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„Kontrollraum Ende.“

„Weißt du, wenn ihr beiden endlich mal mit dem Versuch aufhören würdet, euch gegenseitig mit euren immensen Kenntnissen über die Arbeit des anderen zu beeindrucken, dann müßte Doktor Prilicla auch nicht dauernd dieses Geschüttel durchmachen“, ermahnte ihn Murchison mit ernster Stimme.

Die Vergrößerung des Bilds auf dem Schirm wurde erneut verringert, da das Ambulanzschiff dem verunglückten Schiff immer näher kam, während es dessen Drehung durch den Kontakt mit Traktorstrahlen verlangsamte, bis sich die fünfzig Meter voneinander entfernten Schiffe im Verhältnis zueinander nicht mehr bewegten. Durch die günstige Lage des Alienschiffs hatte man dessen Ober- und Unterseite schon mit den Augen und mit Kameras ausführlich inspizieren können. Unter den vielen festgestellten Tatsachen sprang eine jedoch besonders ins Auge. Aber bevor Conway diesen Punkt ansprechen konnte, meldete sich schon der Kontrollraum.

#„Die Konstruktion des Schiffsrumpfs scheint noch in Ordnung zu sein, Doktor. Es gibt keinerlei Anzeichen für äußere Schäden oder Defekte und keine Spur von abgerissenen oder abrasierten Außenaufbauten und Antennensystemen. Die vorläufige Sensorenanalyse der Rumpfoberfläche ergibt recht starke Temperaturunterschiede, und die höchsten Werte sind im Umkreis der Ausbuchtungen an der Schiffskante zu finden. Von diesen drei Stellen geht auch Reststrahlung aus, wie sie beim Erzeugen eines Hyperantriebsfelds entstehen. Außerdem gibt es Anhaltspunkte für eine größere Energiekonzentration um den Mittelpunkt des Schiffs herum sowie mehrere kleinere Ansammlungen, die allesamt über ein noch aktives Leitungsnetz miteinander verbunden sind. Die Einzelheiten können Sie der schematischen Darstellung entnehmen…“

Das Bild vom Alienschiff wurde durch eine schematische Darstellung ersetzt, auf der die Positionen und Intensitäten der Energiekonzentrationen in verschiedenen Rottönen und die Verbindungsleitungen als gelbe, gepunktete Linien eingetragen waren. Dann erschien wieder das ursprüngliche Bild.

„… es gibt keine Hinweise auf ein Leck, aus dem gasförmige oder flüssige Bestandteile der Schiffsatmosphäre entweichen. Bis jetzt konnte ich auch noch keine Einstiegsmöglichkeit ins Schiff entdecken. Es gibt keine Luftschleusen, weder zum Verladen von Gütern noch für die Besatzung, auch keine Markierungen, die meistens in Verbindung mit Ein- und Ausstiegsöffnungen, Inspektions- und Wartungsklappen oder Luken zum Auffüllen der Verbrauchsartikel stehen. Es sind überhaupt keine Markierungen, Kennzeichen, Hinweis- oder Warnsymbole zu erkennen.

Soweit wir feststellen konnten, hat das Schiff eine Oberfläche aus blankem, poliertem Metall, dessen Farbe nur deshalb nicht einheitlich ist, weil an gewissen Stellen verschiedene Legierungen verwendet wurden.“

„Keine Farben oder Kennzeichen“, sagte Naydrad und schob sich näher an den Bildschirm heran. „Sollten wir nach all den Jahren tatsächlich eine Spezies entdeckt haben, die nicht eitel ist?“

„Das ist wahrscheinlich eine Frage der Sehorgane dieser Spezies“, fügte Prilicla hinzu. „Vielleicht sind diese Wesen ganz einfach farbenblind.“

„Das hat wohl eher einen aerodynamischen als einen physiologischen Grund“, warf Fletcher ein.

„Wenn die Besatzung eines anscheinend völlig unbeschädigten Schiffs eine Notsignalbake aussetzt, wird der Grund dafür aller Wahrscheinlichkeit nach im medizinischen Bereich liegen“, gab Conway zu bedenken. „Und egal, wie dieser Grund im einzelnen aussehen mag, der Zustand der Schiffsinsassen ist bestimmt bedenklich. Wir müssen sofort auf dieses Schiff, Captain.“

„Der Meinung bin ich auch“, entgegnete Fletcher. „Lieutenant Dodds bleibt im Kontrollraum. Haslam und Chen begleiten mich zum Schiff.

Wegen der größeren Luftreserven schlage ich vor, die schweren Anzüge anzuziehen. Unser primäres Ziel ist es, einen Weg ins Schiffsinnere ausfindig zu machen, und das könnte einige Zeit dauern. Wie sind Ihre Pläne, Doktor?“

„Pathologin Murchison bleibt hier“, antwortete Conway. „Naydrad wird Ihrem Vorschlag gemäß einen schweren Anzug tragen und sich draußen vor der Luftschleuse mit der Drucktrage bereithalten. Prilicla und ich selbst begleiten Sie zum Schiff. Aber ich sollte besser einen leichten Anzug mit zusätzlichen Sauerstoffflaschen anziehen. Der hat nämlich dünnere Handschuhe — vielleicht muß ich ja Verletzte behandeln.“

„Ich verstehe. Wir treffen uns in fünfzehn Minuten an der Schleuse“, entgegnete Fletcher.

Die Gespräche der Gruppe, die vorhatte, das Alienschiff zu untersuchen, sollten auf das Unfalldeck übertragen und im Kontrollraum von Dodds mitgeschnitten werden, der auch die räumliche Darstellung des Schiffs nach jedem Neueingang von Daten auf den aktuellen Stand bringen würde. Aber als sich das Untersuchungsteam in der Schleuse der Rhabwar befand und gerade mit Hilfe der Anzugdüsen zum Alienschiff hinüberfliegen wollte, drückte Fletcher seinen Helm an den von Conway und gab damit den Wunsch nach einem nicht über Anzugfrequenz belauschten Gespräch zu verstehen.

„Ich hab noch mal über die Anzahl der Teammitglieder bei diesem ersten Betreten und vorläufigen Untersuchen des Schiffs nachgedacht“, erklärte der Captain, wobei seine Stimme durch das Material der beiden Helme gedämpft und etwas verzerrt klang. „Bei dieser Sache ist ein gewisses Maß an Vorsicht angebracht. Das Schiff scheint unbeschädigt und funktionstüchtig zu sein. Meinem Eindruck nach befindet sich eher die Besatzung als das Schiff in desolatem Zustand. Außerdem haben die Insassen möglicherweise keine gesundheitlichen, sondern psychologische Probleme und sind in geistig gestörter Verfassung und nicht mehr bei klarem Verstand. Womöglich sind die so verwirrt, daß sie heftig reagieren und vielleicht sogar einen Sprung in den Hyperraum durchführen, wenn zu viele seltsame Wesen auf ihrem Schiffsrumpf herumkraxeln.“

Jetzt leidet er auch noch an der Wahnvorstellung, ein Xenopsychologe zu sein! dachte Conway und entgegnete: „Da ist sicherlich etwas dran, Captain. Aber Prilicla und ich werden nicht herumkraxeln, sondern uns vielmehr vorsichtig umsehen und keinen einzigen Fund berühren, ohne Ihnen zuvor Bericht erstattet zu haben.“

Sie begannen mit der Untersuchung der Unterseite des scheibenförmigen Schiffs. Jedenfalls handelte es sich nach Fletchers fester Überzeugung um die Unterseite, denn rings um den Teilkreisdurchmesser des Zentrums befanden sich dicht hintereinander vier Öffnungen, und wegen der sie umgebenden Hitzeverfärbung und leichten Korrosionsschäden hegte er keinen Zweifel, daß es sich bei diesen Löchern um die Mündungen von Antriebsdüsen handelte. Nach Lage und Richtung der Triebwerke verlief die Flugrichtung des Schiffs ganz deutlich entlang der Vertikalachse, obwohl es der Captain auch für denkbar hielt, daß das Schiff zum aerodynamischen Manövrieren mit der Kante voran in eine Atmosphäre eintreten konnte.

Neben den verbrannten Stellen an den Düsenöffnungen befand sich in der Mitte der Unterseite eine große, runde Stelle aus rauhem Metall, die sich fast bis zu einem Viertel des Schiffsradius' erstreckte. Darüber hinaus gab es zahlreiche andere rauhe Stellen unterschiedlicher Formen und Größen, die über die Unterseite und am Rand entlang verstreut waren und fast alle nur wenige Zentimeter Durchmesser hatten. Diese rauhen Stellen verwunderten Fletcher außerordentlich, denn sie waren wirklich rauh — sie schürften seine Handschuhe auf und stellten für jeden, der nur einen leichten Raumanzug trug, eine ernsthafte Gefahr dar. Was ihn aber am meisten verwirrte, war, daß der Rest des Schiffs so aussah, als sei es Stück für Stück von Uhrmachern zusammengesetzt worden.

Es gab drei rauhe Stellen, die mit den drei Ausbuchtungen am Schiffsrand übereinstimmten, die höchstwahrscheinlich als Gehäuse für die Hyperantriebsgeneratoren dienten.

Als die Mitglieder des Rettungsteams die Schiffsoberseite in Augenschein nahmen, entdeckten sie weitere kleine Verunstaltungen, die leicht über die sie umgebende Oberfläche vorstanden und die eine Art Materialfehler in der Metallverkleidung zu sein schienen. Fletcher sagte, sie erinnerten ihn an Korrosionsschäden, wenn man davon absehen würde, daß es zwischen diesen ›Roststellen‹ und dem unangegriffenen Metall keinen farblichen Unterschied gab.

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