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Dritter Akt

Stella in aller Freude hineintretend mit Fernando.

Stella zu den Wänden.

Er ist wieder da! Seht ihr ihn? Er ist wieder da!

Vor das Gemälde einer Venus tretend.

Siehst du ihn, Göttin? Er ist wieder da! Wie oft bin ich Törin auf und ab gelaufen, hier, und habe geweint, geklagt vor dir. Er ist wieder da! Ich traue meinen Sinnen nicht. Göttin! ich habe dich so oft gesehen, und er war nicht da — Nun bist du da, und er ist da! — Lieber! Lieber! Du warst lange weg! — Aber du bist da!

Ihm um den Hals fallend.

Du bist da! Ich will nichts fühlen, nichts hören, nichts wissen, als daß du da bist!

Fernando.

Stella! meine Stella!

An ihrem Halse.

Gott im Himmel, du gibst mir meine Tränen wieder!

Stella.

O du Einziger!

Fernando.

Stella! laß mich wieder deinen lieben Atem trinken, deinen Atem, gegen den mir alle Himmelsluft leer, unerquicklich war! —

Stella.

Lieber! —

Fernando.

Hauche in diesen ausgetrockneten, verstürmten, zerstörten Busen wieder neue Liebe, neue Lebenswonne, aus der Fülle deines Herzens!

Er hängt an ihrem Munde.

Stella.

Bester!

Fernando.

Erquickung! Erquickung! — Hier, wo du atmest, schwebt alles in genüglichem, jungem Leben. Lieb und bleibende Treue würden hier den ausgedorrten Vagabunden fesseln.

Stella.

Schwärmer!

Fernando.

Du fühlst nicht, was Himmelstau dem Dürstenden ist, der aus der öden, sandigen Welt an deinen Busen zurückkehrt.

Stella.

Und die Wonne des Armen? Fernando! sein verirrtes, verlornes, einziges Schäfchen wieder an sein Herz zu drücken?

Fernando zu ihren Füßen.

Meine Stella!

Stella.

Auf, Bester! Steh auf! Ich kann dich nicht knieen sehen.

Fernando.

Laß das! Lieg ich doch immer vor dir auf den Knieen; beugt sich doch immer mein Herz vor dir, unendliche Liebe und Güte!

Stella.

Ich habe dich wieder! — Ich kenne mich nicht, ich verstehe mich nicht! Im Grunde, was tut's?

Fernando.

Mir ist's wieder wie in den ersten Augenblicken unsrer Freuden. Ich hab dich in meinen Armen, ich sauge die Gewißheit deiner Liebe auf deinen Lippen, und taumle, und frage mich staunend, ob ich wache oder träume.

Stella.

Nun, Fernando, wie ich spüre, gescheiter bist du nicht geworden.

Fernando.

Da sei Gott für! — Aber diese Augenblicke von Wonne in deinen Armen machen mich wieder gut, wieder fromm. — Ich kann beten, Stella; denn ich bin glücklich.

Stella.

Gott verzeih dir's, daß du so ein Bösewicht, und so gut bist — Gott verzeih dir's, der dich so gemacht hat — so flatterhaft und so treu! — Wenn ich den Ton deiner Stimme höre, so mein ich doch gleich wieder, das wäre Fernando, der nichts in der Welt liebte als mich!

Fernando.

Und ich, wenn ich in dein blaues, süßes Aug dringe, und drin mich mit Forschen verliere, so mein ich, die ganze Zeit meines Wegseins hätte kein ander Bild drin gewohnet als das meine.

Stella.

Du irrst nicht.

Fernando.

Nicht? —

Stella .

Ich würde dir's bekennen! — Gestand ich dir nicht in den ersten Tagen meiner vollen Liebe zu dir alle kleine Leidenschaften, die je mein Herz gerührt hatten? Und ward ich dir darum nicht lieber? —

Fernando.

Du Engel!

Stella .

Was siehst du mich so an? Nicht wahr, ich bin älter worden? Nicht wahr, das Elend hat die Blüte von meinen Wangen gestreift? —

Fernando.

Rose! meine süße Blume! Stella! — Was schüttelst du den Kopf?

Stella .

— Daß man euch so lieb haben kann! — Daß man euch den Kummer nicht anrechnet, den ihr uns verursachet!

Fernando , ihre Locken streichelnd.

Ob du wohl graue Haare davon gekriegt hast? — Es ist dein Glück, daß sie so blond ohne das sind — Zwar ausgefallen scheinen dir keine zu sein.

Er zieht ihr den Kamm aus den Haaren, und sie rollen tief herunter.

Stella .

Mutwille!

Fernando , seine Arme drein wickelnd.

Rinaldo wieder in den alten Ketten!

Bedienter kommt.

Bedienter.

Gnädige Frau!

Stella .

Was hast du? Du machst ein verdrießlich, ein kaltes Gesicht; du weißt, die Gesichter sind mein Tod, wenn ich vergnügt bin.

Bedienter.

Und doch, gnädige Frau — Die zwei Fremden wollen fort.

Stella .

Fort? Ach!

Bedienter.

Wie ich sage. Ich sah die Tochter ins Posthaus gehn, wiederkommen, zur Mutter reden. Da erkundigt ich mich drüben: es hieß, sie hätten Extrapost bestellt, weil der Postwagen hinunter schon fort ist. Ich redete mit ihnen; sie bat mich, die Mutter, in Tränen, ich sollte ihnen ihre Kleider heimlich hinüberschaffen, und der gnädigen Frau tausend Segen wünschen; sie könnten nicht bleiben.

Fernando.

Es ist die Frau, die heute mit ihrer Tochter angekommen ist?

Stella .

Ich wollte die Tochter in meine Dienste nehmen und die Mutter dazu behalten. — O daß sie mir jetzt diese Verwirrung machen, Fernando! —

Fernando.

Was mag ihnen sein?

Stella .

Gott weiß! Ich kann, ich mag nichts wissen. Verlieren möcht ich sie nicht gern — Hab ich doch dich, Fernando! Ich würde zugrunde gehn in diesen Augenblicken! Rede mit ihnen, Fernando. — Eben jetzt! jetzt! — Mache, daß die Mutter herüber kommt, Heinrich!

Der Bediente geht ab.

Sprich mit ihr: sie soll Freiheit haben. — Fernando, ich will ins Boskett! Komm nach! Komm nach! — Ihr Nachtigallen, ihr empfangt ihn noch!

Fernando.

Liebste Liebe!

Stella , an ihm hangend.

Und du kommst doch bald?

Fernando.

Gleich! Gleich!

Stella ab.

Fernando allein.

Engel des Himmels! Wie vor ihrer Gegenwart alles heiter wird, alles frei! — Fernando, kennst du dich noch selbst? Alles, was diesen Busen bedrängt, es ist weg; jede Sorge, jedes ängstliche Zurückerinnern, was war — und was sein wird! — Kommt ihr schon wieder? — und doch, wenn ich dich ansehe, deine Hand halte, Stella! flieht alles, verlischt jedes andre Bild in meiner Seele!

Der Verwalter kommt.

Verwalter , ihm die Hände küssend.

Sie sind wieder da?

Fernando , die Hand wegziehend.

Ich bin's.

Verwalter.

Lassen Sie mich! Lassen Sie mich! O gnädiger Herr! —

Fernando.

Bist du glücklich?

Verwalter.

Meine Frau lebt, ich habe zwei Kinder — Und Sie kommen wieder!

Fernando.

Wie habt ihr gewirtschaftet?

Verwalter.

Daß ich gleich bereit bin, Rechenschaft abzulegen — Sie sollen erstaunen, wie wir das Gut verbessert haben. — Darf ich denn fragen, wie es Ihnen ergangen ist?

Fernando.

Stille! — Soll ich dir alles sagen? Du verdienst's, alter Mitschuldiger meiner Torheiten.

Verwalter.

Gott sei nur Dank, daß Sie nicht Zigeunerhauptmann waren; ich hätte auf ein Wort von Ihnen gesengt und gebrennt.

Fernando.

Du sollst's hören!

Verwalter.

Ihre Gemahlin? Ihre Tochter?

Fernando.

Ich habe sie nicht gefunden. Ich traute mich selbst nicht in die Stadt; allein aus sichern Nachrichten weiß ich, daß sie sich einem Kaufmann, einem falschen Freunde vertraut hat, der ihr die Kapitalien, die ich ihr zurückließ, unter dem Versprechen größerer Prozente ablockte und sie darum betrog. Unter dem Vorwande, sich aufs Land zu begeben, hat sie sich aus der Gegend entfernt und verloren, und bringt wahrscheinlicher Weise durch eigene und ihrer Tochter Handarbeit ein kümmerliches Leben durch. Du weißt, sie hatte Mut und Charakter genug, so etwas zu unternehmen.

Verwalter.

Und Sie sind nun wieder hier! Verzeihn wir's Ihnen, daß Sie solange ausgeblieben.

Fernando.

Ich bin weit herumgekommen.

Verwalter.

Wäre mir's nicht zu Hause mit meiner Frau und zwei Kindern so wohl, beneidete ich Sie um den Weg, den Sie wieder durch die Welt versucht haben. Werden Sie uns nun bleiben?

Fernando.

Will's Gott!

Verwalter.

Es ist doch am Ende nichts anders und nichts Bessers.

Fernando.

Ja wer die alten Zeiten vergessen könnte!

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