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Nun fuhr er Belinda an:»Sie ist ebensowenig eine Schuldnerin wie du, und du wußtest das, als du den Plan mit Somervell ausgeheckt hast. Ich hoffe nur, daß er so schnell mit der Klinge ist wie mit der Pistole, denn wenn ich ihn zu fassen kriege.»

Sie griff sich an die Kehle.»So habe ich dich ja noch nie gesehen!»

«Das wirst du auch nie wieder!»

«Ich habe es für uns getan, Richard. Für das, was wir waren und wieder sein könnten.»

Bolithos Herz klopfte. Er war nahe daran gewesen, sie zu schlagen. Catherine hatte ihm in der Kutsche in abgerissenen Sätzen alles erzählt, während der Regen gegen die Scheiben klatschte.

Sie hatte Somervell den größten Teil ihres eigenen Vermögens geliehen, als sie heirateten, denn er mußte wegen hoher Spielschulden um sein Leben fürchten. Aber er hatte Freunde bei Hofe, den König eingeschlossen, und ein Regierungsamt rettete ihn noch einmal.

Er hatte jedoch einen Teil ihres Geldes absichtlich unter ihrem Namen investiert und sie die Folgen tragen lassen, als sich diese Anlage als Fehlspekulation erwies. Das hatte Somervell auch Belinda erklärt. Bolitho schwindelte der Kopf, als er sich vorstellte, daß dieser Plan beinahe gelungen wäre. Wenn er in Belindas Haus eingezogen wäre und man ihn auf Admiral Godschales Empfang gesehen hätte, wäre Catherine von seiner

Versöhnung mit Belinda berichtet worden: eine brutale und endgültige Verabschiedung für sie.

Somervell hatte das Land verlassen, soviel stand fest. Bei seiner Rückkehr hätte er Catherine halb verrückt vorgefunden oder sogar tot. Denn wie ein Seevogel hätte sie sich niemals in einen Käfig zwängen lassen.

Bolitho nahm den Faden wieder auf.»Für uns? Das hast du ebenfalls vernichtet. Denk daran, was du mir mehr als einmal ins Gesicht gesagt hast: Auch wenn du so aussähest wie Cheney, bedeute das noch lange nicht, daß du irgendetwas mit ihr gemein hättest. Das war das einzig Wahre, was du jemals sagtest.»

Er sah sich im Zimmer um.

«Behalte dieses Haus, Belinda, unter allen Umständen. Aber schenke hin und wieder auch einen Gedanken denen, die kämpfen und sterben, damit du besser genießen kannst, was jene niemals kennenlernen.»

Sie trat zurück, als er die Tür aufriß. Er glaubte einen Schatten hinter der Treppe verschwinden zu sehen. Die Dienstboten hatten etwas zum Klatschen aufgeschnappt.

«Das wird dich ruinieren!«schrie sie.

Sie rang nach Atem, als er auf sie zuging. Aber er nahm nur seinen Hut auf.

«Das ist mein Risiko. Eines Tages werde ich es meiner Tochter erklären. «Er sah sie noch einmal an.»Alles, was du nötig hattest, sollte dir von Falmouth geschickt werden. Aber selbst das hast du zurückgewiesen. Also genieße dein neues Leben mit deinen vornehmen Freunden. «Er trat durch die Tür.»Und Gott helfe dir!»

Ungeachtet des Regens, der sein Gesicht kühlte, wanderte er durch die dunklen Straßen. Er mußte zu Fuß gehen, um seine Gedanken zu ordnen. Er würde sich Feinde schaffen, aber das war nichts Neues. Es hatte genug Neider gegeben, die ihm wegen Hugh zu schaden versuchten, ihn durch Adam zu verletzen trachteten.

Wo sollte Catherine bleiben? Nicht in Falmouth, solange er sie nicht selbst hinbringen konnte. Das heißt, falls sie überhaupt dort hin wollte. Würde sie nach diesen Ereignissen seinen Worten einen Doppelsinn beimessen, einen nochmaligen Verrat argwöhnen? Er verwarf diese Gedanken augenblicklich. Catherine war wie die Klinge an seiner Seite, beinahe unzerbrechlich. Aber eben nur beinahe.

Eines schien sicher: Godschale würde bald erfahren, was sich zugetragen hatte, obwohl keiner offen darüber sprechen würde, um nicht als Mitverschwörer zu erscheinen. Er lächelte trübe. Für ihn hieß es wohl sehr bald wieder:»Gibraltar for orders.»

Sein wacher Sinn bemerkte einen Schatten und das Klicken von Metall. In der nächsten Sekunde lag der Degen in seiner Hand, und er rief:»Stehenbleiben!»

Adams Stimme antwortete, sie klang erleichtert.»Ich wollte nur nach dir sehen, Onkel.»

Bolitho steckte die Klinge in die Scheide.

«Ist es vorbei?«fragte sein Neffe.

«Aye, es ist erledigt.»

Adam faßte Tritt und lüftete den Hut, um in den Regen zu starren.»Ich habe das mit Catherine von Allday gehört. Es sieht fast so aus, als ob ich dich nicht einen Augenblick allein lassen sollte.»

Bolitho erwiderte:»Ich kann es selbst noch kaum glauben.»

«Die Menschen ändern sich eben, Onkel.»

«Das glaube ich nicht. «Er beobachtete zwei Infanterieleutnants, die sich unsicheren Fußes in Richtung St. James entfernten.»Die Umstände vielleicht, aber nicht die Menschen.»

Adam wechselte taktvoll das Thema.»Ich habe herausbekommen, wo sich Kapitän Keen aufhält: in Cornwall. Sie regeln dort einige Dinge, die Miss Carwithens verstorbenen Vater betreffen.»

Bolitho nickte. Er hatte schon befürchtet, daß Keen ohne ihn heiraten würde. Eigenartig, daß ihm eine solche Kleinigkeit noch so wichtig sein konnte, nach allem, was hier geschehen war.

«Ich habe ihn durch Boten benachrichtigt.»

Sie schwiegen und lauschten dem Geräusch ihrer Schritte auf dem Pflaster. Wahrscheinlich wußte Keen es schon, wie auch die ganze Flotte. Abstoßend für viele, aber ein willkommener Skandal in den übervölkerten Messedecks.

Im Haus stießen sie auf Allday, der sich einen Krug Ale mit der Haushälterin, Mistress Robbins, teilte. Sie war eine gebürtige Londonerin und hatte trotz ihrer vornehmen Umgebung eine Stimme, die sich wie die einer Straßenhändlerin anhörte. Nun kam sie gleich zur Sache.

«Die Lady liegt im Bett, Sir Richard. «Ihr Blick blieb gelassen.»Ich habe ihr ein Gästezimmer gegeben.»

Bolitho nickte dankbar, er hatte auch das Unausgesprochene verstanden: In diesem Haus würde es keinen Skandal geben, egal wie es nach außen aussehen mochte.

«Ich habe sie erst mal ausgezogen und ordentlich gebadet. Armes Ding! Die Kleider habe ich verbrannt. «Sie öffnete eine rote Faust.»Dies war im Saum eingenäht.»

Zum Vorschein kamen die Ohrringe, die er ihr geschenkt hatte, als sie in London zusammengewesen waren. Bolitho fühlte einen Kloß im Hals.

«Danke, Mrs. Robbins.»

Ihr strenges Gesicht wurde unerwartet weich.»Is' doch selbstverständlich, Sir Richard. Der junge Lord Oliver hat mir oft genug erzählt, wie Sie ihm das Fell gerettet haben. «Sie ging kichernd davon.

Allday und Adam traten ein. Bolitho sagte:»Habt ihr alles mitgehört?»

«Am besten, die Lady bleibt hier«, meinte Allday.»Mama Robbins wird schon alle Mann an Deck rufen, wenn in der Nacht was passiert.»

Bolitho nahm Platz und streckte die Beine von sich. Er hatte seit dem Frühstück nicht eine Krume gegessen, aber ihm war auch jetzt nicht danach. Es war ein knapper Sieg gewesen. Doch die eigentliche Schlacht hatte noch nicht mal angefangen.

Catherine stand an einem hohen Fenster und blickte auf die Straße hinunter. Die Sonne strahlte, aber diese Seite lag noch im Schatten. Einige Leute gingen spazieren, und man hörte schwach die Stimme eines Blumenmädchens, das seine Ware anpries.

Sie sagte leise:»So kann es nicht bleiben.»

Bolitho saß mit gekreuzten Beinen in einem Sessel und sah ihr zu; kaum glaublich, daß es sich um dieselbe Frau handelte, die er der Erniedrigung im Kerker entrissen hatte; für die er alles riskiert hatte, einschließlich eines Kriegsgerichtsverfahrens wegen Nötigung des Gefängnisdirektors.

Er erwiderte:»Wir können nicht hier wohnen. Ich möchte mit dir allein sein. Dich wieder im Arm halten, mit dir reden.»

Sie drehte ihren Kopf so, daß ihr Gesicht im Schatten blieb.»Du machst dir noch Sorgen, Richard, aber das brauchst du nicht. Was meine Liebe zu dir betrifft — die hat nie geschwankt. Warum sollte sie jetzt?»

Langsam schritt sie näher und legte ihm die Hände auf die Schultern. Sie trug ein einfaches grünes Kleid, das die allgegenwärtige Mrs. Robbins am Vortag gekauft hatte.

Bolitho sagte:»Du bist jetzt in Sicherheit. Alles, was du brauchst, und alles, was ich geben kann, gehört dir. «Er sprach weiter, froh, daß sie sein Gesicht nicht sehen konnte.»Es kann Monate dauern, dein Vermögen wiederzuerlangen, das er dir gestohlen hat. Du gabst ihm alles und warst seine Rettung.»

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