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Er packte Tyrells Arm.»Die Miranda hat für uns Zeit gewonnen!«Er bemerkte kein Verstehen, nur Unglauben in den Augen des Leutnants.»Wenn sie eine Weile aushält, können wir an die Brigg rangehen.»

Er beschattete seine Augen gegen den Sonnenglanz und beobachtete, wie die Brigg auf die beiden Transportschiffe losstürmte.

«Sie wird vor dem Bug der Golden Vleece vorbeisegeln und sie mit ihren Geschützen bestreichen.»

Laut brüllte er seine Gedanken hinaus.»Wir werden sofort über Stag gehen, zwischen den Transportern durchsegeln und die Ehrung erwidern!»

Tyrell biß sich auf die Lippen.»Aber wir könnten dabei mit dem Feind kollidieren, Sir!»

Bolitho packte ihn bei den Schultern, drehte ihn herum und deutete zu den ineinander verbissenen Schiffen hinüber.

«Mann, wollen Sie, daß diese Burschen dort für nichts sterben?»

Er stieß ihn zur Reling.»Und jetzt klar zum Wenden, sobald ich den Befehl gebe!»

Die Brigg lag nun etwa eine Meile entfernt, genau vor dem schnittigen Klüverbaum der Sparrow. An Bord des ersten Transportschiffes wirbelte der Rauch eines Schusses auf, doch war kein Treffer auszumachen.

«Signalisieren Sie den Transportern, auf Station zu bleiben, Mr. Bethune!«Er wiederholte den Befehl, um den Fähnrich aus seiner Erstarrung herauszureißen.»Vorwärts!»

Wenn einer der beiden Transporterkapitäne jetzt den Kopf verlor, würde alles schiefgehen. Mit Leichtigkeit könnte der Feind sie dann erledigen oder aufbringen. Auch jetzt noch war nicht viel zu hoffen. Von der ersten schrecklichen Überraschung bis zu diesem Augenblick waren tatsächlich nur wenige Minuten vergangen.

Bolitho stützte sich auf die Reling. Seine Augen schweiften über die geduckten Kanoniere, über die beiden Rudergänger an ihrem ungeschützten Ruderrad und zu Buckle hin, der mit grimmigem Gesicht nach oben in die Segel starrte.

Dann fiel sein Blick auf Raven, den neuen Steuermannsmaat, der ihn schuldbewußt und unglücklich anstarrte.»Sie konnten das nicht wissen«, sagte Bolitho.»Das Kaperschiff war früher tatsächlich ein Indienfahrer.»

Raven schüttelte den Kopf. Er war so sehr mit seinem Mißgeschick, den Feind nicht erkannt zu haben, beschäftigt, daß er das immer wieder aufflammende Geschützfeuer gar nicht zu bemerken schien.»Ich hätte es sehen sollen, Sir, aber ich sah nur, was ich zu sehen erwartete, und es tut mir mächtig leid, weil Sie mir eine Chance gegeben haben vorwärtszukommen.»

Bolitho lächelte. Es kostete ihn solche Anstrengung, daß er meinte, die Lippen müßten ihm reißen.

«Und heute werde ich Ihnen noch mal eine Chance geben, Mr. Raven. «Er trat zurück. Die Hände hielt er hinter seinem Rücken verschränkt, der Degen schlug leicht gegen seine Hüfte.

Buckle schürzte seine Lippen zu einem lautlosen Pfeifen.»So ein gelassener Bursche, der Tod schleicht sich durch die Ankerklüse an Deck, und er spaziert auf und ab wie zum Vergnügen.»

Mit starrem Lächeln schritt Bolitho das Achterdeck ab. Über dem Kanonenfeuer wartete er mit angespanntem Gehör auf die Meldung, daß die Brigg den ersten Transporter erreicht hatte. Wenn der feindliche Kapitän Bolithos Plan durchschaute, war alles sinnlos. Dann müßte die Sparrow entweder aus dem Gefecht fliehen und die wichtigen Neuigkeiten dem Admiral überbringen oder bleiben und sich zum Todeskampf mit dem verkappten Indienfahrer rüsten. Dann und wann feuerten immer noch einige Kanonen der Miranda. Ihre Geschützmündungen berührten fast das feindliche Schiff. Zwischen den Decks der Fregatte mußte es wie in einem Schlachthof aussehen. In Bolithos Gedanken breitete sich Verzweiflung aus.

«Die Brigg passiert den Bug des Transporters«, brüllte Tyrell in diesem Augenblick.

Heftige Explosionen hallten über die See. Bolitho wußte, daß die Brigg nun ihre Steuerbordbatterie abfeuerte, während sie vor dem Bug des Transportschiffes vorbeirauschte. Bevor sie hinter der plumpen Masse der Golden Vleece verschwand, sah Bolitho die amerikanische Flagge übermütig von ihrer Gaffel wehen und auf ihrem niedrigen Deck die Musketen der Scharfschützen aufblitzen.

«Jetzt!«Bolithos Stimme zerschnitt gellend die Luft.»Ree!»

Das Ruder drehte sich ächzend. Auf den dichtbesetzten Decks warfen sich die Seeleute an die Brassen, und der ganze Schiffsrumpf zitterte unter der Erschütterung. Blöcke kreischten, und die mächtigen Rahen schwangen knarrend mit solcher Geschwindigkeit herum, daß Bolitho fühlte, wie das ganze Schiffsgefüge sich bebend auflehnte. Aber nichts kam von oben. Das Rigg hielt stand, und als sich die Sparrow in der Wende stark überlegte, hoben sich die killenden Segel und füllten sich im Schub des Windes.

Bolitho hob beide Hände an den Mund.»Mr. Graves! Zuerst die Backbordgeschütze! Sie werden den Zweiunddreißigpfünder selbst richten!»

Graves nickte. Dann verschwand er unter der Back und rannte an das Buggeschütz.

Wie schnell die Sparrow segelte, obwohl ihre unteren Segel wegen der Feuergefahr während des Gefechtes aufgegeit waren. Die Großstenge schien sich nach vorn zu biegen, der Stander im Topp zuckte waagrecht im Wind und deutete über den Bug voraus, als ob er den Weg weisen wollte.

Schon kreuzte der Klüverbaum hinter dem Heck des führenden Transporters durch, und an Steuerbord sah Bolitho das zweite Frachtschiff, die Bear, die ihren Kurs leicht änderte, als ob sie eine Kollision mit der Korvette fürchtete, die schäumend ihren Weg kreuzte. Jenseits der Golden Vleece krachten wieder Schüsse, und der Rauch, der längs ihrem Rumpf aufquoll, zeigte deutlich, wo die Brigg vorbeizog.

Vom Bug her gellte ein Schrei:»Das ist sie, backbord voraus!»

Das unerwartete Auftauchen der Sparrow zwischen den beiden Transportern schien den Kapitän der Brigg völlig überrascht zu haben. Der Amerikaner segelte auf Steuerbordbug mit einer Kabellänge Abstand an der Seite der Golden Vleece entlang.

«Wir werden vorm Bug der Brigg passieren und sie gleichzeitig mit der Backbordbatterie bestreichen«, schrie Bolitho. Er bemerkte, daß ihn einige der Leute mit angespannten und verwirrten Gesichtern von ihren Stationen bei den Geschützen anstarrten. Er zog seinen Degen und hob ihn hoch über den Kopf.»Haltet euch gut, Männer! Jede Kugel ein Treffer!»

Die Brigg war nun kaum eine Kabellänge entfernt. Der Bugspriet zeigte im rechten Winkel auf die Gallionsfigur der Sparrow. Der Abstand schrumpfte mit fürchterlicher Geschwindigkeit zusammen, und Bolitho wußte, wenn er sich verschätzt hatte oder wenn der Wind in diesem Augenblick abflaute, dann würde der Feind wie ein Rammbock in die Flanke der Korvette krachen und ihre Planken weit aufreißen.

Der große Zweiunddreißigpfünder im Bug brach den Bann. Das Bersten der Explosion übertrug sich mit heftigem Beben der Decksplanken bis zu den Füßen Bolithos hin. Er sah, wie drüben auf der Brigg Wanten brachen und helle Holzsplitter durch die Luft wirbelten, als die Kugel in die festgezurrten Boote schmetterte. Dann folgte Schuß um Schuß der vollen Breitseite. Graves tobte wie ein Teufel im rauchverschleierten Sonnenlicht, schwang seinen Säbel und brüllte einer Geschützbedienung nach der anderen seine Befehle zu.

In wahnsinniger Hast versuchte der feindliche Kapitän sein Schiff zu wenden, um dem rasenden Angriff der Sparrow zu begegnen. Aber die Brigg konnte ihre Artillerie nicht zum Einsatz bringen. Teile des Riggs und die meisten Vorderwanten hingen wie schwarzer Seetang über ihr Deck. Sie taumelte wie betrunken im wohlgezielten Geschoßhagel.

Endlich brachte der Feind mit hartgelegtem Ruder sein Schiff wieder unter Kontrolle, und die zerfetzten Segel fingen wieder etwas Wind ein. Da und dort krachte ein Schuß, aber in ihrer Eile und Aufregung schossen die Amerikaner auf gut Glück in den wirbelnden Rauch.

«Laden und ausrennen«, brüllte Tyrell in das Getöse.»Schneller!»

Bolitho beugte sich zum Geschützdeck hinunter.»Nicht auf eine Breitseite warten«, schrie er.»Jeder Geschützführer soll feuern, sobald er geladen hat!«Er wußte, daß diese Geschützbedienungen nicht in der Lage waren, eine gemeinsame Salve abzufeuern, wenn sie erst einmal unter dem Beschuß des Gegners lagen.

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