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Aber jetzt war jetzt, und Bolitho sagte scharf:»Also los!»

Auf dem Achterdeck sah Bolitho seinen Flaggleutnant Jenour bei den Schiffsoffizieren stehen und freute sich wieder, wie vorteilhaft sich der Mann verändert hatte: ein eifriger, liebenswürdiger Junge und der erste in seiner Familie, der zur Royal Navy gegangen war. Bolitho hatte anfangs daran gezweifelt, daß er die Herausforderungen bestehen würde, die sie erwarteten. Auch hatte er gehört, daß einige der erfahrenen Salzbuckel an Bord darüber Wetten abschlossen, wie lange Jenour überleben würde. Aber er hatte überlebt — und wie! Er war aus den Gefechten als Mann, als Veteran hervorgegangen.

Es war Jenours schöner Degen gewesen, ein Geschenk seines Vaters, der ihm entrissen worden war, als er Bolitho zu Hilfe eilte. Jenour hatte aus dieser Erfahrung ebenso gelernt wie aus vielen anderen. Seit jenem letzten Gefecht trug der junge Mann seinen Degen stets an eine Sorgleine geknüpft, die mit einem dekorativen Knoten geschmückt war und die Waffe im Kampf fest mit seinem Handgelenk verband. Es war auffallend, mit welchem Respekt die Offiziere der Truculent Jenour behandelten, obwohl die meisten von ihnen älter waren als er und einen höheren Rang hatten. Die Fregatte mit ihren sechsunddreißig Kanonen war zwar ständig im Dienst gewesen, auf Patrouillen und als Begleitschiff, doch noch kein Mitglied der Offiziersmesse hatte — wie Jenour — bisher an einem größeren Seegefecht teilgenommen.

Bolitho nickte den Offizieren zu und schritt übers Seitendeck nach vorn, das wie sein Gegenüber das Achterdeck mit dem Vordeck verband. Unter ihm in der Kuhl wurde die Hauptbatterie bereits vom Stückmeister und einem seiner Gehilfen inspiziert. Poland war wirklich gründlich, dachte Bolitho. Er stand jetzt an der Reling und beobachtete die halbnackten Seeleute, die ihre Hängematten sauber in die Finknetze stauten. Einige der Männer waren schon braun, andere rot verbrannt von zuviel Sonne.

Diese Sonne erhob sich nun aus der See und übergoß die niedrigen Wellen wie mit geschmolzenem Kupfer. Schon dampfte Truculent in der Morgenkühle. Sie würde wie ein Geisterschiff aussehen, bis die Hitze Rumpf und Segel ganz getrocknet hatte.

Bolitho bedauerte die Wachoffiziere in ihren Hüten und schweren Mänteln. Poland wollte damit offensichtlich Autorität demonstrieren, wie ungemütlich sie sich auch fühlten. Was sie wohl von seiner lässigen Kleidung hielten? Für Pomp und Etikette blieb immer noch Zeit, wenn sie auf die Flotte trafen, die angeblich hier vor der afrikanischen Küste operierte. Unterwegs waren sie sich vorgekommen wie das einzige Schiff auf dem Ozean.

Gedankenversunken begann er langsam hin und her zu gehen. Männer, die mit nimmer endenden Wartungsarbeiten beschäftigt waren, mit Spleißen, dem Ersatz von Tauwerk, mit Malen und Schrubben, sahen hoch, wenn sein Schatten an ihnen vorbeiglitt. Aber jeder schaute schnell weg, wenn ihre Blicke sich zufällig trafen.

Mr. Hull, der schweigsame Master der Fregatte, überwachte drei Midshipmen, die abwechselnd in einer Karte arbeiteten. Neben ihm versuchte der Zweite, zur Zeit Wachoffizier, nicht zu gähnen — das wäre riskant gewesen bei einem Kommandanten mit so unberechenbarem Temperament. Aus der Kombüse roch es nach Frühstück, doch bis zum Wachwechsel würde es noch lange dauern.

Hull fragte leise:»Was denkt er jetzt wohl, Mr. Munro?«Er deutete kurz auf die hohe Gestalt im weißen Hemd, in deren dunklem Haar, im Nacken zusammengebunden, die Brise spielte, während er ohne Hast hin und her wanderte.

Munro antwortete leise:»Ich weiß nicht, Mr. Hull. Aber wenn nur die Hälfte von dem wahr ist, was man so hört, hat er genug zum Nachdenken. «Wie die anderen hatte auch Munro wenig vom Vizeadmiral gesehen, außer bei einem gemeinsamen Essen, zu dem er und der Kommandant die Offiziere und Unteroffiziere eingeladen hatten, um ihnen den Zweck der Reise zu erläutern.

Zwei starke Verbände waren mit Infanterie und Seesoldaten zum Kap beordert worden. Ihr einziges Ziel: zu landen, Kapstadt zu belagern und es den Holländern wieder abzunehmen, Napoleons unfreiwilligen Alliierten. Dann, und nur dann, würden Englands Schiffahrtswege ums Kap wieder sicher sein vor französischen Kaperern. In Kapstadt gab es auch eine Werft, die nach der Wiedereroberung verbessert und vergrößert werden sollte, damit englische Schiffe sich nie wieder notdürftig selbst versorgen oder wertvolle Monate vergeuden mußten auf der Suche nach passenden Stützpunkten.

Polands Stimme schnitt durch Munros Gedanken wie ein Messer:»Mr. Munro! Achten Sie gefälligst auf die Faulpelze, die angeblich am zweiten Kutter arbeiten. Sie starren zum Horizont, statt zu arbeiten. Aber vielleicht liegt es daran, daß auch der Wachhabende in den Tag träumt, wie?»

Mr. Hull grinste mitleidlos.»Der hat seine Augen wirklich überall. «Er wandte sich an die Seekadetten, um von Munros Verlegenheit abzulenken.»Und was treiben Sie da, meine Herren? Guter Gott, so werden aus Ihnen niemals Leutnants, aus keinem von Ihnen.»

Bolitho hörte das alles, war aber in Gedanken woanders. Er dachte an Catherines verzweifelten Zorn. Wieviel von dem, was sie sagte, traf zu? Er wußte, daß er sich im Lauf der Jahre Feinde gemacht hatte. Viele hatten versucht, ihm zu schaden, auch wegen seines toten Bruders Hugh, der während der Amerikanischen Revolution die Fronten gewechselt hatte. Später hatten sie das gleiche mit seinem Neffen Adam versucht. O ja, er hatte echte Feinde, nicht nur eingebildete. Brauchte man ihn wirklich so schnell am Kap der Guten Hoffnung? Oder stimmte es, daß Nelsons Sieg über die Vereinigte Flotte die englische Strategie völlig umgestoßen hatte? Frankreich und Spanien hatten zwar viele Schiffe verloren, sie waren gesunken oder als Prise genommen worden. Aber auch Englands Flotte war nach Trafalgar schwer angeschlagen, und die wichtigen Blockadegeschwader vor Frankreichs Häfen hatten die Grenze ihrer Belastbarkeit erreicht. Napoleon würde jetzt neue Schiffe brauchen und sie in Toulon bauen lassen oder an der französischen Kanalküste, moderne Schiffe, von denen Nelson in seinen Wortgefechten mit der Admiralität so oft gesprochen hatte. Doch bis dahin würde sich Napoleon woanders nach Hilfe umschauen — vielleicht bei seinem alten Alliierten Amerika?

Bolitho zupfte Kühlung suchend an seinem Hemd, einem aus der eleganten Kollektion, die Catherine ihm in London gekauft hatte, während er bei den Lords der Admiralität vorsprach. Er hatte die Hauptstadt immer gehaßt, ihre verlogene Gesellschaft, ihre privilegierten Bürger, die den Krieg nur wegen seiner Unbequemlichkeit verfluchten, ohne an die vielen Männer zu denken, die draußen ihr Leben hingaben, um die Freiheit aller zu schützen. Bürger wie. Doch er verdrängte Belinda aus seinen Gedanken und tastete nach dem silbernen Medaillon, das Catherine ihm gegeben hatte: klein, aber mit ihrem perfekten Miniaturporträt im Inneren. Es zeigte ihre dunklen Augen, ihren unverhüllten Hals, wie er ihn kannte und liebte. Auf der Rückseite enthielt es eine gepreßte Haarlocke von ihr. Er konnte nur raten, wie lange sie dieses Medaillon schon besessen hatte. Sicherlich war es kein Geschenk ihres ersten Mannes, dieses Glücksritters, der bei einer Rauferei in Spanien ums Leben gekommen war. Vielleicht aber stammte es von ihrem zweiten Mann, Luis Parejas. Er war gefallen, als er Bolitho half, ein erobertes Handelsschiff gegen Berberpiraten zu verteidigen. Luis war doppelt so alt gewesen wie Catherine, aber auf seine Weise hatte er sie geliebt. Die Miniatur besaß die Finesse, die er als spanischer Kaufmann geschätzt hätte.

Damals war Catherine in Bolithos Leben getreten — und nach einer kurzen, heftigen Affäre wieder daraus verschwunden. Das war ein Mißverständnis gewesen, der fehlgeschlagene Versuch, ihrer beider Ruf zu schützen. Bolitho hatte sich oft verflucht, daß er ihre Trennung zugelassen hatte.

Erst vor zwei Jahren, als die Hyperion Antigua anlief, hatten sie einander wiedergefunden. Bolitho führte eine Ehe mit Belinda, die erkaltet war. Catherine war zum dritten Mal verheiratet — mit Viscount Somervell, einem bösartigen, dekadenten Mann. Er hatte versucht, sie physisch zu vernichten, und hatte sie ins Schuldgefängnis werfen lassen, als er von ihrer neu entflammten Leidenschaft erfuhr. Bolitho hatte sie daraus gerettet. Er hörte ihre Stimme so klar, als stünde sie neben ihm auf dem schnell trocknenden Deck:»Trag dies immer bei dir, Liebster. Ich werde es dir erst wieder abnehmen, wenn du neben mir liegst. «Er fühlte die Gravur auf der Rückseite des Medaillons, die sie in London hatte anbringen lassen: Möge das Glück dich immer leiten. Möge die Liebe dich immer schützen.

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