„Und deine Tochter wird Frösche fressen! Hahaha!“
„Dafür werde ich eine Madame und du bloß eine Geisha!“
„Sehr witzig.“
Es war ein herrlicher Tag. Scherzhaft planten die beiden Mädchen ihre Zukunft.
Stella hatte nicht die Absicht, länger in Japan zu bleiben. In ihrem Fall war die Auswahl an Verträgen nicht groß. Ihre Witze über Sohn und Tochter der anderen dagegen erreichten anscheinend Gottes Ohr.
Aber darauf werden wir später zurückkommen.
Eine ganze Woche verbrachten die Mädchen im Vollrausch. Sie stritten und versöhnten sich wieder, während sie auf die Reiseunterlagen warteten.
Als alles fertig war, fuhr Natalja in Darjas Büro, um die rettenden Papiere persönlich abzuholen. Das Büro der Vermittlerin befand sich im gleichen Häuserblock wie Nataljas Wohnung. Sie konnte der Neugier nicht widerstehen und beschloss, bei sich vorbeizuschauen. Das war äußerst gefährlich. Aber es war ihr egal. Sie stieg zu ihrem Stockwerk hinauf und sah, dass die Wohnungstür verplombt war. Schreckliche Angst überkam sie. Erst in diesem Moment begriff sie den ganzen Ernst ihrer Lage. Natalja lief aus dem Gebäude wie ein Hase und zu dem Haus, wo ihre Freundin auf sie wartete. Schreiend rannte sie zu ihr hinein.
„Wir müssen schnell packen! Sie suchen schon nach uns!“
„Wir werden längst gesucht. Weißt du das denn nicht? Hast du die Unterlagen abgeholt?“
„Ja!“ Ich habe alles dabei! Lass uns sofort aus diesem verfluchten Haus verschwinden!“
„Ich bin so weit. Ruf ein Taxi. Ich glaube, wir müssen nach Charkow fahren und von dort aus fliegen.“
„Einverstanden.“
„Wer hat dir gesagt, dass wir gesucht werden? Hast du bei Artschik auf einen Abschiedsfick vorbeigeschaut? Wolltest du ihm erzählen, wo du hinfährst? Hahaha!“
„Stella, du bist natürlich sehr witzig, aber mir ist gerade nicht zum Lachen. Ich war bei meiner Wohnung!“ Natalja kniff die Augen zusammen und wartete auf die Schelte der Freundin. Aber diesmal reagierte Stella gar nicht so heftig:
„Das war dumm.“
Bald kamen die Mädchen in Charkow an. Die Stadt gefiel ihnen. Sie sah ziemlich gepflegt, man könnte sogar sagen, trendy aus. Es gab viele junge Leute, allerlei Unterhaltungsmöglichkeiten und Partys. Natalja wollte natürlich zum Barabaschowo-Markt. Er zog sie an wie ein Magnet, denn dort konnte man eine ganze Garderobe für wenig Geld ergattern. Auf diesem gigantischen Markt, der rund um die Uhr geöffnet zu sein schien, gab alles zu kaufen, selbst die nötigen Teile, um eine Bombe zu basteln.
Die resolute Blonde mit den brennenden Augen tauchte sofort in die Menschenmenge ein, die aus verschiedensten Nationalitäten bestand. Sie verschwand so schnell, als ob das schwarze Marktgewühl sie einfach eingesaugt hätte, ohne die kleinste Spur von Weiß zu hinterlassen. Stella schaute ihr nach. Wie unpassend sah der weiße Fleck vor dem schwarzen Hintergrund aus. So kann ein gerade gewachsener Mensch unter Buckligen wie eine Missgestalt erscheinen.
Stella ging durch die Menge auf der Suche nach einer Wohnung oder einem Zimmer. Sie hatte einen Wunsch, ein paar Tage in dieser tollen Stadt zu verbringen. Sie wollte sich abends in einem Klub ein bisschen entspannen. Aber zuvor musste sie eine Wohnung mieten und am nächsten Schalter ein Flugticket nach Moskau kaufen.
Sie traf eine Frau mit einem Schild, auf dem geschrieben stand: „Wohnung zu vermieten“, und fragte nach.
„Es ist ein abschließbares Zimmer in einer Zweizimmerwohnung. Im anderen Zimmer wohnt ein Mann aus Moldawien, der hier auf dem Markt als Lastträger arbeitet. Er hat einen engen Zeitplan, geht um 4 Uhr morgens aus dem Haus und kommt spät am Abend wieder. Die Küche wird geteilt. Die Miete ist niedrig.“
„Okay. Ich nehme das Zimmer. Könnten Sie noch einen Augenblick warten, bitte? Meine Freundin kommt in einer Stunde zu dem Café da drüben.“
„Gut. Dann bin ich in einer Stunde wieder da.“
„Abgemacht.“
Natalja wurde wütend, als sie von Mietbedingungen erfuhr.
„In einem Zimmer? Bist du verrückt geworden? So kann ich doch niemanden für die Nacht mitbringen!“
„Wir haben einen Haufen Geld bei uns! Und Wertsachen! Du darfst niemanden mit in die Wohnung bringen! Geh ins Hotel oder zu deinem Freier nach Hause!“
„Die meisten wohnen bei ihren Müttern! Du kennst doch unsere Kundschaft. Penner und Versager sind gut im Bett. Männer, deren Gehirn wenigstens ein bisschen funktioniert, können nicht länger als dreißig Minuten.“
„Hahaha! Danke für die Info. Ich werde mir dümmere Typen aussuchen.“
„Ich sterbe vor Lachen.“
Das Zimmer gefiel den Mädchen. Es war geräumig, mit einem großen Bett und Balkon.
„Wow! Der Fickplatz ist ja riesig!“
„Ein altertümliches Großmutterbett für witzige Leute mit Fantasie…“
Die Tür zum zweiten Zimmer stand halb offen. Stella schaute hinein, um den Nachbar zu begrüßen, aber er war nicht da.
„Seltsam. Wo ist unser Nachbar?“
„Ich glaube nicht, dass er schon zu Hause ist. Gewöhnlich fährt er bis zum späten Abend Waren in die Lager.“
„Schließt er sein Zimmer nicht ab?“
„Wahrscheinlich hat er gedacht, dass er hier allein wohnen könnte, bei der winzigen Miete, die von ihm kassiere“, sagte die Vermieterin sarkastisch. „Moldawier sind eben doof.“
Die Frau schrieb mit kluger Miene die Daten aus den gefälschten Pässen ab, nahm das Geld mit der Geschicklichkeit einer erfahrenen Taschendiebin und verließ die Wohnung.
Ohne zu zögern untersuchten die Mädchen das Zimmer des Moldawiers und fanden einen Safe. Er war natürlich nicht in die Wand eingebaut. Er stand einfach in einem Schränkchen und war so groß, dass die Tür des Schränkchens nicht mehr zuging.
„Hahaha! Er ist wirklich doof!“
„Ja, das kann man nicht anders sagen“, schmunzelte Stella. „Schönes Bild.“
„Wollen wir ihn zersägen? Oder gucken wir den Code mit einem Spiegel um die Ecke ab, wenn er kommt?“
„Abgucken wäre wohl am besten. Wenn es nicht klappt, lassen wir den Safe auf dem Markt zersägen. Das dürfte eine halbe Stunde dauern.“
„Dort, wo er arbeitet. Hahaha! Trinken wir inzwischen einen Kaffee?“
„Schenk ein. Den haben wir von unserem Moldawier.“
Die Mädchen hörten, wie sich das Türschloss öffnete. Sie hatten die Spiegel parat, als ob sie vorausgeahnt hätten, was ihr Nachbar tun würde. Ohne die fremden Menschen in der Wohnung zu bemerken, ging er gleich zum Safe, um das an diesem Tag verdiente Geld hineinzulegen. Laut sagte er die Zahl: „7326.“ Die Mädchen standen versteckt in den Ecken, hielten die Spiegel bereit und versuchten, das Lachen zu unterdrücken. Stella hielt es nicht mehr aus und wieherte los. Der arme Moldawier erschrak fast zu Tode. Er sprang beiseite, die Adern an seinem Hals traten hervor. Erst schrie er wie am Spieß, dann wurden seine Worte klarer:
„Was machen Sie in meiner Wohnung?“
„Ist das Ihre Wohnung? Oh, entschuldigen Sie bitte! Wir brauchen Mehl. Haben Sie eine Prise?“
„Hahahaha!“
„Das ist nicht lustig! Ich wäre fast vor Schreck gestorben!“
„Wir auch.“
„Dürfen wir uns vorstellen? Ich heiße Wassilissa.“
„Die Schöne?“
„Sehe ich etwa nicht so aus?“
„Entschuldigung, aber in der Dunkelheit kommen Sie mir eher wie eine Hexe vor.“
„Ich bin Warwara“, stellte sich Stella mit einem unterdrückten Lächeln vor.
„Sie haben merkwürdige Vornamen. Ich heiße Wadim. Oder einfach Wadik.“
„Das ist uns schon klar, dass es bei Ihnen einfach zugeht. Vielleicht würde Wadja auch passen? Hahaha!“
„Machen Sie sich lustig über mich, junge Frau?“
„Oh nein, gar nicht! Wir sind ernsthafte, gute Studentinnen.“
„Dann bin ich froh, Sie kennenzulernen. Kommen Sie in die Küche? Trinken wir einen Kaffee zusammen? Aber zuerst muss ich in die Dusche und mich umziehen.“
„Hast du gesehen, Stella?“ sagte Natalja in der Küche. „Er ist vielleicht doof, aber er hat einen gescheiten Code für seinen Safe.“