In Nairobi gehen wir auf den Massai-Markt und kaufen gleich groß ein. Jetzt kann das Geschäft losgehen. In Mombasa suche ich Fabriken, wo ich Schmuck, Masken, T-Shirts, Kangas, Taschen und andere Waren günstig bekomme. Mein Mann begleitet mich meistens mit Napirai. Mit den Preisen ist er selten einverstanden.
Sophia ist überrascht, als sie meinen Laden besichtigt. Nach nur fünf Wochen an der Küste steht alles, inklusive Arbeitsbewil igung. Bei ihr hat es leider noch nicht geklappt.
Ich lasse 5000 Flugblätter drucken, auf denen ich uns vorstelle. Auch eine Wegbeschreibung ist angegeben. Angesprochen sind hauptsächlich Deutsche und Schweizer. In fast al en Hotels darf ich sie an der Rezeption auflegen. In den zwei größten Hotels miete ich zusätzlich Vitrinen, um Ware auszustellen. Natürlich hänge ich noch ein ungewöhnliches Hochzeitsbild dazu. Nun sind wir bereit.
Morgens um neun eröffnen wir das Geschäft. Für Napirai nehme ich Omelett und Bananen mit. Es ist sehr ruhig, nur zwei Personen erscheinen kurz im Laden. Mittags ist es sehr heiß, und kein Tourist kommt die Straße entlang. Wir gehen in Ukunda essen und öffnen um zwei Uhr wieder. Ab und zu laufen auf der Hauptstraße Touristen zu dem weiter unten gelegenen Supermarkt, unser Geschäft bemerken sie nicht.
Am Nachmittag kommt endlich eine Gruppe Schweizer mit dem Flugblatt in den Händen. Freudig unterhalte ich mich mit ihnen, und sie wollen natürlich vieles wissen. Fast jeder kauft etwas. Für den ersten Tag bin ich zufrieden, obwohl mir klar ist, daß wir die Leute noch besser auf uns aufmerksam machen müssen. Am zweiten Tag schlage ich meinem Mann vor, sobald Weiße des Weges kommen, ihnen einen Zettel in die Hand zu drücken. Bei ihm schaut jeder sofort hin. Tatsächlich, es gelingt.
Der Inder nebenan versteht die Welt nicht mehr, als alle Touristen bei ihm vorbeilaufen und zu uns in den Shop kommen.
Heute, am zweiten Tag, haben wir schon gut verkauft. Allerdings ist es manchmal schwierig mit Napirai, falls sie nicht gerade schläft. Ich habe für sie eine kleine Matratze unter den T-Shirt-Ständer gelegt, wo sie ruhig schlafen kann. Da ich aber immer noch stil e, kommt es vor, daß gerade dann Touristen erscheinen, mit denen ich mich beschäftigen muß. Die Unterbrechung gefällt ihr gar nicht, und sie macht sich lautstark bemerkbar. So beschließen wir, ein Kindermädchen zu engagieren, das täglich im Shop ist. Lketinga findet eine junge Frau, ungefähr sechzehnjährig, die die Ehefrau eines Massai ist. Sie gefällt mir auf Anhieb, da sie in traditionellen Massai-Kleidern und schön geschmückt erscheint. Sie paßt zu Napirai und zu unserem Massai-Shop. Täglich nehmen wir sie im Wagen mit und laden sie abends bei ihrem Mann zu Hause ab.
Nun ist unser Geschäft schon eine Woche geöffnet, und der Umsatz steigt von Tag zu Tag. Doch damit wird es notwendig, Nachschub in Mombasa zu organisieren.
Dabei stellt sich ein neues Problem. Lketinga kann nicht den ganzen Tag al ein verkaufen, weil manchmal bis zu zehn Personen im Laden stehen. Deshalb brauchen wir noch eine Verkaufskraft, die meinen Mann oder mich während der Abwesenheit des anderen unterstützt. Es muß aber eine Person aus unserem Vil age sein, da mein Mann in etwa drei Wochen nach Hause fährt, um der Beschneidungszeremonie seines Bruders James beizuwohnen. Auch ich als Familienmitglied sol te eigentlich fahren und hatte große Mühe, ihm beizubringen, daß ich den Laden nicht so kurz nach der Eröffnung wieder schließen kann. Erst als meine jüngere Schwester Sabine genau für diese Zeit ihren Besuch ankündigt, akzeptiert er es. Ich bin heilfroh über ihre Nachricht, denn mich hätten keine zehn Pferde nach Barsaloi gebracht.
Lketinga kann nun keinen Einwand mehr vorbringen und will im Gegenteil versuchen, rechtzeitig zurück zu sein, um sie noch vor ihrer Abreise kennenlernen zu können. Aber noch ist es nicht soweit. Erst muß eine Mithilfe im Laden gefunden werden. Ich schlage meinem Mann Priscilla vor, doch er ist sofort dagegen. Er traut ihr überhaupt nicht. Empört erwähne ich, was sie al es für uns getan hat. Aber er ist nicht umzustimmen. Statt dessen bringt er eines Abends einen Massai-Boy mit.
Dieser stammt aus dem Massai-Mara und hat früher die Schule besucht. Folglich trägt er Jeans und Hemd. Es stört mich nicht, denn er macht einen ehrlichen Eindruck. Ich bin einverstanden, und William wird unser neuer Mitarbeiter.
Endlich kann ich Nachschub an T-Shirts und Schnitzereien organisieren, während die beiden den Laden hüten. Das Kindermädchen begleitet mich mit Napirai. Es ist anstrengend, von einem Händler zum nächsten zu fahren, die Ware auszusuchen und zu handeln. Gegen Mittag bin ich zurück. Lketinga hängt an der Bar im Chinarestaurant und trinkt teures Bier. Wil iam steht im Laden. Ich frage nach, wie viele Leute hier waren. Leider nicht viele, nur ein Massai-Schmuck wurde verkauft.
Alle Touristen laufen oben an der Straße vorbei. Irritiert frage ich weiter, ob denn Lketinga nicht unseren Prospekt verteilt habe. Wil iam schüttelt den Kopf und erklärt, daß er fast die ganze Zeit an der Bar Bier getrunken habe. Er habe dafür das Stockgeld aus der Kasse genommen. Darüber bin ich ärgerlich. Er schlendert gerade in den Shop, und ich rieche seine Bierfahne.
Natürlich entsteht Streit, der damit endet, daß er den Wagen nimmt und verschwindet. Ich bin enttäuscht. Jetzt haben wir einen Angestel ten und ein Kindermädchen, und mein Mann versäuft das Geld.
Mit William räume ich die neuen Waren ein. Sobald wir Weiße sehen, springt er zur Straße und gibt einen Prospekt ab. Fast jeden bringt er in den Laden, und als gegen halb sechs Lketinga erscheint, ist der Laden voll, und wir führen angeregte Verkaufsgespräche. Natürlich werde ich nach meinem Mann gefragt und stelle ihn vor. Doch er schaut starr an den interessierten Touristen vorbei. Statt dessen will er wissen, was wir schon verkauft haben und zu welchem Preis. Sein Benehmen ist mir mehr als unangenehm.
Ein Schweizer kauft für seine zwei Töchter einiges an Schmuck und eine geschnitzte Maske. Ein gutes Geschäft! Bevor er geht, fragt er uns, ob er ein Foto von meinem Mann und mir mit Napirai machen darf. Natürlich bin ich einverstanden, weil er sehr viel Geld bei uns ausgegeben hat. Mein Mann jedoch erklärt, nur gegen Bezahlung dürfe er uns fotografieren. Der nette Schweizer ist irritiert, und ich bin beschämt. Er macht zwei Bilder und gibt Lketinga tatsächlich 10 Schil inge. Als er außer Hörweite ist, versuche ich Lketinga klarzumachen, warum man bei Kunden für Fotos nichts verlangen darf. Er kapiert es nicht, sondern wirft mir vor, immer, wenn er Geld verdienen wolle, hätte ich etwas einzuwenden. Jeder Massai verlange Geld für Bilder, warum solle er nichts bekommen. Seine Augen funkeln mich böse an. Müde erwidere ich, daß die anderen aber keinen Shop haben wie wir.
Als neue Kundschaft erscheint, reiße ich mich zusammen und bemühe mich, zuvorkommend zu sein. Mißtrauisch beobachtet mein Mann die Kunden, und kaum faßt einer die Ware an, besteht er darauf, daß sie auch gekauft wird. Geschickt versucht William mit seiner ruhigen Art, die Kunden von Lketinga wegzulocken, um die Situation zu retten.
Zehn Tage nach der Eröffnung haben wir bereits die Ladenmiete hereingeholt. Ich bin stolz auf mich und William. Die meisten Touristen bringen am nächsten Tag neue Leute aus ihrem Hotel mit, und so spricht sich unser Laden herum, weil auch die Preise niedriger sind als in den Hotelboutiquen. Alle drei bis vier Tage muß ich nach Mombasa, um Nachschub zu organisieren.
Da viel nach Goldschmuck gefragt wird, suche ich eine geeignete Vitrine. Es ist nicht so einfach, doch zu guter Letzt finde ich eine Werkstatt, die sie nach Maß anfertigt. Eine Woche später kann ich sie abholen. Für diesen Zweck nehme ich alle Wolldecken mit und parke direkt vor der Werkstatt. Vier Männer bringen die schwere Glasvitrine zum Wagen. Meine Wolldecken sind in den zehn Minuten gestohlen worden, obwohl ich den Wagen verschlossen hatte. Auf der Fahrerseite ist das Schloß aufgebrochen. Der Ladenbesitzer leiht mir alte Säcke und Kartons, damit ich wenigstens den Wagenboden etwas polstern kann. Der Verlust meiner Schweizer Decken ärgert mich sehr. Auch Lketinga wird betrübt sein, daß seine rote Decke verschwunden ist. Enttäuscht fahre ich zurück zur Südküste.