Литмир - Электронная Библиотека

Er erwiderte ihr Lächeln.»Ich kann das verstehen. Er hat schließlich meinetwegen viel Beute verloren.»

Sie runzelte die Nase.»Ich bin sicher, daß er sich durch eine Rückversicherung wieder gesundgestoßen hat. «Sie winkte einem Diener.»Etwas Wein vor dem Essen?»

«Danke. «Er sah einige Offiziere, meist von der Armee, ihn angestrengt beobachten. Neid, Ärger, Neugier, alles lag in ihren Blicken.

Sie sagte:»Sir James ist jetzt Generaladjutant. Ich kam mit ihm hierher. «Sie blickte in sein Gesicht, als er an dem Wein nippte.»Ich bin froh, daß ich gekommen bin. Ganz England trauert wegen des Krieges.»

Bolitho riß seine Gedanken von dem los, was sie über ihren Onkel gesagt hatte. Schon Christie hatte verletzend über den Gouverneur und seinen Assistenten gesprochen. Wenn Blundell in die Stadtverwaltung eingriff, dann gab es wenig Hoffnung auf Besserung.

Als das Mädchen sich umdrehte, um einen weißhaarigen Herrn und seine Dame zu begrüßen, verschlang er es mit den Augen, als ob er es zum letztenmal sähe: Die gekrümmte Linie ihres Nackens, als sie sich vor den Gästen verbeugte, die Art, wie ihr Haar über die entblößten Schultern zu fließen schien. Es war sehr schönes Haar, goldbraun wie der Flügel einer jungen Drossel.

Er lächelte unsicher, als sie zu ihm aufblickte.

«Wirklich, Kapitän! Sie bringen ein Mädchen in Verlegenheit, so wie sie schauen!«Sie lachte.»Ich nehme an, ihr Seeleute seid so lange von der Zivilisation weg, daß ihr euch nicht beherrschen könnt. «Sie nahm seinen Arm.»Quälen Sie sich nicht. Man muß das nicht so ernst nehmen. Ich muß Sie wirklich lehren zu akzeptieren, was vorhanden ist, und sich an dem zu freuen, was Ihnen zusteht.»

«Verzeihung. Sie haben wahrscheinlich recht, was mich betrifft. «Er blickte auf den Marmorfußboden und grinste.»Auf See stehe ich sicher. Hier habe ich das Gefühl, als ob das Deck sich bewegt.»

Sie trat zurück und sah ihn forschend an.»Nun, ich werde sehen, was sich da tun läßt. «Sie fächelte ihr Gesicht mit einem schmalen Fächer.»Jedermann spricht über Sie, wie Sie diesem schrecklichen Kriegsgericht in die Augen sahen und Narren aus ihnen gemacht haben.»

«Ganz so war es nicht.»

Sie ignorierte ihn.»Natürlich wird davon nichts erwähnt. Einige haben wahrscheinlich Angst, daß Sie sich in einen blutdürstigen Seewolf verwandeln!«Sie lachte fröhlich.»Andere sehen in Ihrem Erfolg etwas von ihrem eigenen Mißerfolg.»

Ein Dienstmann flüsterte mit dem General, und sie fügte schnell hinzu:»Ich muß Sie nun zum Abendessen sich selbst überlassen. Ich bin heute Gastgeberin.»

Er sagte:»Oh, ich dachte…«Um seine Verwirrung zu verbergen, fragte er:»Ist Lady Blundell nicht auch hier?»

«Sie blieb in England. Die Gewohnheiten meines Onkels sind die eines Soldaten. Ich glaube, sie ist zufrieden, wenn sie nichts damit zu tun hat. «Wieder ergriff sie seinen Arm.»Schauen Sie nicht so traurig. Ich werde Sie später wiedersehen. Wir müssen über Ihre Zukunft sprechen. Ich kenne Leute, die Ihnen helfen können, Sie dahin bringen, wo Sie zu stehen verdienen, anstatt…«Sie sprach nicht zu Ende.

Ein Gong ertönte, und ein Diener kündigte an:»Meine Lords, verehrte Damen und Herren, es ist angerichtet.»

Sie folgten dem General und seiner Nichte in einen noch größeren Raum; Bolitho bekam als Tischdame eine dunkelhaarige kleine Frau, offensichtlich die Frau eines abwesenden Stabsoffiziers. Mit etwas wie Bedauern dachte Bolitho, daß er sie wohl für den Rest des Abends auf dem Hals haben würde.

Das Dinner paßte zu dem Raum. Jeder Gang war umfangreicher, noch ausgefallener zubereitet als der vorhergehende. Sein Magen hatte sich schon lange an die schmale Schiffskost gewöhnt und die verschiedenen Anstrengungen vieler Schiffsköche. Sonst schien jedoch niemand Schwierigkeiten zu haben, und er konnte sich nur wundern, wie sich die Teller leerten, ohne daß eine Unterbrechung in der Unterhaltung eintrat. Viele Toasts wurden ausgebracht, mit Weinen, die so verschieden waren wie die Anlässe, sie zu trinken. Nach dem Toast auf König George kamen alle üblichen: Tod den Franzosen. Verwirrung unseren Feinden. Verflucht sei Washington. Je länger der Wein floß, desto bedeutungsloser und unzusammenhängender wurden sie.

Die Tischdame Bolithos ließ ihren Fächer fallen, und als er sich bückte, um ihn zu holen, faßte sie unter das Tischtuch, ergriff sein Handgelenk und hielt es einige Sekunden gegen ihren Schenkel gepreßt. Es kam ihm wie eine Stunde vor, und er dachte, daß jeder am Tisch ihn beobachte. Aber sie war die einzige, und in ihrem Gesicht stand solche Begierde, daß er fast fühlen konnte, wie sie die Beherrschung verlor.

Er gab den Fächer zurück und sagte:»Langsam, Madame, es gibt noch einige Gänge.»

Sie starrte ihn mit offenem Mund an, dann lächelte sie verschwörerisch.»Was für ein Geschenk, einen richtigen Mann zu finden!»

Bolitho zwang sich, noch einmal eine Portion Huhn zu nehmen, wenn auch nur, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Er konnte spüren, wie sie das Knie an sein Bein preßte, und es war ihm bewußt, daß sie, wenn sie etwas vom Tisch benötigte, dies über seinen Arm hinweg holen mußte. Jedesmal verhielt sie in der Bewegung, so daß ihre Schulter oder ihre Brust ihn für einige Momente berührte.

Er blickte verzweifelt an der Tafel entlang und sah, daß Susannah ihn beobachtete. Es war schwierig, ihren Ausdruck zu deuten, wenn sie so weit entfernt war. Halb amüsiert, halb wachsam. Seine Tischdame sagte beiläufig:»Mein Mann ist viel älter als ich. Er kümmert sich mehr um sein verdammtes Büro als um mich. «Sie griff nach Butter und ließ ihre Brust seinen Ärmel berühren, während sie ihn anblickte.

Endlich war die Mahlzeit vorüber, und die Männer erhoben sich stühlescharrend, um ihren Damen zu gestatten, sich zurückzuziehen. Sogar im letzten Moment führte die Tischdame Bolithos ihren Feldzug fort wie eine Fregatte, die ein anderes Schiff aussticht, das von Anfang an keine Chance hatte. Sie flüsterte:»Ich habe hier ein Zimmer. Ich werde einen Diener senden, der Sie hinführt.»

Als sie vom Tisch wegging, sah er sie stolpern, aber sie fing sich gleich wieder. Er dachte nervös, daß mehr als Wein nötig sein würde, um sie unterzukriegen.

Die Türen schlossen sich wieder, und die Männer brachten ihre Stühle näher an das Kopfende des Tisches. Es gab mehr Brandy und schwarze Zigarren, von denen Blundell sagte, sie stammen von» einem verdammten Dreckskerl, der sich um seine Abgaben drücken wollte».

«Wie ich höre, sind Sie nun auf Lokalpatrouille, Bolitho?«Blundells heisere Stimme zwang die anderen Gäste zu gespanntem Schweigen.

«Ja, Sir James. «Bolitho blickte ihn gerade an. Blundell war sehr gut informiert, wenn man in Betracht zog, daß er seine Befehle erst an diesem Vormittag erhalten hatte.

«Gut. Wir brauchen ein paar Kapitäne, die den Willen haben, unsere Nachschubwege zu bewachen. «Blundells Gesicht war scharlachrot von dem ausgiebigen Essen.»Ich sage, daß diese verdammten Yankees zu sehr ihren Willen bekommen haben!»

Zustimmendes Gemurmel erhob sich, und jemand lallte beschwipst:»Das s-stimmt, Sir!«Er fuhr unter Blundells schneidendem Blick zusammen.

Bolitho fragte schnell:»Oberst Foley, Sir — ist er immer noch in Amerika?»

«Er hat ein Bataillon unter Cornwallis. «Blundell schien desinteressiert.»Ist auch der beste Platz für ihn.»

Bolitho ließ es zu, daß die Unterhaltung um ihn herumfloß wie ein beschützender Mantel: Pferdezucht und die Kosten eines Haushalts in New York. Die Affäre eines unglücklichen Artilleriehauptmanns, der mit der Frau eines Dragoners im Bett gefunden worden war. Die wachsende Schwierigkeit, guten Brandy zu bekommen, sogar zu Schmugglerpreisen.

Bolitho dachte an Christies Zusammenfassung. Zwei Armeen, hatte er gesagt. Oberst Foley, ob nun sympathisch oder nicht, war einer von denen, die für die Sache ihres Vaterlandes kämpften und dafür ihr Leben wagten. Um diesen Tisch herum saß ein gut Teil von der anderen Sorte: verdorben, verwöhnt und vollständig egoistisch.

23
{"b":"113048","o":1}