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Männer mit gezogenen Entermessern eilten zur Backbordreling, einige trugen Musketen hoch über den Köpfen, um zu vermeiden, daß sie versehentlich auf ihre Kameraden schossen.

«Langsam, Mr. Buckle. «Bolitho streckte die Hand aus und schaute in die Rahen hinauf. Die Segel verschwanden blitzschnell, und als das Focksegel knatternd belegt wurde, sah er die Brigantine an Backbord vorbeigleiten, als ob beide Schiffe an Trossen aufeinander zugezogen würden.»Langsam!»

Entlang der Reling schwangen die ausgesuchten Männer ihre Enterhaken, während andere nach vorn eilten, um den ersten Aufprall abzufangen.

Über den geringer werdenden Abstand hinweg hörte Bolitho:»Gebt Raum! Ich befehle Ihnen, Ihre Leute zurückzuholen! Ich werde Ihnen das Gesetz auf den Hals hetzen!»

Bolitho fühlte, wie seine Spannung sich löste. Wenn er noch geheime Zweifel gehegt hatte, waren sie nun ausgeräumt. Diese Stimme war nicht zu verwechseln. Zu viele Männer der Sparrow waren an jenem Tag an Bord der Bonaventure gestorben, als daß er diese Stimme jemals hätte vergessen können.

Er hob sein Sprachrohr.»Streichen Sie die Segel, und drehen Sie in den Wind — sofort!»

Er hörte das Rumpeln und konnte sich gut vorstellen, daß auch die Mannschaft der Brigantine sah, wie der große Zweiunddreißiger wieder ausgerannt wurde.

Langsam, aber sehr gekonnt, drehten die beiden Schiffe sich umeinander, machten in dem unruhigen Wasser fast keine Fahrt; ihre Mannschaften nahmen Segel weg und trimmten die Rahen in Übereinstimmung mit dem Ruder. Alles wurde perfekt ausgeführt: mit wenig mehr als einem Zittern legte sich die Sparrow an den Rumpf der Brigantine und schob sich vor, bis ihr Bugspriet in Höhe ihres Fockmastes zur Ruhe kam. Enterhaken flogen von der Reling, und Bolitho sah, wie Graves seine Männer vorwärtsschickte, wie Bethune sich aus den Wanten schwang; sein Dolch schien für einen so schweren Fähnrich viel zu klein zu sein.

Tyrell, die Hände auf der Reling, sagte:»Sie haben auch noch eine Deckladung. «Er zeigte auf einen Leinwandhaufen unterhalb des Backlogis:»Sicher Beute für den Kapitän!»

Doch als der Erste Leutnant absprang und auf dem Schanzkleid der Brigantine aufkam, zeigte sich die Natur dieser Decksladung. Hände zerrten die Persenning weg und deckten einen stämmigen Zwölfpfünder auf, der in der Mitte des Decks geriggt war und mit Taljen und Ringbolzen bewegt werden konnte.

Das Krachen der Explosion ertönte gleichzeitig mit dem Zischen der Kartätschen, als diese mit mörderischer Gewalt entlang der Reling der Sparrow einschlugen. Menschen und Glieder flogen blutig durcheinander, und in der rollenden Wolke braunen Rauches sah Bolitho, daß einige von ihnen bis auf die gegenüberliegende Seite des Decks geschleudert wurden.

Dann folgte das Geschrei, und er sah, wie vom Vorschiff und Hauptluk der Brigantine ungefähr fünfzig Mann zum Angriff übergingen.

Er griff nach seinem Säbel, mußte aber feststellen, daß er ihn in der Kajüte vergessen hatte. Überall schrien und kreischten Männer durcheinander, und über allem ertönte das wachsende Geräusch von Stahl auf Stahl, das Krachen des Musketenfeuers.

Ein Seemann fiel tot aus den Wanten und warf Tyrell gegen die Reling. Dessen Bein knickte unter ihm ein, und sein Gesicht verzog sich vor Schmerzen.

Bolitho schrie:»Übernehmen Sie, Mr. Buckle!»

Er schnappte sich das Entermesser aus dem Gürtel des toten Seemannes und rannte zur Reling. Seine Augen tränten vor Rauch, und er fühlte einige Kugeln dicht an sich vorüberpfeifen, eine davon durchtrennte die Wanten wie ein unsichtbares Messer.

Die Brigantine hatte gegen die Kanonen der Sparrow keine Chance. Wenn sie aber so wie jetzt mit Enterhaken aneinandergekettet waren, konnte sich der Kampf leicht gegen sie wenden. Er hatte das schon selbst gemacht und kannte die Risiken.

Entschlossen sprang er in die Hauptwanten und sah dann mit Erstaunen, daß Graves noch immer unter ihm auf dem Geschützdeck stand. Er schrie seine Männer an, schien aber außerstande, ihnen zu folgen. Von Bethune war nichts zu sehen, und Bolitho stellte fest, daß Heyward nach vorne gerannt war, um eine Rotte Enterer abzufangen, die versuchten, über den Bugspriet an Bord zu klettern.

Er rutschte aus, fiel fast zwischen die Schiffsrümpfe, dann war er mit einem Sprung auf dem Deck der Brigantine. Eine Pistole explodierte neben seinem Gesicht, blendete ihn fast, aber er holte mit dem schweren Entermesser aus, fühlte einen kurzen Aufprall und hörte jemanden schreien.

«Zum Achterdeck!«Er bahnte sich seinen Weg durch einige seiner Männer und sah Bethune, der eine Muskete wie eine Keule schwang, sein Haar wehte im Wind, als er versuchte, seine Entermannschaft zu sammeln.»Nehmt das Achterdeck, Leute!»

Jemand brach in einen heiseren Hochruf aus, und mit frischem Mut stürzten die Seeleute nach achtern.

Durch die kämpfenden, ineinander verstrickten Figuren sah Bolitho am Ruder einen Steuermannsmaat ganz alleine stehen, während andere in verschiedenen Stellungen tot um ihn herumlagen, ein Zeichen, daß jemand an Bord der Sparrow einige Scharfschützen in die Rahen gesandt hatte.

Dann, ganz plötzlich, standen sie sich Angesicht zu Angesicht gegenüber. Bolitho, dessen Hemd fast bis zur Taille zerrissen war, dessen Haare ihm über der Stirne festklebten, mit ausgestrecktem Entermesser.

Der andere Kapitän stand fast bewegungslos, hielt seinen Degen schräg vor sich. Aus der Nähe wirkte sein Gesicht fast noch schrecklicher, aber es bestand kein Zweifel an seiner Beweglichkeit, als er plötzlich einen Ausfall nach vorn machte.

Die Klingen trafen mit scharfem Klang aufeinander. Funken flogen, als sie sich ineinandergruben, bis die beiden Griffe sich verkeilten und jeder der beiden Kämpfer das Gewicht des gegnerischen Armes prüfte.

Bolitho sah in das starre Auge, fühlte den heißen Atem, die zitternde Spannung in seiner Schulter, als er Bolitho mit einem Fluch gegen das Ruder zurückwarf, mit zwei scheinbar leichten Bewegungen seinen Degen zurückzog und wieder zuschlug. Schlag, Parade, Deckung. Das Entermesser kam ihm wie ein Bleigewicht vor, und jede Bewegung wurde zur Qual. Bolitho sah, wie sich der Mund des anderen Mannes zu einem grimmigen Grinsen verzog. Er wußte, daß er gewinnen würde.

Jenseits der Reling ging der Kampf wie vorher weiter, aber über den Lärm hörte er Tyrell vom Achterdeck schreien:»Helft dem Kapitän! Um Gottes willen, helft ihm!»

Als sie sich wie Katzen im Urwald umkreisten, sah Bolitho Stockdale, der versuchte, sich zu ihm durchzuschlagen. Aber er mußte mit mindestens drei Männern kämpfen, und sein Brüllen war das eines in die Enge getriebenen Stieres.

Bolitho hob sein Entermesser bis in Taillenhöhe des anderen. Er konnte es nicht höher heben, seine Muskeln schienen zu reißen. Wenn er nur die Hand wechseln könnte! Aber er würde sterben, wenn er es versuchte.

Der Degen zuckte vor, die Spitze drang durch seinen Ärmel und ritzte seine Haut wie rotglühendes Eisen. Er fühlte das Blut seinen Arm herunterrinnen, sah das einzige Auge des Mannes durch einen Nebel von Schmerzen.

Der Kapitän der Brigantine schrie:»Jetzt, Kapitän! Ihre Stunde hat geschlagen! Da!»

Er bewegte sich so schnell, daß Bolitho die Klinge kaum kommen sah. Sie traf das Entermesser nur wenige Zentimeter vor dem Griff, riß es ihm aus der Hand wie ein Spielzeug, das man einem Kind wegnimmt, und warf es in hohem Bogen über die Reling.

Es gab einen lauten Knall, Bolitho fühlte, wie eine Kugel über seine Schulter flog, die Hitze war so groß, daß sie sicherlich nur eine Daumenbreite entfernt gewesen war. Sie traf den anderen Mann in den Hals, wirbelte ihn herum, gerade als er seinen Degen zum letzten Stoß zückte. Einige Augenblicke lang zuckte er noch, dann krümmte er sich zusammen und lag still in seinem Blut.

Bolitho sah, wie Dalkeith ein Bein über das Schanzkleid schwang und zu ihm heraufkletterte, eine rauchende Pistole in der Hand.

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