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Sie musste noch ein Jahr in Kiew arbeiten, wenn sie ihr Studium nicht abbrechen wollte. Ihr war es wichtig, die Universität abzuschließen. Natalja sollte ihr Diplom in diesem Jahr erhalten, Stella erst im nächsten.

„Was jetzt? Denk gefälligst!“, befahl Stella, die konservative Strategin, sich selbst.

Hurr!

Der Erhalt ihres Diploms war ein großes Ereignis in Nataljas Leben. Endlich hatte sie sich aus dem Netz dieses verdammten Studiums befreit, dem sie sowieso nur flüchtig nachgegangen war, weil eine ganz andere Tätigkeit sie voll auslastete. „Diese fünf Jahre waren eine reine Hölle! Ein Rattenrennen!“ Selbst ein Hamster in seinem Laufrad war nicht so müde, körperlich und psychisch, wie Natalja. Gott sei Dank hatte sie immerhin keine Geldprobleme! Das war die Hauptsache.

Sie weinte und lachte gleichzeitig. Offenbar hatte das Amphetamin ihre Nerven endgültig zerstört. Sie wurde aggressiver und schrie unwillkürlich Menschen an.

Das fiel ihr selbst auf und sie hatte Angst davor, durchzudrehen. Um sich zu beruhigen, ging sie zu den zwei hübschen Jungs, mit denen sie gleichzeitig und völlig gratis schlief. Für die Seele.

Die Jungs hatten immer Ecstasy dabei. Sie pumpten Natalja damit voll und fickten sie dann in alle ihre Löcher. Danach fuhr sie weiter feiern, zog von einem Klub zum anderen, soff sich total zu und fiel von Barhockern. Das war ihre Spezialität. Es passierte gewöhnlich dann, wenn sie stockbetrunken am Tresen saß und versuchte, abgestützt auf ihren nicht mehr kippsicheren Ellenbogen, anständig auszusehen. Krabummm!

Sie krabbelte zurück, klammerte sich an die dünne Querstange des Barhockers und zog sich wie eine Stripperin hinauf. Ein hartes Stück Akrobatik. Aufgerüttelt von ihrem Sturz, wurde Natalja etwas nüchterner, zog sich aus, verscheuchte die Stripperinnen von der Stange und tanzte nackt. Dann kroch sie nach Hause, mit Männern, die sie immer wieder bestahlen, aber sie wusste nicht einmal deren Namen. Am Morgen rief sie Stella an und beschwerte sich über die zwei Jungs, bei denen sie am Abend zuvor gewesen war und die beim Rundfunk arbeiteten. Stella rief ihrerseits die Jungs an und hörte jedes Mal neue blamable Abenteuer ihrer Freundin in respektablen Etablissements. Die Freunde hatten einfach keine andere Wahl, als sie stockbesoffen und unter Drogen zurückzulassen und wegzugehen.

„Ach, bist du mal wieder beraubt worden? Und weißt nicht von wem? Bist du sicher, dass du dir noch kein AIDS geholt hast? Das würde mich wundern!“

„Verpiss dich, Stella! Den Pips sollst du kriegen! Ich habe immer Kondome dabei. Oh! Ich habe Bier im Kühlschrank gefunden. Komm rüber, wir trinken eins!“

„Bin schon unterwegs.“

Wenn sie an die verrückte Natalja dachte, kam sie zu dem Schluss, dass sie wahrscheinlich nicht von nur einem Mann beraubt worden war. Vielleicht waren es eher fünf oder sechs im Laufe der Nacht gewesen. Diese Dame war verwöhnt und auf Drogen völlig inadäquat.

„Hallo!“

„Oh! Stella, komm rein. Schau mal, wie leer es jetzt bei mir ist. Wenigstens die Möbel haben sie stehenlassen, diese Arschlöcher! Aber die Gläser, die du mir geschenkt hast, haben sie geklaut.“

„Ja, ich weiß noch, diese Gläser habe ich dir nach dem vorigen Raub geschenkt“, sagte Stella sarkastisch, als sie die Tränen im Nataljas Gesicht bemerkte.

„Du bist fies, Stella! Du hast nichts, was geklaut werden könnte, und darum machst du dich über mich lustig! Meine Wohnung ist gut ausgestattet, ich habe alles.“

„Ich sehe nur jede Menge Kram. So viel könnte kein Dieb mitnehmen! Deine Wohnung ist der reinste Flohmarkt!“

„Und du, Stella, wenn du betrunken bist, verschenkst du alles. Du bist schon mehr als einmal in einer leeren Wohnung aufgewacht.“

„So werde ich jedenfalls nicht ausgeraubt.“

Die Mädchen lachten.

„Ich habe dir doch den Rat gegeben, die Wertsachen entweder bei der Bank zu deponieren oder zu mir zu bringen. Fremde Sachen verschenke ich nicht.“

„Wer weiß!“

Natalja hatte nicht so viel Vertrauen in Stella. Und noch weniger in alle anderen auf diesem Planeten. In ihrem Leben gab es keinen Platz für einen solchen Menschen. Sie war kleinlich und krämerhaft. Sie versteckte all ihre Ersparnisse in Socken und Wänden. Während ihre Nachbarn bei der Arbeit waren, bohrte Natalja eigenhändig mit dem Schlagbohrer die Löcher in die Wände und gab das als Renovierung aus. Bevor sie anfing, beobachtete sie genau und verfolgte mit unverwandtem Blick jeden, der aus dem Haus ging. Dann klingelte sie der Reihen nach an allen Türen in der Nachbarschaft, um zu überprüfen, ob die Nachbarn wirklich ihre Wohnungen verlassen hatten.

Eine Wendung im Leben der Gaunerinnen

Eines Abends chattete Stella mit Schenka Kosonoschkin, einem ihrer Klassenkameraden aus Lugansk. Zu ihrem großen Erstaunen stellte sich heraus, dass der unverbesserliche Fünfenschreiber und Chaot bei einem führenden Lebensmittelgroßhändler arbeitete. Zu allem Überfluss leitete er die Vertriebsabteilung.

„Kosa, wie hast du das geschafft? Ich kann es gar nicht glauben! Wenn mir jemand gesagt hätte, dass du im Knast sitzt, würde mich das weniger wundern! Und jetzt so was! Direktor Kosa! Ahahaha!“

„Sehr witzig, Stella! Du warst schon immer originell in deinen Äußerungen!“

„Danke für das Kompliment. Aber jetzt mal im Ernst, wie bist du da hingekommen? Raus mit der Sprache!“

„Ein Dekan an einer Privatuniversität in Lugansk hat mir ein Diplom für zweitausend Dollar verkauft. Er hat mir versichert, das Diplom sei echt und entspreche den Standards. Ich ließ mir ein bisschen Privatunterricht geben, lernte zum Thema alles, was nötig war, und voilà Mademoiselle! Ich bin jetzt nicht mehr der Kosa, mit dem du geschwänzt und hinter der Schule eine geraucht hast! Ich bin jetzt Evgeni Wladimirowitsch.“

„Hahaha! Du hast mich zum Lachen gebracht! Aber das war natürlich ein genialer Gedanke! Sehr gut! Ich freue mich für dich. Aber für mich bleibst du Kosa wie früher. Ahahaha!“

„Abgemacht, Stella Flinkfinger!“

„Schreib mir, vergiss das nicht!“

„Tschüss.“

Stella verarbeitete diese Informationen und begann, einen genialen Plan zu schmieden. Ihre Gedanken waren auf ein einziges fernes Ziel ausgerichtet – die Welt der Zasterhasen.

Außerdem hatte sie bereits eine gewisse Erfahrung beim Kauf von Dokumenten. Ihren Führerschein kaufte sie bei der Staatlichen Verkehrsinspektion der Stadt Cherson durch Beziehungen. Dabei hatte sie diese Stadt nie besucht.

Sie rief Natalja an und erzählte ihr von ihrer genialen Idee, mit der ihrer Meinung nach ein neuer Lebensabschnitt beginnen würde, in dem kein Platz für Habenichtse vorgesehen war.

Der Kern der „Geschäftsidee“ bestand darin, zwei Hochschuldiplome in Rechtswissenschaften zu kaufen und ein Notariat zu gründen. Dort sollten dann Mitarbeiter mit einer echten juristischen Ausbildung angestellt werden, deren Aufgabe es wäre, sich direkt mit den Dokumenten zu befassen.

„Und wir werden klug dreinschauen und den Stempel daruntersetzen. Wie findest du die Idee, Freundin?“

„Stella! Was hast du für einen klugen Kopf! Ich bin schockiert!“

„Ja. Daran ist nichts auszusetzen!“

„Das wird uns ein Haufen Geld bringen!“

„Aber es gibt ein Problem! Um die Berechtigung zur Benutzung eines Notarsiegels zu erhalten, muss man mindestens zwei Jahre Arbeitserfahrung in einem Notariat haben.“

„Puh, Stella, da hast du mich beinahe erschreckt! Ich dachte, es gäbe ein echtes Problem! Wir brauchen doch bloß einen kleinen Notar in irgendeinem Dorf zu ficken, damit er uns die erforderliche Berufserfahrung bestätigt.“

„Hahaha! Daran habe ich gar nicht gedacht.“

„Dann legen wir los?“

„Ich bin bereit!“

Natalja war entzückt. Sie stellte sich vor, wie sie in einem strengen Kostüm aussehen würde, wohl ähnlich wie Stella: ein eiskaltes, unnahbares Luder von unwiderstehlicher Schönheit. Wenn es aber einer wagte, sie zu berühren, wurde er um sein gesamtes Vermögen gebracht und ihm die Schuld dafür gegeben. Die Genialität ihrer Kollegin verärgerte sie ein wenig.

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