Литмир - Электронная Библиотека

Der Premierminister beäugte ihn, als vermute er hinter seinen

Worten versteckten Spott.»Später. «Er drehte sich zu Catherine um.»Einen guten Abend!»

Als Godschale seinen enteilenden Gast hinausgeleitete, flüsterte Bolitho Catherine zu:»Ich hätte dich nicht herbringen sollen. Ihre Heuchelei und ihr sattes Selbstbewußtsein machen mich krank.»

Sie lächelte.»Was viel wichtiger ist, hast du bei der Herfahrt erlebt, als die Leute uns begrüßten und uns beiden zuwinkten. Vergiß nie, Richard, sie bauen auf dich. Sie wissen, daß du sie nicht im Stich läßt. «Sie dachte an Sillitoe, den sie nicht einschätzen konnte. War er Freund oder Feind? Ehrlich war er in jedem Fall.»Du hast ihre Herzen, vergiß das nie!»

Sie schlugen einen schmalen Weg ein, der in einen ruhigen Teil des Gartens mit einem Springbrunnen führte. Hier war es leer und still. Von weitem wehte Musik herüber.

Bolitho umarmte und küßte sie.»Ich muß aber noch mit den Herren sprechen, Kate.»

Sie nickte strahlend.»Und danach fahren wir nach Hause, in unser Haus am Fluß.»

Als Sir Paul Sillitoe und Inskip mit Godschale auf die Terrasse zurückkehrten, fanden sie Bolitho allein vor. Er beobachtete, wie ein Lastkahn an der Isle of Dogs vorbei den Fluß hinunter manövrierte.

«Sie sind allein?«strahlte Godschale.

Bolitho lächelte.»Lady Catherine wandert durch den Garten. Das ist ihr lieber, als unter Fremden zu sein.»

Sillitoe sagte trocken:»Sie findet es hier wohl ein bißchen zu schwül.»

Godschale wollte antworten, doch seine Frau zog ihn am Ärmel zur Seite.»Ich hab' sie gesehen«, berichtete sie echauffiert.»Gerade eben, beim Springbrunnen. Er hat sie gestreichelt und geküßt!«Empört sah sie ihren Mann an.»Ich war so entsetzt, daß ich nicht länger hinschauen konnte.»

Godschale tätschelte ihren Arm. Für jemanden, der nicht hinschauen konnte, hatte sie gut beobachtet.»Ich muß leider zurück, Liebling. Es geht um etwas sehr Wichtiges. «Er sah, daß Sillitoe ihm auffordernd zunickte.

«Aber diese Frau dulde ich nicht in meinem Haus. Wenn sie auch nur ein Wort mit mir spricht, jage ich sie davon!»

Godschale ergriff ihr Handgelenk und sagte scharf:»Das wirst du nicht tun. Du wirst zurücklächeln und ihr freundlich antworten. Und jetzt geh zu deinen Freundinnen und überlaß uns den Krieg!«Er drehte sich auf dem Absatz um und ging neben seinem Sekretär zum Haus.

Dieser sagte sanft, bemüht um das weitere Wohlwollen seines Herrn:»Da war eine junge Dame, die Frau des Kommandanten der Alderney …«Er sah, daß Godschale sich erinnerte.»Sie sprach heute wieder vor, um etwas für ihren Mann zu erbitten. Sie ist wirklich sehr attraktiv, Mylord.»

Godschale nickte.»Arrangieren Sie einen Termin mit ihr. «Als er sein Arbeitszimmer betrat, wo die anderen auf ihn warteten, war er schon wieder ganz der alte:»Also, meine Herren, was nun den Krieg angeht.»

Bolitho öffnete die Glastür und trat hinaus auf den schmalen Eisenbalkon. Auf der Themse glitzerten die Lichter der Schiffe wie Glühwürmchen. Es war so heiß und windstill, daß sich die Vorhänge nicht bewegten. Sie hatten sich geliebt, sich total verausgabt, und doch spürte er noch immer Verlangen nach ihr.

Morgen würde er zur Nore zurückkehren, wo die Tybalt auf ihn wartete, um ihn zum Geschwader zurückzubringen. Er dachte an sein Geschwader, das draußen die Nordsee durchpflügte, immer noch in der Hoffnung zu erfahren, was der Gegner vorhatte. Für das, was vor ihnen lag, waren seine Erfahrung und sein Urteil entscheidend. Er war wie die Nabe eines großen Rades.

Zuerst hatte er sich mit der Black Prince vertraut gemacht, mit dem Schiff genauso wie mit seiner Besatzung. Er lernte Gesichter und Namen, Pflichten und Reaktionen der Männer an Bord, vor allem der Offiziere. Falls er ausfiel, mußten sie das Schiff führen: der Master, der Erste und die anderen Leutnants, die Stückführer — wie Speichen reichten diese Männer in alle Decks und Winkel des Schiffes.

Dann hatte er auch die anderen Offiziere seines Geschwaders kennengelernt, die im Kampf mit ihm segeln würden. Nur Adam mit seiner Fregatte hielt sich entfernt, weiter weg, als selbst der beste Ausguck sehen konnte, immer auf der Suche nach dem Gegner. Falls sich Napoleon die Flotten Dänemarks und Schwedens aneignen konnte, mußte England ihnen schon allein aufgrund ihrer Überzahl unterliegen. Denn noch immer waren die Lücken, die Trafalgar gerissen hatte, nicht aufgefüllt. Beide neutrale Flotten, so hörte man, hatten einhundertachtzig Schiffe. Bolitho hatte Godschale auch nach Herricks neuer Aufgabe gefragt. Der Admiral wollte zunächst nicht mit der Sprache heraus, doch als Bolitho beharrlich blieb, antwortete er:»Herrick kommandiert die Begleitschiffe für die Versorger. Eine lebenswichtige Aufgabe!»

Lebenswichtig? Ein alter müder Commodore wie Arthur Warren hätte diese Aufgabe leicht erfüllen können.

Der Mond trat hinter einer langen Wolke hervor und legte Glanz auf den Fluß. Bolitho packte das Balkongeländer und starrte ins Licht, bis er einen glänzenden Ring um den Mond sah, breit und verschwommen. Da schaute er weg und schluckte trocken. Schlimmer war sein Auge nicht geworden. Oder bildete er sich das nur ein? Er fühlte die Vorhänge gegen seine Beine wehen und wußte, Catherine war zu ihm getreten.

«Was ist, Richard?«Ihre Hand massierte seinen Rücken, verlockend und stark, löste seine Verspannung. Er drehte sich um und streichelte sie unter ihrer großen Stola aus den Spitzen, die er aus Madeira mitgebracht hatte. Sie zitterte wie in einer kühlen Brise, als seine Hand über ihren nackten Körper glitt.

«Ich segle morgen«, sagte er, schon vom Abschied gezeichnet.»Aber etwas wüßte ich gern noch von dir. «Sie drückte das Gesicht gegen seine Schulter.»Was denn?»

«Bei der Beerdigung von Somervell«, begann er,»habe ich gesehen, daß du ein Taschentuch ins Grab geworfen hast.»

Ihr Atem streifte warm seine Schulter.»Darin war sein Ring. Ich wollte nichts mehr von ihm besitzen.»

Das hatte er gehofft.»Würdest du meinen Ring tragen, wenn ich einen fände, der schön genug ist für dich?»

Sie hielt den Atem an. Der Mann, der morgen vielleicht in den Tod segeln mußte, fand Zeit, an einen Ring für sie zu denken! Sie ließ sich von ihm ins Zimmer führen und die Stola abnehmen. Ihr Körper glänzte im Licht der beiden Kerzen neben dem Bett.

«Ich wäre stolz darauf«, flüsterte sie, und er sah Tränen unter ihren Wimpern.»Aber sprechen wir nicht von morgen. Heute bin ich noch da — für dich, Liebster.»

Als der Morgen über London heraufzog, öffnete Bolitho die Augen. Catherines Kopf ruhte an seiner Schulter, ihr Haar lag ausgebreitet auf dem Kissen. Er entdeckte die roten Spuren seiner Zärtlichkeit auf ihrer Haut. Sie sah aus wie ein kleines Mädchen, als er ihr das Haar aus dem Gesicht strich.

Irgendwo läutete eine Glocke, und ein früher Wagen rollte über das Kopfsteinpflaster.

Die Zeit des Abschieds war gekommen.

57
{"b":"113381","o":1}