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Tyrell murmelte:»Um Gottes willen!»

Ein Polizeioffizier öffnete die Tür, und die Besucher begannen, sich nach achtern in die große Kajüte zu begeben. Die Zeugen wurden auf dem Achterdeck zurückgelassen, sie fühlten sich isoliert und nicht ganz wohl in ihren besten Uniformen.

Bolitho sagte leise:»Vielleicht ein andermal.»

Er sah, wie ein Hauptmann der Seesoldaten mit gezogenem Säbel auf die Achterkabine zuging. Schon der Anblick verursachte ihm Übelkeit. Wie die Menschenmengen in Tyburn oder die hohnlachenden Dummköpfe, die stundenlang herumstanden, um zu sehen, wie so ein armer Teufel am Dorfgalgen sein Leben ließ.

Das Lächeln des Malers erstarb.»Verstehe. Ich dachte nur…»

Bolitho erwiderte:»Ich weiß, was Sie dachten. Daß es mir Vergnügen machen würde, zu sehen, wie ein Mann degradiert wird. «Er verbarg seine Verachtung nicht.

«Das auch. «Die Augen des Malers blitzten in der Sonne, als er rasch eine Änderung an seiner Skizze vornahm.»Ich dachte mir auch, daß Sie durch das Schicksal dieses Mannes bessere Chancen für Ihre eigene Zukunft sehen. «Er zuckte die Schultern, als Bolitho ihm ärgerlich den Rücken kehrte.»Daß ich mich in beiden Punkten getäuscht habe, macht mich zum Narren und Sie zu einem Menschen, der noch besser ist als sein Ruf.»

Bolitho sah ihn traurig an.»Der Ruf wird heute nicht viel zählen.»

Ein Leutnant rief:»Hier entlang, meine Herren.»

Sie folgten ihm in der Reihenfolge ihres Dienstalters in die Offiziersmesse.

Der Maler verschwand rasch in Richtung der großen Kajüte. Tyrell brummte:»Was, um alles in der Welt, geschieht mit der Welt? Werden sie auch noch vom Tag des Jüngsten Gerichts Bilder machen?»

Den ganzen Vormittag ging es ermüdend langsam weiter. Zeugen wurden aufgerufen und Aussagen gemacht. Ob es sich um Fakten oder Gerüchte handelte, um technische Vorstellungen oder Einbildung, es schien in jedem Fall eine Ewigkeit zu dauern, bis man es zu Papier gebracht hatte. Gelegentliche Pausen gestatteten es den Besuchern, sich zu erfrischen und sich die Beine auf dem Achterdeck zu vertreten.

Während des ganzen Vormittags sprach Bolitho kaum ein Wort. Um ihn herum warteten die anderen Zeugen, bis sie an die Reihe kamen: Odell vom Schoner Lucifer, dessen hastige Bewegungen die Spannung noch verstärkten. Der Erste Leutnant und der Steuermann der Bacchante. Der überlebende Leutnant von der Fawn und ein geblendeter Seemann, der neben Maulby gestanden hatte, als dieser niedergeschlagen wurde. Vertrauen oder auch Unsicherheit spiegelte sich in ihren Gesichtern.

Dem Range nach, oder wie es ihre Wichtigkeit erforderte, wurden die Zeugen aufgerufen, bis nur noch Bolitho und Tyrell übrigblieben. Durch die offenen Pforten sah Bolitho Boote zwischen den Schiffen und der Küste hin- und herfahren und den leichten Rauch von einer nahen Landzunge, wo ein Mann Treibholz verbrannte.

Es war drückend heiß, der erste Maitag. Er stellte sich vor, wie es zu Hause in Falmouth sein mußte. Manchmal dachte er, daß er es nie wiedersehen würde: kleine blasse Tupfer von Schafen auf Hügeln und Wiesen. Lärmende Kühe in dem Sträßchen vor dem Haus, immer neugierig im Vorübergehen, als ob sie die Gatter noch nie gesehen hätten. Und auf dem Marktplatz, wo die Wagen nach Plymouth beladen wurden oder die Pferde für die Route nach Westen gewechselt, würde sicherlich Lachen und gute Laune herrschen. Obwohl der Krieg eine Gefahr war, so war der Winter auch eine, und diese lag nun bis zum nächstenmal hinter ihnen. Jetzt konnten die Fischerboote sicher auslaufen, und die Felder und Märkte würden bald den Lohn für geleistete Arbeit bringen.

«Mr. Tyrell. «Der Leutnant öffnete die Tür.»Hier entlang.»

Tyrell hob seinen Hut auf und schaute ihn an.»Jetzt dauert es nicht mehr lange, Sir. «Dann war Bolitho allein.

Es dauerte wirklich nicht lange. Tyrells Aussage war rein sachlich und bezog sich vor allem auf die Zeit, in der sie die Sandbank überquerten, und auf den Beginn des Angriffs. In allen Dingen hatte er nur seinen Befehlen gehorcht. Er war rehabilitiert.

Als er aufgerufen wurde, folgte Bolitho dem Leutnant in die Kajüte, ohne daß er sich daran erinnern konnte, wie sein Name angekündigt worden war.

Sie war mit sitzenden Personen vollgestopft, und ganz achtern, hinter einem Tisch, der fast von einer Wand zur anderen reichte, sah er die Offiziere des Gerichts. Im Zentrum saß der Vorsitzende, Sir Evelyn Christie, flankiert von zehn Kapitänen verschiedenen Dienstalters und Ranges, von denen keiner Bolitho bekannt war.

Konteradmiral Christie blickte ihn kühl an.»Ihre Aussagen unter Eid wurden verlesen und zur Beweisführung vorgelegt. «Seine Stimme klang so schroff und formell, daß Bolitho plötzlich an ihr letztes Zusammentreffen erinnert wurde. Der Unterschied zu jetzt kam fast Feindseligkeit gleich.

«Wir haben von dem Plan gehört, den Franzosen zu erobern, von den Ereignissen, die zu seiner Entdeckung führten, einschließlich der Aussage des Kapitäns der Lucifer und Ihrer eigenen Offiziere. «Er hielt inne und raschelte mit Papieren.»In Ihrer Aussage gaben Sie an, daß Sie sich vor Ihrem Vorgesetzten gegen eine Aktion, wie sie dann auch durchgeführt wurde, ausgesprochen haben.»

Bolitho räusperte sich.»Ich dachte, daß unter den gegebenen Umständen…»

Der am nächsten sitzende Kapitän fragte scharf:»Ja oder nein?»

«Ja. «Bolitho blickte immer noch den Admiral an.»Ich äußerte meine Meinung.»

Der Admiral lehnte sich langsam zurück.»Der Angeklagte hat jedoch ausgesagt, daß dies nicht der Fall war. Er gab Ihnen die Befehle erst, als Sie darauf bestanden, daß Ihr Schiff nördlich der Sandbank eine bessere Position hätte.»

In der plötzlichen Stille konnte Bolitho sein Herz hämmern hören. Er wollte sich umdrehen und Colquhoun ansehen, aber er wußte, daß jeder derartige Versuch sofort als Schuldbewußtsein ausgelegt würde.

Der dienstälteste Kapitän am Tisch sagte schroff:»Gab es Zeugen, als diese Entscheidungen getroffen wurden?»

Bolitho sah ihn an.»Nur Kapitän Maulby, Sir.»

«Ich verstehe.»

Bolitho fühlte, wie die Kajüte um ihn immer enger wurde, sah, daß die Gesichter der Nächstsitzenden ihn beobachteten wie ein Schwarm gieriger Vögel.

Der Admiral seufzte.»Ich fahre fort. Nachdem Sie die anderen Schiffe verlassen hatten, segelten Sie zu der angegebenen Position?»

«Ja, Sir.»

Der Admiral sah mit schiefem Lächeln auf.»Warum haben Sie dann die Sandbank überquert?«Er schlug mit einer Hand auf die Papiere, was Verwirrung unter den Zuschauern hervorrief.»War es Schuldgefühl? War Ihnen endlich klar geworden, daß Kapitän Colquhoun recht gehabt hatte, und daß er Ihre Unterstützung im Süden benötigte?»

«Nein, Sir. «Er fühlte seine Hände zittern und den Schweiß wie eisigen Reif zwischen den Schultern.»Ich habe meine Gründe bereits genannt. Wir hatten keinen Wind mehr, mir blieb zu diesem Zeitpunkt keine andere Möglichkeit als zu wenden. «Bilder schossen ihm durch den Kopf: Heyward, der sich schämte, die Kontrolle über das Schiff verloren zu haben. Buckle, zweifelnd und besorgt um ihre Sicherheit… Er hörte sich ruhig hinzufügen:»Kapitän Maulby war mein Freund.»

Das älteste Mitglied des Gerichts betrachtete ihn kalt.

«Wirklich?»

Bolitho drehte sich um und sah Colquhoun zum erstenmal an, entsetzt über die Veränderung an ihm. Er war sehr blaß, und im reflektierenden Licht sah seine Haut wie Wachs aus. Er stand mit herabhängenden Armen da, schwankte nur geringfügig mit den Bewegungen des Decks. Aber seine Augen waren am allerschlimmsten. Sie starrten in Bolithos Gesicht, auf seinen Mund, wenn er sprach, und loderten in solch unaussprechlichem Haß, daß Bolitho ausrief:»Sagen Sie endlich die Wahrheit!»

Colquhoun wollte einen Schritt nach vorn machen, aber seine Wache, der Hauptmann der Seesoldaten, berührte seinen Arm, und er entspannte sich wieder.

Der Admiral sagte scharf:»Das genügt, Kapitän Bolitho! Ich dulde keine Wortwechsel vor Gericht!»

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