Dieser Hoffrath Nasczokin ließ hernach aus purem lautern Neid diesen seinen Sohn, der ein feiner, wohlqualificirter, geschikter Mensch und sein einiger Sohn war, unbarmhertziger Weise knuten oder peitschen, bald zu Tode geisseln, vorgebend, alß daß der Sohn ohne Ihro Czar. Maytt. Befehl und seinen, des Vaters, Willen und Commando mit der Partey über der Dühne gegangen wäre und viel Volks (welches sonsten bey ihnen nicht so genau genommen wird, weilen es die (71v) Woywoden zu ihrem Besten recht wohl für Ihren Herren und Czaaren zu bemänteln wissen) verlohren hätte, von welchen unleidlichen Schmertzen der gutte junge Held über 4 Monate zu Bette liegen und die von den Knochen gantz abgepeitschte Hauf wieder heilen lassen muste.