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Sie flüsterte:»Nimm mich, Richard. «Und als er zögerte, drängte sie:»Ich weiß, was du befürchtest. Aber ich sage dir, ich tue es nicht aus Mitleid. Es ist Liebe, wie ich sie noch nie für einen anderen Mann empfunden habe.»

Als er das Bändchen aufknüpfte und sie zu entkleiden begann, breitete sie die Arme wie eine Gekreuzigte auf dem Bett aus. Bolitho fühlte sein Blut im Kopf brausen, während er ihre Brüste entblößte.

Er hielt den Atem an.»Wer hat dir das angetan?»

Ihre rechte Schulter war blaugrün verfärbt, eine der schlimmsten Prellungen, die er je gesehen hatte. Aber sie griff nach ihm und zog seinen Mund zu sich herunter. Ihr Atem ging so heftig wie seiner.»Eine Braune Bess tritt eben nach hinten aus wie ein Maulesel«, keuchte sie.

Sie mußte sich mit einer Muskete gegen die Piraten verteidigt haben. So wie sie vorhin fast die Pistole abgefeuert hätte.

Ihr Kuß nahm kein Ende, es war, als wollten sie mit einem Mal alles Versäumte nachholen. Er hörte sie aufstöhnen, als er ihr den Umhang über die Hüften streifte, sah ihre geballten Fäuste, als er sie berührte. Da legte er die Hand über ihre Scham, als wolle er das Verlangen noch verlängern.

Sie beobachtete ihn, als er seine Kleider fallen ließ, erkannte die Narbe an seiner Schulter und erinnerte sich an das Fieber, das sie einmal besiegt hatte.

Heiser sagte sie:»Ich frage nicht, was später sein wird, Richard. «Sein Schatten deckte sie zu wie ein Mantel.»Es ist so lange her. «Mit einem spitzen Aufschrei bog sie sich ihm entgegen, als er in sie eindrang. Ihre Finger packten ihn, rissen ihn näher und tiefer, bis sie eins waren.

Nachher, als sie einander ermattet in den Armen lagen und dem schwelenden Rauch der Kerzen nachsahen, flüsterte sie weich:»Du hattest Liebe nötig. Meine Liebe.»

Er drückte sie fester an sich, und sie fügte hinzu:»Da kümmert es mich nicht, was morgen sein wird.»

Er sagte in ihr Haar:»Auch das Morgen soll uns gehören.»

Unten an der Anlegebrücke hockte Allday auf einem Steinpoller und fing an, eine neue Pfeife zu stopfen. Er hatte das Boot zum Schiff zurückgeschickt.

Bolitho würde es vorerst nicht brauchen, dachte er paffend. Der Tabak war aromatisch, mit Rum getränkt. Er hatte zwar das Boot entlassen, wollte selber aber lieber noch an Land bleiben. Für den

Fall, daß.

Er setzte den irdenen Rumkrug auf die Erde und war mit sich und der Welt zufrieden. Vielleicht gab es doch einen gerechten Gott im Himmel? Er schaute zu dem verdunkelten Haus mit den hellen Mauern hinauf. Wenn, dann mochte er wissen, wie dies enden würde, aber im Moment, und das war alles, worauf ein armseliger Mensch hoffen konnte, standen die Dinge für Bolitho wieder besser.

Er grinste vor sich hin und bückte sich nach dem Tonkrug.

Gibraltar 1805

XI Der Brief

Seiner Britannischen Majestät Linienschiff Hyperion neigte sich nur wenig, als es wieder einmal über Stag ging und den schlanken Klüverbaum fast genau nach Osten richtete.

Bolitho stand an den Hängemattsnetzen des Achterdecks und achtete auf den an Backbord voraus drohend aufsteigenden Felsen von Gibraltar. Er verschwamm im diesigen Blau eines Nachmittags Mitte April.

Männer eilten geschäftig über die Decks. Die Leutnants, im Bewußtsein des nahen Landes, überprüften den Stand jedes Segels. Seit das Geschwader English Harbour für immer verlassen hatte, war es seit sechs Wochen außer Sichtweite von Land geblieben.

Bolitho nahm ein Teleskop zur Hand und richtete es auf den Felsen. Wenn die Spanier jemals diese natürliche Festung zurückeroberten, konnten sie das Mittelmeer mit Leichtigkeit abriegeln. Er stellte das Glas auf die verstreuten Schiffe am Fuß des Felsens ein. Sie ähnelten eher einem Klumpen ins Wasser gefallener Motten als Kriegsschiffen. Nur daran konnte man die wahre Größe des Felsens ermessen, die Entfernung zum langsam segelnden Geschwader war noch immer zu groß.

Bolitho schaute querab. Sie segelten so dicht es die Vorsicht zuließ an der Küste Spaniens. Das Sonnenlicht schickte wie Diamanten funkelnde Reflexe durch den Dunstschleier. Er konnte sich vorstellen, daß dort viele Ferngläser der kleinen Prozession englischer Schiffe folgten. Wohin waren sie bestimmt? Was hatten sie hier vor?

Berittene Boten würden ihr Erscheinen weitermelden. Die Dons konnten das Kommen und Gehen an der Enge von Gibraltar leicht kontrollieren. Wie um seinen Gedanken Nachdruck zu verleihen, hörte er Parris zu einem der Fähnriche sagen:»Geben Sie gut acht, Mr. Blessing, dort drüben liegt der Feind.»

Bolitho verschränkte die Hände auf dem Rücken und dachte über die vergangenen vier Monate nach, seit sich sein neues Geschwader in Antigua versammelt und Catherine sich nach England eingeschifft hatte. Die Trennung war ihnen schwerer gefallen als erwartet und schmerzte noch immer wie eine frische Wunde.

Während dieser Zeit hatte sie ihm einen Brief geschrieben, warm und leidenschaftlich. Er solle sich nicht sorgen, sie würden sich bald wiedersehen. Aber es dürfe keinen Skandal geben. Wie gewöhnlich dachte sie zuerst an ihn.

Bolitho hatte ihr geantwortet und auch einen Brief an Belinda geschickt. Ihr Geheimnis würde bald enthüllt werden, wenn es das nicht schon war. Deshalb war es nicht mehr als fair, daß sie es zuerst von ihm erfuhr.

Er überquerte das Achterdeck, wo der Rudergänger unter seinem Blick die Augen niederschlug. Von der Pooptreppe richtete er das Glas auf die in Kiellinie folgenden Schiffe. Es hatte lange gedauert, bis das Geschwader zusammengewachsen war und jeder sich an die Eigenarten der anderen gewöhnt hatte. Der Verband bestand aus vier Linienschiffen der Klasse drei, die sich für einen unwissenden Landbewohner nicht von der führenden Hyperion unterschieden. Abgesehen von der Obdurate waren sie nach Bolithos Maßstäben Neulinge gewesen. Jetzt jedoch empfand er Stolz statt Ungeduld.

In der sanften nordwestlichen Brise befand sich windwärts die kleine Korvette Phaedra, dicht unter der Küste segelnd. Möglicherweise hoffte Dunstan, daß ihm ein unvorsichtiger feindlicher Handelsschiffer in die Finger geriet.

Der willkommenste Zuwachs war die Fregatte Tybalt, ein Sechsunddreißiger, der gerade noch rechtzeitig aus England eingetroffen war, um sich dem Geschwader anzuschließen. Sie wurde von einem hitzköpfigen Schotten namens Andrew McKee geführt, der es eher gewohnt war, unabhängig zu operieren.

Bolitho verstand seine Gefühle, auch wenn er sie nicht immer dulden konnte. Das Leben eines Fregattenkommandanten war vielleicht das einsamste überhaupt. In einem übervölkerten Schiff blieb er hinter seinem Kajütschott allein, nur gelegentlich mit seinen Offizieren dinierend, völlig getrennt von anderen Schiffen und sogar von den Männern, die er kommandierte. Bolitho lächelte. Bis jetzt…

Sie hatten in der Karibik wenig mehr unternommen, nur ein paarmal die feindliche Schiffahrt und deren Häfen angegriffen. Doch nach dem unbekümmerten Durchstoß zum Schatzschiff von La Guaira schien alles andere Kleinkram zu sein. Das hatte auch Glassport angedeutet, als das Geschwader zur Reise nach Gibraltar Segel setzte. Danach würde das Leben in Antigua nicht mehr das gleiche sein, meinte er.

In mehr als einer Beziehung, dachte Bolitho.

Es war ein merkwürdiges Gefühl, Antigua verlassen zu müssen. Im stillen glaubte er, daß er die Inseln nie wiedersehen würde. Die Inseln des Todes, wie sie in den unglücklichen Heeresgarnisonen genannt wurden. Auch Hyperion war nicht fieberfrei geblieben. Drei an Land beschäftigte Matrosen waren gestorben, ahnungslos wie Schlachtvieh.

Bolitho stieg von der Treppe, als er Haven an Deck mit dem Segelmeister sprechen sah. Dieser meinte zuversichtlich:»Der Wind bleibt günstig, Sir. Wir sollten um acht Glasen ankern.»

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