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Conway brach ab, als der Bildschirm erneut aufflackerte und die Gesichter von Colonel Skempton und Major O'Mara erschienen.

Skempton wirkte nervös und verlegen und blickte beim Sprechen die ganze Zeit auf irgend etwas, das er außer Reichweite der Kamera hielt.

„Vor ein paar Minuten haben wir einen Funkspruch von der Descartes erhalten, in dem folgendes steht: ›Ihre im letzten Funkspruch gegebenen Anweisungen werden wir nicht befolgen. Der Heimatplanet der DBPKs ist lokalisiert, und das Kontaktverfahren ist bereits weit fortgeschritten. Nach dem Inhalt Ihrer Mitteilung zu urteilen, handelt es sich bei der Überlebenden um eine DBPK in der Vorpubertät, und Sie haben Probleme. Warnung: Behandeln Sie dieses Wesen keinesfalls ohne Gesichtsmasken oder leichte Schutzanzüge, und begeben Sie sich auch nicht ohne einen ähnlichen Schutz in die Nähe der Patientin. Falls Sie diese Sicherheitsmaßnahmen nicht getroffen haben und bereits Hospitalpersonal betroffen sein sollte, muß man die Atmung der Opfer sofort länger als zwei Stunden künstlich unterstützen.

Danach wird sich die Atemtätigkeit ohne Nachwirkungen wieder normalisieren. Die Ursache dieser Beschwerden ist eine natürliche Verteidigungswaffe, die nur junge DBPKs besitzen. Die Funktionsweise wird man ihnen nach der Ankunft von zwei DBPK-Ärzte erklären, die in den nächsten vier Stunden mit der Torrance eintreffen und die Patientin nach einer Untersuchung mit nach Hause nehmen werden. Sie sind außerdem sehr an der Idee eines Hospitals mit vielfältigen Umweltbedingungen interessiert und haben um die Erlaubnis gebeten, später zu Studienzwecken für eine gewisse Zeit ins Orbit Hospital zurückkehren zu dürfen, um dort…‹“

Auf einmal wurde es unmöglich, weiterhin Skemptons Stimme oder die Nachricht der Descartes zu hören, weil Doktor Gilvesh Conway etwas zurief und dabei auf die kelgianische Schwester zeigte. Ihr Fell kräuselte sich stark, ein Ausdruck der Enttäuschung, weil der in der Luftröhre steckende Schlauch sie am Sprechen hinderte. Auch ein Mitglied des Transportteams rief nach Conway, weil Thornnastor auf seine sechs mammuthaften Beine zu kommen versuchte und sich dabei lautstark über seine eigene Unbeholfenheit beklagte. Der zusammengebrochene Melfaner war ebenfalls wieder auf den Beinen und wollte deutlich hörbar wissen, was denn überhaupt passiert sei. Der Hudlarer schrie, er habe Hunger. Alle, die in der Drucktragbahre gesteckt hatten, kamen herausgekrochen, und die restlichen Wesen hatten sich von ihren Atemmasken befreit. Alle Anwesenden versuchten gleichzeitig, sich bei Conway oder untereinander Gehör zu verschaffen.

Conway schnellte herum, um einen Blick auf die Patientin zu werfen, denn er sorgte sich plötzlich darum, welche Auswirkungen dieses zunehmende Chaos auf sie haben könnte. Zwar bestand nun keine Gefahr mehr, durch eine Kurzschlußreaktion der Überlebenden das Bewußtsein zu verlieren, da er erst vor ein paar Minuten die Schutzschicht aufgetragen hatte, aber das arme Kind könnte sich ja möglicherweise zu Tode fürchten.

Die junge Patientin sah sich mit ihren großen, sanft dreinblickenden Augen in der Station um, aber es war unmöglich, irgendeinen Ausdruck auf dem pelzigen, dreieckigen Gesicht zu deuten. Dann ließ sich Prilicla von der Decke fallen und schwebte bis auf wenige Zentimeter an Conways Ohr heran.

„Sie brauchen nicht besorgt zu sein, mein Freund“, beruhigte ihn der kleine Empath. „Das vorherrschende Gefühl der Patientin ist nichts als pure Neugier…“

Über diesen ganzen tumultartigen Radau hinweg konnte Conway sehr schwach im Hintergrund die Folge langer Sirenentöne hören, die Entwarnung für den Kontaminierungsalarm gaben.

VIERTER TEIL

Das Ambulanzschiff

Wenige Stunden später trafen die beiden dwerlanischen DBPK-Ärzte ein, um die Patientin abzuholen. Doch entschieden sie nach kurzer Beratung, daß sie im Orbit Hospital die optimale Behandlung erfuhr. Deshalb baten sie darum, der Patientin den Aufenthalt bis zur vollständigen Genesung in zwei bis drei Wochen zu gestatten. In der Zwischenzeit nahmen die beiden Ärzte, deren Muttersprache man bereits in den Übersetzungscomputer eingegeben hatte, das gesamte Orbit Hospital unter die Lupe, dieses technische und medizinische Wunderwerk. Während dieser Rundgänge standen ihre pelzigen Schwänze wie Fragezeichen in der Luft — es sei denn, diese großen und ausdrucksfähigen Körperglieder mußten aus Gründen des Schutzes vor fremdartigen Umweltbedingungen in Anzüge gezwängt werden.

Sie besuchten auch mehrere Male das Ambulanzschiff. Anfangs, um den Offizieren und dem medizinischen Team der Rhabwar für die Rettung der jungen Dwerlanerin zu danken, die als einzige die Schiffskatastrophe überlebt hatte, und später, um ihre Eindrücke vom Hospital zu schildern oder über ihren Heimatplaneten Dwerla und dessen vier blühende Kolonien zu berichten. Diese Besuche waren für die Besatzung der Rhabwar stets eine willkommene Unterbrechung des eintönigen Aufenthalts an Bord, der sich für sie zu einem schier endlosen autodidaktischen Unterrichtszyklus entwickelt hatte.

Zumindest hatte der Chefpsychologe diese Reihe von Vorträgen, Drillübungen und technischen Demonstrationen so bezeichnet, mit der die Besatzung in den nächsten paar Monaten beschäftigt sein würde — falls vorher kein Notruf einging.

„Da das Schiff im Dock liegt, werden Sie Ihre Dienstzeit an Bord verbringen“, hatte O'Mara Conway im Verlauf eines kurzen und nicht sehr erfreulichen Gesprächs mitgeteilt. „Und zwar so lange, bis Sie sich selbst — und natürlich auch mich — davon überzeugt haben, mit jedem einzelnen Aspekt Ihres neuen Aufgabenbereichs vollkommen vertraut zu sein, also mit dem Schiff und seinen Systemen und Anlagen. Außerdem sollten sie sich auf den verschiedenen Spezialgebieten der Offiziere wenigstens ebenso viele Kenntnisse erwerben wie umgekehrt die Offiziere auf Ihrem Fachgebiet. Denn obwohl Sie innerhalb von zwei Wochen bereits zwei Notrufeinsätze hatten, sind Sie noch immer nicht hinreichend eingearbeitet an Bord.

Ihr erster Einsatz war für Sie selbst mit beachtlichen Unannehmlichkeiten verbunden“, fuhr der Chefpsychologe griesgrämig fort, „und der zweite führte im Hospital fast zu einer allgemeinen Panik. Doch keine der beiden Aufgaben kann man als eine wirkliche Herausforderung bezeichnen — weder an Ihre Fähigkeiten in extraterrestrischer Medizin noch an Fletchers Sachkenntnis auf dem Gebiet der ET-Technik. Der nächste Einsatz wird vielleicht nicht mehr so einfach sein, Conway. Deshalb schlage ich vor, als Vorbereitung dafür lernen Sie erst einmal alle, wie man als ein Team zusammenarbeitet, anstatt sich ständig wie zwei gegnerische Mannschaften auf Punktejagd zu bekämpfen. Und knallen Sie bitte beim Hinausgehen die Tür nicht so laut zu.“

Und so kam es, daß die Rhabwar zu einem Klassenzimmer und Labor in Schiffsgestalt wurde, in dem die Offiziere Vorträge über ihr jeweiliges Spezialgebiet hielten, und zwar in ihrer Meinung nach für ausschließlich medizinische Köpfe noch nachvollziehbarer Ausführlichkeit, während sich das medizinische Team seinerseits um die Vermittlung der Grundlagen in extraterrestrischer Physiologie bemühte. Da die Dozenten eher einen allgemeinen als einen stark spezialisierten Einblick in das Thema zu geben hatten, übernahmen normalerweise Conway oder Fletcher diese Aufgabe.

Mit Ausnahme des wachhabenden Offiziers im Kontrollraum, der den Unterricht aber trotzdem am Bildschirm mitverfolgen und Zwischenfragen stellen konnte, waren bei den medizinischen Vorträgen sämtliche Schiffsoffiziere anwesend.

Bei einer dieser Gelegenheiten sprach Conway über vergleichende extraterrestrische Physiologie.

„Wenn man nicht in einem Hospital mit vielfältigen Umweltbedingungen wie diesem hier arbeitet, kommt man normalerweise immer nur mit Extraterrestriern einer Spezies zur gleichen Zeit zusammen und bezeichnet sie nach ihrem Herkunftsplaneten. Aber hier im Hospital und auf den Schiffswracks, auf die wir noch stoßen werden, ist die schnelle und genaue Identifizierung eintreffender Patienten und geretteter Katastrophenopfer lebenswichtig, weil sich die Verletzten allzuoft nicht in dem Zustand befinden, physiologische Informationen über sich selbst geben zu können.

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