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Herrick sah den Häuptling scharf an.»Ein Mann wurde gefangengenommen. Sein Name ist Finney.»

«Ich kannte Finney. «Tinah sah auf das Gebäude.»Ich habe meinem Freund nicht gesagt, wie er starb. Nur, daß er starb.»

Herrick fragte schroff:»Können Sie es mir sagen?«»Wenn Ihr Kapitän das wünscht. «Der Häuptling seufzte.»Die Nordinsel ist anders als unsere. Finney wurde an einen Pfahl gefesselt und mit Lehm aus dem Bach bedeckt. Damit er atmen konnte, gab man ihm durch den Lehm ein Stück Rohr. «Seine Augen waren fest auf die Herricks gerichtet.»Dann wurde sein Körper über ein sehr niedriges Feuer gehalten.»

Herrick wandte sich voller Abscheu ab.»Mein Gott, lebendig gebacken!»

Tinah hob die Schultern.»Mein Vater hat mir von solchen Dingen erzählt. Aber auf der Nordinsel…«Herrick nickte.»Ich weiß. Die Menschen dort sind anders als Ihr Volk.»

Der Häuptling blickte Herrick nach, der in das Haus zurückging.»Das muß der starke Kämpfer sein. Der Mann, der allein stehenblieb. «Er nickte.»Ja, ich habe von ihm gehört.»

Hardacre kam wieder und sagte:»Es ist vorbei. «Er sah Bolitho an.»Wenn das alles ist, Captain?«Bolitho griff an seinen Hut.»Ja.»

Offensichtlich hatten Hardacre und der Häuptling über Probleme zu diskutieren; eine Kluft zu überbrücken, ehe sie für beide tödlich wurde.

In Raymonds Arbeitsraum traf er die anderen beim Wein an. Eine Tür wurde geöffnet, und ein Diener wich zur Seite, um Viola Raymond eintreten zu lassen.

Raymond stellte sie de Barras vor, der sich aus der Hüfte verbeugte, ihr die Hand küßte und sagte:»Teure Lady, ich war so enttäuscht, daß Sie nicht mit Ihrem Gatten, dem Residenten, in mein bescheidenes Quartier gekommen sind.»

Sie erwiderte:»Danke, M'sieu le Comte. Vielleicht ein andermal.»

Der französische Leutnant verneigte sich steif und murmelte etwas in sehr gebrochenem Englisch. Viola sah Herrick an und streckte die Hand aus.»Ach, Leutnant, es freut mich sehr, Sie wiederzusehen. «Herricks Sonnenbräune ließ sein Erröten nicht erkennen.»Äh, vielen Dank, Ma'am. Auch ich freue mich, Sie zu sehen. Freue mich wirklich.»

Sie ging weiter zu Bolitho und reichte ihm die Hand.»Cap-tain…»

Bolitho berührte ihre Finger mit den Lippen.»Mrs. Raymond.»

Ihre Blicke begegneten sich, und er spürte den schwachen Druck ihrer Finger.

Als sie weiterging, um mit dem Diener zu sprechen, trat de Barras an Bolithos Seite und sagte mit gedämpfter Stimme:»Ah, jetzt weiß ich, warum Madame nicht auf mein Schiff wollte, oui?»

Er kehrte zu seinem Leutnant zurück und lachte leise vor sich hin.

Herrick flüsterte:»Haben Sie das gehört, Sir? Der unverschämte Hund!«Er drehte den anderen den Rücken zu.»Aber Sie sehen, wie es geht, Sir. Sie müssen vorsichtig sein.»

Bolitho blickte an ihm vorbei und bewunderte Violas Haar, das ihr auf die Schultern fiel. Vorsichtig sein… Herrick ahnte nicht, wie es war, ergeben danebenzustehen und zuzusehen, wie die so innig geliebte Frau um Armeslänge von ihm ferngehalten wurde.

Die einzige erfreuliche Nachricht, die er erhalten hatte, hatte der junge Häuptling Tinah gebracht. Wenn sie die Piraten stellen und ein für allemal vernichten konnten, bestand eine reale Möglichkeit, daß die Tempest nach Hause zurückbeordert wurde, nach England. Und dann?

Herrick beobachtete traurig seinen Kapitän. Es war hoffnungslos. Als wolle man einem Stier befehlen, nicht anzugreifen, einer Katze, nicht zu mausen.

Er bemerkte, daß im Nebenraum eine Tafel vorbereitet wurde, und zählte die Stühle. Nun gut, beschloß er, machen wir das Beste daraus.

XII Der schlimmste Feind

Zwei Tage nach der Besprechung in Raymonds spartanischem Hauptquartier lichtete die französische Fregatte Anker und lief aus.

Sogleich schien ein Teil der freigiebig gebotenen Gastfreundlichkeit der Eingeborenen zurückzukehren, und es kam selten vor, daß nicht welche an Bord der Tempest zu finden waren oder längsseit in ihren schnellen Kanus. Sie tauschten, brachten Geschenke oder sahen lediglich den Matrosen bei der Arbeit an den stetig weniger werdenden Reparaturen zu. Das trug viel dazu bei, die Spannung zu mildern.

Die Insulaner hatten keinen Grund, die französischen Seeleute zu fürchten oder sie nicht zu mögen. Tatsächlich hatten sie gar keine Gelegenheit gehabt, mit vielen von ihnen zusammenzutreffen. Nur in kleinen Gruppen waren sie an Land gekommen, um Brennholz oder Lebensmittel zu holen, jedesmal von schwerbewaffneten Wachen begleitet. Bolitho war der Meinung, daß die Insulaner trotz oder wegen ihrer schlichten Natur die Unterdrückung an Bord der Narval ebenso gespürt hatten wie er und davon abgestoßen wurden, weil sie sie nicht verstanden. Das Leben an Bord der Tempest war hart genug, besonders vor Anker in einer geschützten Bucht, wo die Sonne mit jeder Stunde heißer zu brennen schien, um das Unbehagen noch zu steigern. Aber während der Hundewachen kam es selten vor, daß man nicht die krächzende Fidel eines Musikanten oder das Klatschen nackter Füße hörte, wenn die Männer der Freiwache an einem der uralten Matrosentänze teilnahmen.

Mit den Franzosen hatten sie keinen Kontakt gehabt, nur das Läuten der Wachglocke gehört und gelegentlich Befehle, die zwischen den Decks gepfiffen wurden. Unterdrückt, gedemütigt, war der Besatzung die Fähigkeit, auch nur die geringste Freude zu empfinden, ausgeprügelt worden. Nachdem die Narval die Bucht verlassen hatte, mußte Bolitho feststellen, daß Raymond in der Frage der Verantwortung sein Wort zu halten beabsichtigte. Wenn die Spezialisten der Tempest, wie die Zimmerleute und Böttcher, die Segelmacher und Bootsmänner, nicht an Bord beschäftigt waren, wurden sie an Land beordert und mußten ihr Können einsetzen, um bei dem bescheidenen, aber unerläßlich notwendigen Bauprogramm zu helfen, sowohl bei den Wohnhütten als auch bei den Blockhäusern zu deren Schutz.

Der Schiffsarzt war mehr an Land als auf seiner Krankenstation und kümmerte sich um die Verwundeten und die seltenen Krankheitsfälle bei den Dorfbewohnern. Dieses Arrangement kam Gwyther sehr gelegen, wie Bolitho wohl wußte, und wenn der Arzt auf das Schiff zurückkehrte, erschien er selten ohne einen neuen tropischen Fund, sei es eine leuchtend farbige Pflanze oder eine seltsam anmutende Frucht.

Hauptmann Prideaux bestimmte die Position der neuen Blockhäuser, trotz der offenkundigen Verärgerung der beiden Offiziere des Corps.

Als sie bei ihm protestierten, entgegnete er scharf:»Dauernd sagen Sie mir, dies oder jenes gehöre nicht zu Ihren Aufgaben. Daß der Gouverneur von Neusüdwales Sie überhaupt nicht hätte hierherschicken sollen, und das habe ich gründlich satt. Auf einem Schiff des Königs müssen Sie bereit sein, alles und jedes zu übernehmen, gleichgültig, was Sie davon halten.»

Der eine der beiden hatte hitzig erwidert:»Sie beleidigen uns, Sir.»

Prideaux hatte ihn beinahe fröhlich angesehen.»Dann will ich Ihnen gern Genugtuung leisten, Ihnen beiden, wenn es notwendig ist.»

Zu seiner Enttäuschung hatten sie sich mit einer gewissen

Hast zurückgezogen.

Während Bolitho durch das Dorf streifte oder an dem leuchtenden Strand entlangwanderte, fragte er sich, was die Narval wohl unternehmen mochte. De Barras hatte versprochen, eine Patrouille um die Nordinsel und weiter zum nächsten Archipel zu machen. Um zu sehen und gesehen zu werden. Wenn er das Glück hatte, eines oder mehrere der Schiffe Tukes zu stellen, würde er bestimmt den Sieg ausnutzen und die Suche fortsetzen. Bolitho hatte so viel zu tun, daß er während der meisten Stunden des Tages voll beschäftigt war. In der zunehmenden Hitze ging er in teilnahmsloser Verbissenheit seinem Dienst nach, denn er wußte, Raymond wartete nur darauf, sich zu beschweren, zu kritisieren, wenn er nicht auf der Hut war. Für einen Marineoffizier war es nicht ungewöhnlich, das zu tun, was er tat. Selbst der Kommandant einer bescheidenen Schaluppe oder eines Schoners war verpflichtet, die Autorität des Königs zu demonstrieren, wenn es notwendig war. Ganz wie Prideaux gesagt hatte: gleichgültig, was man davon hielt.

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