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Zest erwartete sie also nicht. Sie saßen in der Falle.

Bolitho sah in Inskips gerötetes Gesicht.»Ich fürchte, wir haben uns nicht geirrt, Sir Charles. «Er drehte sich zu Poland um.»Klar Schiff zum Gefecht, bitte.»

«An Deck! Zweites Segel hinter dem ersten!»

Der Rudergänger stöhnte laut auf.

«Die Korvette hat die Trikolore gesetzt!»

Poland fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Also zwei feindliche Schiffe auf Annäherungskurs und ein drittes wie ein Jagdhund in ihrem Kielwasser. An Steuerbord drückte der Wind mit ganzer Kraft, an Backbord drohte die dänische Küste. War die Truculent jetzt gefangen? Sollte er auf Land zulaufen bis zur

Strandung — oder sollte er sich stellen, um von dieser Übermacht zerschossen zu werden? Mit erloschenem Blick befahl er seinem Ersten Offizier:»Alle Mann an Deck und dann klar zum Gefecht!»

Die Trommler der Seesoldaten rannten an ihre Plätze. Allday überquerte das Deck, das Entermesser achtlos im Gürtel. Jenour rückte seinen Degen gerade und blickte entschlossen nach achtern, als die Trommeln zu wirbeln begannen.

«Und wenn die Zest doch noch kommt?«Nur Bolitho hörte Inskips Frage, als die Männer durch die Decks rannten und überall Zwischenwände abgeschlagen wurden, damit sie niemanden behinderten.»Warum sind es gleich drei Schiffe?«klagte er.

Bolitho sah an Gaffel und Großmast ihre Kriegsflagge auswehen. Die Aufforderung zum Gefecht war angenommen.

«Die Franzosen wußten von unserem Auftrag«, sagte er zu Inskip.»Einer der erfahrensten Gesandten Seiner Majestät war unterwegs nach Dänemark mit einem Flaggoffizier. Darauf hatten die Franzosen nur gewartet. Wenn man uns hier gefangennimmt, kann Napoleon die Dänen wegen ihrer Geheimgespräche mit uns unter Druck setzen. Und damit vielleicht Schweden und Rußland bewegen, auf seine Seite überzugehen.»

Inskip schwieg bedrückt und beobachtete die Männer an den Kanonen, wie sie die Zugseile lösten und mit Handspaken die Rohre in die richtige Position drückten. Quer über das Oberdeck wurden oben Netze aufgeriggt, um die Besatzung vor fallenden Trümmern zu schützen. Auch die Boote wurden von ihren Klampen gehievt und zu Wasser gebracht. Bei Beschuß waren sie eine Quelle gefährlicher Splitter — und nach dem Gefecht eine zusätzliche Beute für den Sieger. Für die meisten Matrosen aber bedeuteten sie eine Chance zu überleben, und mancher sah ihnen düster nach.

Die Seesoldaten luden ihre Musketen und pflanzten die Bajonette auf. Sie würden auch auf die eigene Besatzung schießen, falls einer in Panik davonlief.

«Schiff ist klar zum Gefecht!«meldete Williams mit entschlossenem Blick.

«Sehr gut, Mr. Williams«, antwortete Poland distanziert.»Aber noch nicht laden und ausrennen. «Seine Augen waren so starr, als sei er bereits tot.

Inskip berührte Bolitho am Ärmel.»Wollen Sie wirklich gegen drei Schiffe kämpfen?»

Bolitho antwortete ihm nicht direkt.»Heißen Sie meine Flagge im Vortopp, Kapitän Poland. Damit man weiß, wer an Bord ist.»

Inskip ließ die Schultern sinken. Deutlicher hätte die Antwort nicht ausfallen können.

Der Himmel klarte in der nächsten Stunde auf, die Sonne durchbrach die Wolken, brachte aber keine Wärme. Schaumflocken flogen über die Netze, und wen sie trafen, der erschauerte wie unter dem Anprall von Eis.

Bolitho bat den ältesten Midshipman um sein Teleskop und ging zu den Besanwanten. Ohne Hast enterte er in die Webleinen auf und beobachtete den Feind durchs Glas.

Die erste französische Fregatte war auf ihrem konvergierenden Kurs gut zu erkennen. Jedes Segel war gesetzt und stand prall im Wind. Sie war groß, Bolitho schätzte sie auf vierzig Kanonen. Die zweite war kleiner, etwa so groß wie die Truculent. Unschwer konnte er sich auf ihr den Lärm vorstellen, das gleiche Quietschen der Lafetten, die gleiche Ungeduld der Männer, die auf den Befehl zum Ausrennen warteten.

Um sich herum spürte er Stille. Jedermann an Deck beobachtete ihn, während er den Feind abschätzte. Die Franzosen ließen sich Zeit.

Er schob das Rohr zusammen, stieg nach unten und gab es dem Midshipman zurück.»Vielen Dank, Mr. Fellowes. «Der junge Mann lächelte geschmeichelt, denn der Admiral hatte sich an seinen Namen erinnert. Bolitho überquerte das Achterdeck. Neben Poland standen Inskip und Agnew, der kummervolle Sekretär. Alle drei erwarteten sein Urteil über die Lage.

Bolitho sprach nur mit Poland.»Lassen Sie bitte mehr Segel setzen. «Er sah nach oben in die Rahen.»Der Wind hat etwas nachgelassen, wir werden die Truculent also dadurch nicht entmasten.»

Er erwartete Protest, ein Gegenargument, doch dann sah er, als Poland sich an seinen Ersten wandte, etwas wie Erleichterung im Gesicht des Kapitäns. Die Toppgasten hasteten in die Takelage, und Bolitho sah die Großrah sich im achterlichen Wind spannen wie ein riesiger Bogen; Leinwand knallte, als die Royals gesetzt wurden.

Poland kam keuchend zurück.»Befehle, Sir?»

Bolitho wußte, er würde das kommende Gefecht durchstehen, egal wie es ausging.»Die Franzosen werden nach ihrer üblichen

Taktik vorgehen«, erläuterte er.»Die erste Fregatte wird nahe heransegeln und uns mit ihrem großen Kaliber bestreichen. «Polands düsterer Blick folgte seinem ausgestreckten Arm, als könne er auf der gegnerischen Fregatte schon die Mündungsfeuer sehen.»Ich glaube, daß ihr Kommandant seiner Sache sehr sicher ist. Vielleicht zu sicher.»

«Das wäre ich an seiner Stelle auch«, warf Inskip ein, aber Bolitho überhörte ihn.

«Er wird versuchen, die Truculent manövrierunfähig zu schießen, uns mit Ketten- oder Stangenkugeln die Rahen und Masten abzurasieren. Die zweite Fregatte wird unser Heck beharken wollen, denn so fahren die Franzosen üblicherweise einen Angriff mit zwei Schiffen gegen eins. Aber heute werden wir das verhindern. «Poland zuckte zusammen, denn an einem Mast war mit einem Knall wie ein Pistolenschuß eine Leine gebrochen.»Wenn sie uns erst entern, haben wir keine Chance mehr. «Er deutete nach achteraus.»Vergessen Sie nicht, da gibt es immer noch den lauernden Aasgeier, der auch seinen Teil zum Sieg beitragen möchte.»

«Was also tun wir?«fragte Poland mit trockenen Lippen.

«Kapitulieren, wenn Sie mich fragen!«warf Inskip ein.

Bolitho sah ihn direkt an.»Ich frage Sie aber nicht, Sir Charles. Wenn Sie sonst nichts zur Lösung beitragen können, schlage ich vor, Sie verschwinden mit Ihrem Sekretär unter Deck und bereiten sich darauf vor, dem Schiffsarzt zu helfen. «Mit Genugtuung sah er den Ärger in Inskips Gesicht.»Und falls Sie jemals wieder London erreichen, sollten Sie Ihren und meinen Dienstherren schildern, was sie von den Männern da unten verlangen — jedesmal, wenn ein Schiff des Königs ins Gefecht segelt!«Er deutete mit dem Arm auf die Artilleristen, die hinter ihren Kanonen hockten. Als er sich wieder umdrehte, waren Inskip und sein Sekretär verschwunden.

«Damit wären wir unter uns«, wandte er sich an den erstaunten Poland.»Ich ließ mehr Segel setzen, Kapitän, damit die Franzosen glauben, wir wollen fliehen. Nun setzen sie jeden Fetzen Leinwand, um uns aufzubringen. Eine gute Fregatte als Prise — das wollen sie sich nicht entgehen lassen.»

Langsam verstand Poland.»Sie wollen anluven und wenden, Sir Richard?»

«Ja. Lassen Sie uns ein bißchen auf und ab gehen, es dauert noch mindestens eine halbe Stunde, bis der Feind nahe genug ist. Ich finde, Bewegung lockert nicht nur die Muskeln, sondern auch die Gedanken. «Er lächelte. Die Besatzung sollte sehen, wie gelassen ihr Kommandant das alles nahm.

«Das Manöver muß dann ungeheuer schnell geschehen. Wenn Ruder gelegt wird, müssen die Segel schon gerefft sein. Dann können wir zwischen ihnen durchlaufen und beide unter Feuer nehmen!»

Poland nickte.»Sie wissen, daß meine Männer gut gedrillt sind.»

Bolitho verschränkte die Hände auf dem Rücken. Poland verstand. Er brauchte sich nur auf dieses erste Manöver zu konzentrieren.

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