A. Yu. Mitrofanov wirft die Frage nach einer möglichen mongolischen Herkunft der Großen seldschukischen Dynastie im Lichte des militärischen und politischen Einflusses des Khitan Liao-Reiches in Turkestan auf neue Weise auf und führt für diese Annahme interessante Argumente an. Eines dieser Argumente ist die These des Autors von einem, für die sowjetische Orientalistik charakteristischen, bewussten Ignorieren der Rolle des mongolischen Faktors in der Geschichte Zentralasiens, ist. Diese These des Autors basiert insbesondere auf der Forschung des exzellenten Archäologen, Ethnographen und Künstlers M. V. Gorelik. Ein weiteres Argument von A. Yu. Mitrofanov ist die originelle Annahme eines literarischen Einflusses des „Shahnameh“ von Abulkasim Firdausi auf die Geschichte Seldschuks aus dem „Malik-nameh“. Dieses ist ein seldschukisches Epos des XI. – XII. Jahrhunderts, ein Epos, das dank der Arbeit von Mirkhond und einigen anderen spätöstlichen Historikern in Fragmenten erhalten geblieben ist. A. Yu. Mitrofanov bezieht sich für diese bemerkenswerte Entdeckung des Weiteren auch auf die Werke von G. V. Wernadskij, der die Ausbreitung des Christentums unter einigen mongolischen Stämmen im XI. – XII. Jahrhundert feststellt. Der Autor A. Yu. Mitrofanov vergleicht dieses Phänomen der Ausbreitung des Christentums unter einigen mongolischen Stämmen mit der Hypothese des christlichen Bekenntnisses einiger Söhne von Seldschuk, insbesondere seines Sohnes Mikail.
Des Weiteren untersucht A. Yu. Mitrofanov auch diejenigen Fragmente der Arbeit von Anna Komnene im Detail, welche dem Phänomen der sogenannten byzantinischen Usurpatoren Kaiser gewidmet waren. Nach A. Yu. Mitrofanov war eines der ersten Beispiele eines solchen Usurpators das Erscheinen des Usurpators am Ende der Regierungszeit von Kaiser Leo III. dem Isaurier (717–741). Jener Pseudo-Tiberius Pergamenus hatte sich zum überlebenden Sohn von Kaiser Justinian II. Rhinotmetos (685–695, 705–711) erklärt. Dieser Sohn Justinians II. hieß Tiberius und ist 711 im Kindesalter von elf Jahren vor den Augen seiner Großmutter, Kaiserin Anastasia, ermordet worden. Gestützt auf die Forschungen von Paul Speck und von anderen von A. Yu. Mitrofanov zitierten Forschern[19] stell. Mitrofanov die folgende Hypothese auf, dass die hypothetische Geschichte „Das Leben Leo“ (*Vita Leonis) über den Mord an dem kleinen Tiberius, jene Geschichte, welche in der „Chronographie“ von Theophanes Confessor reproduziert worden war, möglicherweise während der Rebellion des Pseudo-Tiberius Pergamenos interpoliert worden war, um diesen Pseudo-Tiberius Pergamenos zu entlarven.
Nach Quellen des „Dossiers“ von Georgios Synkellos – eine daraus ist, zum Beispiel, die hypothetische „Geschichte von Leo und Konstantin“ (*HL), welcher Theophanes Confessor in seiner Erzählung der byzantinischen Geschichte nach dem Jahr 718 folgt – erhielt Pseudo-Tiberius Pergamenus die Unterstützung des Umayyaden-Kalifen Hischam Ibn Abdal-Malik (723-743)[20]. Eine solche Abhängigkeit von äußeren Feinden des Byzantinischen Reiches war charakteristisch für spätere byzantinische sogenannte Usurpatoren. Deren Zeitgenossin war Anna Komnene. Deshalb untersucht A. Y. Mitrofanov konsequent im Detail die Fragmente von Anna Komnene über die Usurpatoren Pseudo-Michael und Pseudo-Diogenes I. Des Weiteren erwähnt der Autor aus den russischen Chroniken die Rebellion der Usurpatoren, des Pseudo-Diogenes II. oder „Devgenevič“, sowie die Rebellion von dessen Sohn, des Pseudo-Prinzen Vasilko Leonovič.
Pseudo-Michael war ein Schützling der Normannen und von Robertus Guiscardus persönlich; Pseudo-Diogenes I. stützte sich auf die Hilfe des Cumanischen Khan Tugorkan, während Devgenevič und der Pseudo-Prinz Vasilko die Unterstützung und offizielle Anerkennung des Großfürsten von Kiew Wladimir Monomach (1113–1125) genossen.
Wladimir Monomach liierte sich sogar mit dem Usurpator Pseudo-Diogenes II. alias Devgenevič, indem er seine Tochter Maritsa mit Devgenevič verheiratete. Deren Sohn war der Usurpator, der Pseudo-Prinz Vasilko. Aufgrund dieser von A. Yu. Mitrofanov nachgewiesenen unleugbaren historischen Fakten, erweist sich das Phänomen der byzantinischen sogenannten Usurpatoren, jenes Phänomen, das von Anna Komnene und anderen byzantinischen Historikern ausführlich dokumentiert ist, als altbekannte Strategie von Usurpatoren des byzantinischen Kaiserthrons. Es wiederholt sich in der russischen politischen Kultur. Dieser Umstand manifestierte sich viele Jahrhunderte später in der Zeit der Wirren (1605–1613) sowie während der Regierungszeit von Kaiserin Katharina der Großen (1762–1796) und beeinflusste darüber hinaus die Bildung des Phänomens der sowjetischen Führer und des sowjetischen Totalitarismus.
Des Weiteren untersucht A. Yu. Mitrofanov in seinem neuen Buch ausführlich den Zustand der Streitkräfte des Byzantinischen Reiches und der Normannen, die von Anna Komnene detailliert dokumentiert wurden, und kommt zu dem Schluss, dass die byzantinische Militäraristokratie in der Ära des Kaisers Alexios Komnenos verwestlicht wurde. A. Yu. Mitrofanov kritisiert die Ansichten einiger Forscher, die behaupten, dass Anna Komnene nicht Autorin eines Originalwerkes sei, sondern lediglich die Notizen ihres Gemahls ausgearbeitet habe, der in militärischen Angelegenheiten gut unterrichtet war. A. Yu. Mitrofanov untersucht deshalb diese Notitzen des Gemahls von Anna Komnene, Nikephoros Bryennios. Aus diesen Untersuchungen von A. Yu. Mitrofanov wird ersichtlich, dass Anna Komnene eigene unabhängige Forschungsarbeiten durchführt hat und Zugang hatte nicht nur zu den Notizen von Nikephoros Bryennios oder den Zeugnissen des Bischofs von Bari, wie Ya. N. Lyubarsky schreibt, sondern auch zu den verloren gegangen Memoiren von Georgios Palaiologos und Tatikios.
Das Buch von A. Yu. Mitrofanov „Das Zeitalter von Anna Komnene“ keine trockene wissenschaftliche Monographie ist, sondern ein Werk, das in einer lebendigen literarischen Sprache geschrieben ist. Dieses Buch von A. Yu. Mitrofanov lässt sich positiv mit vielen modernen Publikationen zur Geschichte von Byzanz vergleichen. A. Yu. Mitrofanov versucht in seinem Buch, seine Hauptheldin, die Historikerin Anna Komnene, in gewisser Weise nachzuahmen.
Ein Philosoph einmal sagte, bestimmt Gott die Länge des menschlichen Lebens, aber die Breite des Lebens wird von der menschlichen Person selbst bestimmt. Anna Komnene bestätigt diese Worte voll und ganz, denn die porphyrogeborene Prinzessin aus der byzantinischen kaiserlichen Familie hat es geschafft, eine ganze Epoche der byzantinischen Geschichte in ihrem kreativen Leben unterzubringen…
Предисловие
Тревожный обломок старинных потемок,
Дитя позабытых народом царей,
С мерцанием взора на зыби Босфора
Следит беззаботный полет кораблей…
Николай Гумилев
Проникновенные строки Николая Гумилева, цитированные выше, могли бы стать прекрасным эпиграфом к настоящей книге, посвященной различным аспектам творчества византийской принцессы Анны Комниной – одного из крупнейших историков, которых порождала когда-либо византийская цивилизация. Прекрасная и грациозная принцесса вглядывается в синеву вод Босфора и следит за императорскими, венецианскими, амальфийскими, пизанскими, египетскими кораблями, которые торопяться укрыться в гавани Золотого Рога от грозных понтийских штормов или сельджукских пиратов. Пусть даже Николай Гумилев представлял в своей поэтической фантазии не столько реальную Анну Комнину, сколько каких-то иных византийских принцесс или императриц. Действительно, Анна Комнина Николая Гумилева в большей степени напоминает императрицу Феофано или императрицу Зою Порфирородную, чем талантливую дочь императора Алексея I. Однако поэт, как нам кажется, верно почувствовал трагический дух эпохи Комнинов, которая оказалась последним взлетом византийского орла перед окончательным падением империи в пучину политического упадка и национального порабощения.