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Bolitho gab nach.»Nun ja, aber bloß zwei Stunden. Keinesfalls länger.»

Er ließ sich von Stockdale in die Koje helfen und merkte, wie ihn die Müdigkeit von neuem übermannte. Stockdale langte nach den Schuhen und murmelte vor sich hin:»Sie bleiben schön liegen. Für den verdammten Admiral brauchen wir heute abend einen ausgeruhten Kapitän. «Als er sich umdrehte, fiel sein Blick auf das leere Gestell über dem Bett, und einen Moment fühlte er sich sehr unbehaglich. Der Säbel lag irgendwo im Wrack der Andiron. Wenn er ihn bloß wiederbekäme. Wenn er ihn bloß… Er betrachtete das im Schlaf entspannte Gesicht des Kapitäns. Und er wollte etwas für mich tun. Stockdale zog den Vorhang vor, damit die Sonnenreflexe nicht auf Bolithos Gesicht fielen, und schlich dann leise zur Tür.

Die hohe Steinmole warf willkommenen Schatten über den Kutter der Phalarope, der an der Treppe lag. Bootsführer Packwood blieb kurz auf den Stufen stehen und sah zu den Leuten hinunter, die es sich bequem machten.»Ihr könnt Pause machen. Aber niemand verläßt den Kutter, verstanden?»

Onslow hockte sich bequem auf das Schanzkleid und zog eine kurze Tonpfeife aus dem Hemd.»Klar, Mr. Packwood«, murmelte er unhörbar.»Wir machen die Arbeit, und Sie ziehen ab und lassen sich mit Rum vollaufen.»

Die meisten waren zu müde, um etwas zu erwidern. Den ganzen Tag war der Kutter zwischen dem Ufer und der Fregatte hin und her gependelt, und die erste Erregung, wieder in einem Hafen zu sein, war in unzufriedenes Murren umgeschlagen.

Packwood befehligte die Abteilung. Ein fähiger Mann, bekannt dafür, die Arbeit gerecht zu verteilen. Doch es mangelte ihm an Phantasie. Hätte er den Leuten gesagt, daß die Arbeit nicht nur für die Seetüchtigkeit der Phalarope, sondern in noch höherem Maß für das Wohlbefinden der Besatzung auf See notwendig war, hätte das die Verbitterung möglicherweise etwas gedämpft. Aber wie die Dinge lagen, diente Packwood schon zu lange in der Marine, um nach unnötigen Erklärungen zu suchen. Arbeit war Arbeit. Befehle wurden eben ausgeführt, jederzeit und ohne jede Diskussion.

Pook, Onslows ständiger Gefährte, stemmte sich hoch und spähte zu den fernen Häusern hinüber.»Mutter Gottes«, sagte er schwer atmend,»ich sehe Frauen.»

Onslow zog eine Grimasse.»Was hast du erwartet? Verdammte Priester?«Er beobachtete die Männer aus halbgeschlossenen Augen.»Die Offiziere sorgen schon für sich, ihr seht's ja, daß ich recht habe, Jungs. «Er spuckte über Bord.»Aber es sollte bloß mal einer von euch versuchen, einen Fuß an Land zu setzen, und ihr werdet sehn, was passiert. «Er deutete auf den rotröckigen Marinesoldaten, der sich zufrieden auf sein Gewehr stützte.»Der verdammte Ochse setzt euch glatt eine Kugel in die Stirn.»

John Allday saß über den Riemen gebeugt und musterte Onslow nachdenklich. Jedes Wort, das der Mann sprach, war sorgsam abgewogen. Er wandte sich um, als sich vom Bug her ein Seemann namens Ritchie hören ließ. Ritchie stammte aus Devon und sprach ebenso langsam, wie er dachte.»Warum bist du nicht abgehauen, als wir vor Nevis lagen, Onslow?«Das glitzernde Wasser blendete ihn, und er blinzelte.»Hättest massenhaft Zeit gehabt, dich deinen Rebellenfreunden anzuschließen.»

Allday beobachtete, ob Onslow etwa ärgerlich hochfuhr, aber der große Seemann sah Ritchie bloß mitleidig an.»Und was hätte das genutzt? Meinst du, wir sind besser dran, wenn wir zu den Rebellen überlaufen oder zu den Froschfressern?«Jetzt hörten alle aufmerksam zu.»Nein, Jungs, wir tauschen höchstens einen Herrn gegen den anderen ein. Eine neue Flagge. Aber irrt euch nicht, die Peitsche ist in jeder Marine die gleiche.»

Ritchie kratzte sich den Kopf.»Ich sehe noch immer nicht, worauf du hinaus willst.»

«Weil du dämlich bist, du großer Ochse du«, fauchte Pook.

«Ruhig, Jungs. «Onslow senkte die Stimme.»Ich meine es ernst. Hier draußen oder auf dem amerikanische Festland kann ein Mann gut leben. Ein neues Leben bringt die Chance, sich etwas zu schaffen. «Er lächelte leicht.»Aber zu einem richtigen Start gehört mehr als bloß Hoffnung. Dazu gehört auch Geld.»

Nick Pochin rutschte hin und her und sagte unbeholfen:»Wenn der Krieg aus ist und wir unsere Löhnung kriegen, können wir nach Hause zurückkehren.»

«Und wer kennt dich dort noch?«Onslow blickte ihn kalt an.»Du bist zu lange fort gewesen, wie wir alle. Für dich gibt's nur eins: auf den Straßen betteln gehn!»

«Ich war ein guter Pflüger«, beharrte Pochin.»Ich kann wieder pflügen.»

«Aye, vielleicht. «Onslow blickte ihn verächtlich an.»Du kannst für den Rest deines dämlichen Lebens Furchen ziehen, bis sie tief genug sind, daß dich irgendein fetter Grundbesitzer drin begräbt.»

Ein anderer forschte:»Was willst du eigentlich?»

«Ich werd's dir sagen. «Onslow glitt wie eine Katze vom Dollbord.»Bald sind wir wieder draußen auf See. Ihr seht die Flotte, die sie hier zusammengezogen haben. Für uns wird's keine Ruhe geben. Die Brüder brauchen immer neues Kanonenfutter. «Er deutete auf die sanft vor ihrem Anker schwojende Phalarope. »Da liegt unsere Chance, Jungs. Die Garantie für unsere Zukunft. «Er ließ die Stimme wieder sinken.»Wir können das Schiff übernehmen. «Er sprach sehr langsam, damit jedes Wort wirken konnte.»Dann können wir sie als Tauschobjekt benutzen zu unserem Preis. «Seine Augen wanderten von einem Gesicht zum anderen.»Stellt euch das vor! Wir können mit der anderen Seite verhandeln und den Preis nennen, den wir verlangen. Mit dem Geld und einer freien

Passage geht dann jeder seiner Wege und reicher, als er es je für möglich gehalten hätte.»

Pochin setzte sich mit einem Ruck auf.»Das ist Meuterei! Du verrückter Schuft, sie werden uns fangen und aufhängen.»

Onslow griente.»Nie! Wenn dieser Krieg aus ist, wer hat da noch Zeit, sich um uns zu kümmern?»

Pook setzte lebhaft hinzu:»Er hat recht, wir werden alle reich sein.»

«Und England nie wiedersehen«, sagte Allday.

«Wem macht das was aus?«Onslow warf den Kopf zurück.»Meinst du, so wie es jetzt ist, haben wir eine Chance? Hast du nicht gesehen, was sie mit Kirk gemacht haben? Du weißt ganz genau, daß jede Woche welche sterben, durch Krankheit oder unter der Peitsche, in der Schlacht, oder indem sie von oben kommen. Und wenn du dem entgehst, kommandieren sie dich auf ein anderes Schiff.»

Unruhe und Empörung liefen drohend durch das Boot, und Allday fuhr ein kalter Schauer über den Rücken. Er sagte schnell:»Meinst du, Kapitän Bolitho wäre damit einverstanden?«Er sah von einem zum anderen.»Sicher, sie haben uns durch die Mühle gedreht, aber dem Kapitän vertraue ich. Er ist unerschrocken und gerecht. Er wird uns nicht im Stich lassen.»

Onslow zuckte mit den Schultern.»Wie du willst. «Er setzte böse hinzu:»Solange du deine Gedanken für dich behältst, Freundchen. Wenn etwas von dem, was ich gesagt habe, laut wird, wissen wir, hinter wem wir her sein müssen.»

Das zustimmende Gemurmel zeigte Allday, wie tief Onslows Rede bereits gewirkt hatte. Sonderbar, daß vorher niemand gemerkt hatte, mit welcher Beharrlichkeit Onslow die Männer zur Meuterei aufreizte. Vielleicht weil er seine Worte sorgsam abwog und nichts von der blinden Wut eines Matrosen hatte, dem Unrecht geschehen war. Allday dachte an Mathias' Tod im Laderaum und wie vorsichtig Onslow operiert hatte, damit Ferguson den Posten als Kapitänsschreiber bekam. Es ähnelte alles einer schleichenden, aber tödlichen Krankheit. Zeigten sich die Symptome, war der Fall bereits hoffnungslos.»Ich werde schon aufpassen, Onslow«, sagte er.»Aber sieh du dich lieber auch vor.»

«Achtung«, murmelte Pochin.»Er kommt zurück.»

Packwood tauchte oben an der Treppe auf. Er hatte getrunken, und der Schweiß stand ihm auf der Stirn.»Schön, meine Kleinen. Noch ein paar Fässer mehr. «Er schwenkte seinen Stock.»Und dann könnt ihr euch in euren Stall verziehn und euch den Dreck abschrubben. Der Admiral kommt euch heute abend besuchen!«Pook stieß seinen Freund an.»Dieser Allday, hält der dicht?«Onslow packte den Riemenschaft.»Bei Leuten wie dem muß sorgfältig taktiert werden. Darüber muß man nachdenken. «Seine Augen glitten über Alldays nackten Rücken.»Aber gemacht muß es werden!»

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