(Lerse kommt.)
Lerse. Freiheit! Freiheit! Das sind schlechte Menschen, unschlüssige bedächtige Esel. Ihr sollt abziehen mit Gewehr, Pferden und Rüstung. Proviant sollt Ihr dahintenlassen.
Götz. Sie werden sich kein Zahnweh dran kauen.
Lerse (heimlich). Habt Ihr das Silber versteckt?
Götz. Nein! Frau, geh mit Franzen, er hat dir was zu sagen.
(Alle ab.)
Schloßhof
Georg (im Stall, singt).
Es fing ein Knab ein Vögelein,
Hm! Hm!
Da lacht' er in den Käfig 'nein,
Hm! Hm!
So! So!
Hm! Hm!
Der freut' sich traun so läppisch,
Hm! Hm!
Und griff hinein so täppisch,
Hm! Hm!
So! So!
Hm! Hm!
Da flog das Meislein auf ein Haus,
Hm! Hm!
Und lacht' den dummen Buben aus,
Hm! Hm!
So! So!
Hm! Hm!
Götz. Wie steht's?
Georg (führt sein Pferd heraus). Sie sind gesattelt.
Götz. Du bist fix.
Georg. Wie der Vogel aus dem Käfig.
(Alle die Belagerten.)
Götz. Ihr habt eure Büchsen? Nicht doch! Geht hinauf und nehmt die besten aus dem Rüstschrank, es geht in einem hin. Wir wollen vorausreiten.
Georg.
(Ab.)
Saal
Zwei Knechte am Rüstschrank.
Erster Knecht. Ich nehm die.
Zweiter Knecht. Ich die. Da ist noch eine schönere.
Erster Knecht. Nicht doch! Mach, daß du fortkommst.
Zweiter Knecht. Horch!
Erster Knecht (springt ans Fenster). Hilf, heiliger Gott! sie ermorden unsern Herrn. Er liegt vom Pferd! Georg stürzt!
Zweiter Knecht. Wo retten wir uns! An der Mauer den Nußbaum hinunter ins Feld. (Ab.)
Erster Knecht. Franz hält sich noch, ich will zu ihm. Wenn sie sterben, mag ich nicht leben. (Ab.)
Vierter Akt
Wirtshaus zu Heilbronn
Götz.
Götz. Ich komme mir vor wie der böse Geist, den der Kapuziner in einen Sack beschwur. Ich arbeite mich ab und fruchte mir nichts. Die Meineidigen!
(Elisabeth kommt.)
Götz. Was für Nachrichten, Elisabeth, von meinen lieben Getreuen?
Elisabeth. Nichts Gewisses. Einige sind erstochen, einige liegen im Turn. Es konnte oder wollte niemand mir sie näher bezeichnen.
Götz. Ist das Belohnung der Treue? des kindlichen Gehorsams? — Auf daß dir's wohl gehe und du lange lebest auf Erden!
Elisabeth. Lieber Mann, schilt unsern himmlischen Vater nicht. Sie haben ihren Lohn, er ward mit ihnen geboren, ein freies edles Herz. Laß sie gefangen sein, sie sind frei! Gib auf die deputierten Räte acht, die großen goldnen Ketten stehen ihnen zu Gesicht —
Götz. Wie dem Schwein das Halsband. Ich möchte Georgen und Franzen geschlossen sehn!
Elisabeth. Es wäre ein Anblick, um Engel weinen zu machen.
Götz. Ich wollt nicht weinen. Ich wollte die Zähne zusammenbeißen und an meinem Grimm kauen. In Ketten meine Augäpfel! Ihr lieben Jungen, hättet ihr mich nicht geliebt! — Ich würde mich nicht satt an ihnen sehen können. — Im Namen des Kaisers ihr Wort nicht zu halten!
Elisabeth. Entschlagt Euch dieser Gedanken. Bedenkt, daß Ihr vor den Räten erscheinen sollt. Ihr seid nicht gestellt, ihnen wohl zu begegnen, und ich fürchte alles.
Götz. Was wollen sie mir anhaben?
Elisabeth. Der Gerichtsbote!
Götz. Esel der Gerechtigkeit! Schleppt ihre Säcke zur Mühle, und ihren Kehrig aufs Feld. Was gibt's?
(Gerichtsdiener kommt.)
Gerichtsdiener. Die Herren Kommissarii sind auf dem Rathause versammelt und schicken nach Euch.
Götz. Ich komme.
Gerichtsdiener. Ich werde Euch begleiten.
Götz. Viel Ehre.
Elisabeth. Mäßigt Euch.
Götz. Sei außer Sorgen. (Ab.)
Rathaus
Kaiserliche Räte. Hauptmann. Ratsherren von Heilbronn.
Ratsherr. Wir haben auf Euern Befehl die stärksten und tapfersten Bürger versammelt; sie warten hier in der Nähe auf Euern Wink, um sich Berlichingens zu bemeistern.
Erster Rat. Wir werden Ihro Kaiserlichen Majestät Eure Bereitwilligkeit, Ihrem höchsten Befehl zu gehorchen, mit vielem Vergnügen zu rühmen wissen. — Es sind Handwerker?
Ratsherr. Schmiede, Weinschröter, Zimmerleute, Männer mit geübten Fäusten und hier wohl beschlagen (auf die Brust deutend).
Rat. Wohl.
(Gerichtsdiener kommt.)
Gerichtsdiener. Götz von Berlichingen wartet vor der Tür.
Rat. Laßt ihn herein.
(Götz kommt.)
Götz. Gott grüß euch, ihr Herrn, was wollt ihr mit mir?
Rat. Zuerst, daß Ihr bedenkt: wo Ihr seid? und vor wem?
Götz. Bei meinem Eid, ich verkenn euch nicht, meine Herrn.
Rat. Ihr tut Eure Schuldigkeit.
Götz. Von ganzem Herzen.
Rat. Setzt Euch.
Götz. Da unten hin? Ich kann stehn. Das Stühlchen riecht so nach armen Sündern, wie überhaupt die ganze Stube.
Rat. So steht!
Götz. Zur Sache, wenn's gefällig ist.
Rat. Wir werden in der Ordnung verfahren.
Götz. Bin's wohl zufrieden, wollt, es wär von jeher geschehen.
Rat. Ihr wißt, wie Ihr auf Gnad und Ungnad in unsere Hände kamt.
Götz. Was gebt Ihr mir, wenn ich's vergesse?
Rat. Wenn ich Euch Bescheidenheit geben könnte, würd ich Eure Sache gut machen.
Götz. Gut machen! Wenn Ihr das könntet! Dazu gehört freilich mehr als zum Verderben.
Schreiber. Soll ich das alles protokollieren?
Rat. Was zur Handlung gehört.
Götz. Meinetwegen dürft Ihr's drucken lassen.
Rat. Ihr wart in der Gewalt des Kaisers, dessen väterliche Gnade an den Platz der majestätischen Gerechtigkeit trat, Euch anstatt eines Kerkers Heilbronn, eine seiner geliebten Städte, zum Aufenthalt anwies. Ihr verspracht mit einem Eid, Euch, wie es einem Ritter geziemt, zu stellen und das Weitere demütig zu erwarten.
Götz. Wohl, und ich bin hier und warte.
Rat. Und wir sind hier, Euch Ihro Kaiserlichen Majestät Gnade und Huld zu verkündigen. Sie verzeiht Euch Eure Übertretungen, spricht Euch von der Acht und aller wohlverdienten Strafe los, welches Ihr mit untertänigem Dank erkennen und dagegen die Urfehde abschwören werdet, welche Euch hiermit vorgelesen werden soll.
Götz. Ich bin Ihro Majestät treuer Knecht wie immer. Noch ein Wort, eh Ihr weitergeht: Meine Leute, wo sind die? Was soll mit ihnen werden?
Rat. Das geht Euch nichts an.
Götz. So wende der Kaiser sein Angesicht von Euch, wenn Ihr in Not steckt! Sie waren meine Gesellen, und sind's. Wo habt Ihr sie hingebracht?
Rat. Wir sind Euch davon keine Rechnung schuldig.
Götz. Ah! Ich dachte nicht, daß Ihr nicht einmal zu dem verbunden seid, was Ihr versprecht, geschweige —
Rat. Unsere Kommission ist, Euch die Urfehde vorzulegen. Unterwerft Euch dem Kaiser, und Ihr werdet einen Weg finden, um Eurer Gesellen Leben und Freiheit zu flehen.