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Es sollte lustig klingen, aber es trug nur dazu bei, die Spannung zu erhöhen, die sogar das Atmen schwer machte.

D'Esterre antwortete:»Die Jolle von der Spite wartet dort. Nur für dich, Dick.»

Bolitho entgegnete:»Geh' jetzt. Ich komme schon klar. «Er sah die letzte Gruppe Marineinfanteristen über den Hof laufen, einer von ihnen schleuderte eine brennende Fackel in den Papierstapel vor den Ställen.

D'Esterre beobachtete, wie Bolitho zum Magazin ging, dann wandte er sich um und folgte rasch seinen Leuten durch das Tor.

Eine Kugel heulte dicht über den Turm, aber d'Esterre blickte nicht einmal auf. Sie schien für ihn keine Drohung zu enthalten. Gefahr und Tod waren allein hier unten, eine scheußliche Erinnerung.

Er sah die Silhouette der Fregatte kürzer werden, als sie sich jetzt der offenen See zuwandte, ihre Fock füllte sich bereits, während eins ihrer Boote noch mit äußerster Kraft versuchte, längsseits zu pullen. Für die anderen Boote würde es ein langer und harter Weg sein, ihr Schiff zu erreichen. Aber der Kommandant kannte die tödliche Gefahr gut placierter Artillerie an Land. Eine Fregatte zu verlieren, war schlimm genug, aber noch schlimmer wäre es, wenn sie gekapert und von der Rebellenflotte vereinnahmt würde.

Bolitho vergaß d'Esterre und alles andere, als er Stockdale mit einer brennenden Lunte bei den Zündschnüren sah. Neben ihm standen ein Korporal der Marineinfanterie und ein Seemann, in dem er trotz Schmutz und Bartstoppeln Rabett, den Dieb aus Liverpool, erkannte.

«Legt Feuer!«rief er und zuckte gleich darauf zusammen, als eine schwere Kugel durch die zersplitternde Brustwehr krachte und in den bereits lichterloh brennenden Ställen einschlug.

«Marsch zu den Toren, Korporal, und rufen Sie Ihre Wachtposten zurück, so schnell Sie können.»

Die Zündschnüre erwachten zischend zum Leben, im Dämmerlicht der Kasematte wirkten sie wie wütende Schlangen.

Die Zündfunken schienen mit unheimlicher Geschwindigkeit vorwärtszueilen, wenigstens kam es Bolitho so vor; er berührte Stockdale an der Schulter.

«Zeit für uns, komm.»

Eine Kugel schlug beim Fort ein und schleuderte eins der Schwenkgeschütze wie ein Stück Holz in die Luft.

Zwei weitere, scharfe Detonationen kamen vom Damm her: die beiden Geschütze waren gesprengt worden.

Gewehrfeuer war jetzt zu hören, noch weit entfernt und ohne Wirkung. Aber der Feind würde bald stürmen.

Sie rannten hinaus in das grelle Sonnenlicht, vorbei an brennenden Ställen und Vorratsräumen.

Ein lauter Knall und splitterndes Holz, das einmal die Brustwehr gewesen, bewiesen, daß Browns Leute wie die Teufel gearbeitet haben mußten, um ihre Geschütze auf dem Hang in Stellung zu bringen.

Der Korporal schrie plötzlich:»Sergeant Shears kommt im Galopp, Sir! Und die ganze verdammte Rebellenarmee ist ihm auf den Fersen!»

Bolitho sah die rennenden Marineinfanteristen, einer stürzte vornüber und blieb liegen. Feindliche Soldaten wateten und kämpften sich bereits über den unter Wasser stehenden Damm, sie feuerten im Laufen.

Bolitho schätzte die Entfernung: es war zu weit für den Feind, er konnte sie nicht mehr einholen.

Herum um die Festungsmauer, hinunter über den abschüssigen Strand, wo die Jolle wartete. Er sah, daß die Crew schon die Riemen im Wasser hatte und wie hypnotisiert auf das Land starrte.

Sergeant Shears keuchte den Strand hinunter, seine Männer dicht hinter sich.

«Ins Boot!«Bolitho blickte zum Turm auf, die britische Flagge wehte noch.

Dann merkte er, daß er der letzte auf dem Strand war, daß Stock-dale ihn am Arm über das Dollbord zog und ein nervöser Leutnant kommandierte:»Ruder an!»

Wenige Minuten später, als die Jolle schon über die ersten trägen Brecher glitt, erschienen ein paar Soldaten unterhalb des Forts.

Ihre rasch abgefeuerten Schüsse gingen fehl, nur einer schlug dicht neben dem Boot ein und spritzte Wasser über die keuchenden Rotröcke.

Shears murmelte:»An ihrer Stelle würde ich dort schnellstens abhauen.»

Sie waren halbwegs zwischen Strand und Schiff, als die Detonation den hellen Tag zerfetzte. Es war nicht so sehr der ohrenbetäubende Krach als vielmehr der Anblick des in die Luft geschleuderten Forts, das dann Bruchstücke auf die Insel herabregnete, der in Bolithos Gedächtnis haften blieb, noch lange, nachdem das letzte Stück zu Boden gefallen war. Als der Rauchpilz sich langsam hob, sah er, daß nichts mehr den Standort des Forts bezeichnete, nur ein ungeheurer, schwarzer Trichter.

Alle Gefangenen waren schließlich doch abtransportiert worden, und Bolitho überlegte, was sie jetzt wohl empfinden mochten, und auch der junge Huyghue. Dachte er an den Teil, den er selbst zum Gelingen des Unternehmens beigetragen hatte? Oder nur an sein eigenes schweres Los?

Als er den Blick endlich abwandte, sah er über sich die schwankenden Masten uid Rahen der Spite. Hilfreiche Hände warteten bereits darauf, sie an Bord zu holen.

Er sah Stockdale an, und ihre Blicke trafen sich in wortloser Erleichterung. Dann hörte er die gereizte Stimme des jungen Kommandanten Cunningham von oben herab rufen:»Lebhaft da unten, bewegt euch, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!»

Bolitho lächelte müde. Sie waren zu Hause.

Kapitän Gilbert Brice Pears saß an seinem Schreibtisch, die starken Finger ineinander verschlungen, während sein Sekretär fünf wunderschön geschriebene Ausfertigungen des Berichtes über das Unternehmen Fort Exeter zur Unterschrift vor ihm ausbreitete.

Der Rumpf der Trojan knarrte und klapperte in der achterlichen See, Pears jedoch nahm es kaum wahr. Er hatte den Originalbericht sehr sorgfältig durchgelesen, nichts übergangen, und hatte sich von d'Esterre weitere Einzelheiten sowie den genauen Hergang des Angriffs und Rückzugs schildern lassen.

Neben ihm stand Cairns, dessen schlanke Gestalt einen Winkel zum Deck bildete, entsprechend der jeweiligen Schräglage des Schiffes. Er wartete geduldig auf eine Bemerkung des Kommandanten.

Pears hatte sich sehr aufgeregt über die Verspätung, mit der sie den Treffpunkt nach ihrem Scheinangriff auf Charlestown erreicht hatten. Das plötzliche Umspringen des Windes, das völlige Fehlen irgendwelcher Nachrichten und das allgemeine Mißtrauen, das er Coutts Plan entgegenbrachte, hatten ihn das Schlimmste befürchten lassen. Coutts selbst mußte wohl etwas von Pears Unruhe gespürt haben, weil er zusätzlich die Fregatte Vanquisher zur Unterstützung der kleineren Spite entsandt hatte, um beim Aufnehmen des Landetrupps zu helfen. Pears hatte dann später ihre Rückkehr auf die Trojan beobachtet, die abgezehrten, trotzig wirkenden Marineinfanteristen — oder vielmehr den kläglichen Rest dieser stolzen Truppe — , die schmutz- und blutverkrusteten Seeleute, dann d'Esterre, Bolitho und schließlich den jungen Couzens, der seinen Fähnrichskameraden halb lachend, halb weinend zuwinkte.

Fort Exeter bestand nicht mehr, und Pears hoffte nur, daß sich der Einsatz gelohnt hatte. Im Geheimen bezweifelte er es.

Grimmig nickte er seinem Sekretär zu.»Gut, Teakle, ich unterschreibe das verdammte Zeug. «Dann blickte er Cairns an:»Muß eine blutige Angelegenheit gewesen sein. Unsere Leute scheinen sich aber wacker geschlagen zu haben.»

Durch die tropfenden Fenster betrachtete er das verschwommene Bild des Flaggschiffs, das auf gleichem Kurs lag, die Segel windgefüllt.

«Und jetzt dies hier, verdammter Mist!»

Cairns folgte seinem Blick. Er wußte wohl besser als jeder andere, was sein Kommandant empfand.

Es hatte ganze sechs Tage gedauert, bis die massigen Linienschiffe sich wieder mit Spite und Vanquisher vereinigt hatten; dann vergingen zwei weitere Tage, in denen Admiral Coutts die Offiziere seines kleinen Geschwaders zu Besprechungen zusammenholte, den entwaffnend zuversichtlichen Franzosen verhörte und schließlich die Informationen verarbeitete, die Paget aus dem Fort gebracht hatte.

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