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231.

Das Lernen verwandelt uns, es thut Das, was alle Ernährung thut, die auch nicht bloss» erhält«—: wie der Physiologe weiss. Aber im Grunde von uns, ganz» da unten«, giebt es freilich etwas Unbelehrbares, einen Granit von geistigem Fatum, von vorherbestimmter Entscheidung und Antwort auf vorherbestimmte ausgelesene Fragen. Bei jedem kardinalen Probleme redet ein unwandelbares» das bin ich«; über Mann und Weib zum Beispiel kann ein Denker nicht umlernen, sondern nur auslernen, — nur zu Ende entdecken, was darüber bei ihm» feststeht«. Man findet bei Zeiten gewisse Lösungen von Problemen, die gerade uns starken Glauben machen; vielleicht nennt man sie fürderhin seine»Überzeugungen«. Später — sieht man in ihnen nur Fusstapfen zur Selbsterkenntniss, Wegweiser zum Probleme, das wir sind, — richtiger, zur grossen Dummheit, die wir sind, zu unserem geistigen Fatum, zum Unbelehrbaren ganz» da unten«. — Auf diese reichliche Artigkeit hin, wie ich sie eben gegen mich selbst begangen habe, wird es mir vielleicht eher schon gestattet sein, über das» Weib an sich «einige Wahrheiten herauszusagen: gesetzt, dass man es von vornherein nunmehr weiss, wie sehr es eben nur — meine Wahrheiten sind. —

232.

Das Weib will selbständig werden: und dazu fängt es an, die Männer über das» Weib an sich «aufzuklären — das gehört zu den schlimmsten Fortschritten der allgemeinen Verhässlichung Europa's. Denn was müssen diese plumpen Versuche der weiblichen Wissenschaftlichkeit und Selbst-Entblössung Alles an's Licht bringen! Das Weib hat so viel Grund zur Scham; im Weibe ist so viel Pedantisches, Oberflächliches, Schulmeisterliches, Kleinlich-Anmaassliches, Kleinlich-Zügelloses und — Unbescheidenes versteckt — man studire nur seinen Verkehr mit Kindern! — , das im Grunde bisher durch die Furcht vor dem Manne am besten zurückgedrängt und gebändigt wurde. Wehe, wenn erst das» Ewig-Langweilige am Weibe«— es ist reich daran! — sich hervorwagen darf! wenn es seine Klugheit und Kunst, die der Anmuth, des Spielens, Sorgen-Wegscheuchens, Erleichterns und Leicht-Nehmens, wenn es seine feine Anstelligkeit zu angenehmen Begierden gründlich und grundsätzlich zu verlernen beginnt! Es werden schon jetzt weibliche Stimmen laut, welche, beim heiligen Aristophanes! Schrecken machen, es wird mit medizinischer Deutlichkeit gedroht, was zuerst und zuletzt das Weib vom Manne will. Ist es nicht vom schlechtesten Geschmacke, wenn das Weib sich dergestalt anschickt, wissenschaftlich zu werden? Bisher war glücklicher Weise das Aufklären Männer-Sache, Männer-Gabe — man blieb damit» unter sich«; und man darf sich zuletzt, bei Allem, was Weiber über» das Weib «schreiben, ein gutes Misstrauen vorbehalten, ob das Weib über sich selbst eigentlich Aufklärung will — und wollen kann Wenn ein Weib damit nicht einen neuen Putz für sich sucht — ich denke doch, das Sich-Putzen gehört zum Ewig-Weiblichen? — nun, so will es vor sich Furcht erregen: — es will damit vielleicht Herrschaft. Aber es will nicht Wahrheit: was liegt dem Weibe an Wahrheit! Nichts ist von Anbeginn an dem Weibe fremder, widriger, feindlicher als Wahrheit, — seine grosse Kunst ist die Lüge, seine höchste Angelegenheit ist der Schein und die Schönheit. Gestehen wir es, wir Männer: wir ehren und lieben gerade diese Kunst und diesen Instinkt am Weibe: wir, die wir es schwer haben und uns gerne zu unsrer Erleichterung zu Wesen gesellen, unter deren Händen, Blicken und zarten Thorheiten uns unser Ernst, unsre Schwere und Tiefe beinahe wie eine Thorheit erscheint. Zuletzt stelle ich die Frage: hat jemals ein Weib selber schon einem Weibskopfe Tiefe, einem Weibsherzen Gerechtigkeit zugestanden? Und ist es nicht wahr, dass, im Grossen gerechnet,»das Weib «bisher vom Weibe selbst am meisten missachtet wurde — und ganz und gar nicht von uns? — Wir Männer wünschen, dass das Weib nicht fortfahre, sich durch Aufklärung zu compromittiren: wie es Manns-Fürsorge und Schonung des Weibes war, als die Kirche dekretirte: mulier taceat in ecclesia! Es geschah zum Nutzen des Weibes, als Napoleon der allzuberedten Madame de Staël zu verstehen gab: mulier taceat in politicis! — und ich denke, dass es ein rechter Weiberfreund ist, der den Frauen heute zuruft: mulier taceat de muliere!

233.

Es verräth Corruption der Instinkte — noch abgesehn davon, dass es schlechten Geschmack verräth — . wenn ein Weib sich gerade auf Madame Roland oder Madame de Staël oder Monsieur George Sand beruft, wie als ob damit etwas zu Gunsten des» Weibes an sich «bewiesen wäre. Unter Männern sind die Genannten die drei komischen Weiber an sich — nichts mehr! — und gerade die besten unfreiwilligen Gegen-Argumente gegen Emancipation und weibliche Selbstherrlichkeit.

234.

Die Dummheit in der Küche; das Weib als Köchin; die schauerliche Gedankenlosigkeit, mit der die Ernährung der Familie und des Hausherrn besorgt wird! Das Weib versteht nicht, was die Speise bedeutet: und will Köchin sein! Wenn das Weib ein denkendes Geschöpf wäre, so hätte es ja, als Köchin seit Jahrtausenden, die grössten physiologischen Thatsachen finden, insgleichen die Heilkunst in seinen Besitz bringen müssen! Durch schlechte Köchinnen — durch den vollkommenen Mangel an Vernunft in der Küche ist die Entwicklung des Menschen am längsten aufgehalten, am schlimmsten beeinträchtigt worden: es steht heute selbst noch wenig besser. Eine Rede an höhere Töchter.

235.

Es giebt Wendungen und Würfe des Geistes, es giebt Sentenzen, eine kleine Handvoll Worte, in denen eine ganze Cultur, eine ganze Gesellschaft sich plötzlich krystallisirt. Dahin gehört jenes gelegentliche Wort der Madame de Lambert an ihren Sohn: mon ami, ne vous permettez jamais que de folies, qui vous feront grand plaisir«: — beiläufig das mütterlichste und klügste Wort, das je an einen Sohn gerichtet worden ist.

236.

Das, was Dante und Goethe vom Weibe geglaubt haben — jener, indem er sang» ella guardava suso, ed io in lei«, dieser, indem er es übersetzte» das Ewig-Weibliche zieht uns hinan«—: ich zweifle nicht, dass jedes edlere Weib sich gegen diesen Glauben wehren wird, denn es glaubt eben das vom Ewig-Männlichen…

237.
Sieben Weibs-Sprüchlein.

Wie die längste Weile fleucht, kommt ein Mann zu uns gekreucht!

Alter, ach! und Wissenschaft giebt auch schwacher Tugend Kraft.

Schwarz Gewand und Schweigsamkeit kleidet jeglich Weib — gescheidt.

Wem im Glück ich dankbar bin? Gott! — und meiner Schneiderin.

Jung: beblümtes Höhlenhaus. Alt: ein Drache fährt heraus.

Edler Name, hübsches Bein, Mann dazu: oh wär' er mein!

Kurze Rede, langer Sinn — Glatteis für die Eselin!

237.

Die Frauen sind von den Männern bisher wie Vögel behandelt worden, die von irgend welcher Höhe sich hinab zu ihnen verirrt haben: als etwas Feineres, Verletzlicheres, Wilderes, Wunderlicheres, Süsseres, Seelenvolleres, — aber als Etwas, das man einsperren muss, damit es nicht davonfliegt.

238.

Sich im Grundprobleme» Mann und Weib «zu vergreifen, hier den abgründlichsten Antagonismus und die Nothwendigkeit einer ewig-feindseligen Spannung zu leugnen, hier vielleicht von gleichen Rechten, gleicher Erziehung, gleichen Ansprüchen und Verpflichtungen zu träumen: das ist ein typisches Zeichen von Flachköpfigkeit, und ein Denker, der an dieser gefährlichen Stelle sich flach erwiesen hat — flach im Instinkte! — , darf überhaupt als verdächtig, mehr noch, als verrathen, als aufgedeckt gelten: wahrscheinlich wird er für alle Grundfragen des Lebens, auch des zukünftigen Lebens, zu» kurz «sein und in keine Tiefe hinunter können. Ein Mann hingegen, der Tiefe hat, in seinem Geiste, wie in seinen Begierden, auch jene Tiefe des Wohlwollens, welche der Strenge und Härte fähig ist, und leicht mit ihnen verwechselt wird, kann über das Weib immer nur orientalisch denken: er muss das Weib als Besitz, als verschliessbares Eigenthum, als etwas zur Dienstbarkeit Vorbestimmtes und in ihr sich Vollendendes fassen, — er muss sich hierin auf die ungeheure Vernunft Asiens, auf Asiens Instinkt-Überlegenheit stellen: wie dies ehemals die Griechen gethan haben, diese besten Erben und Schüler Asiens, welche, wie bekannt, von Homer bis zu den Zeiten des Perikles, mit zunehmen — der Cultur und Umfänglichkeit an Kraft, Schritt für Schritt auch strenger gegen das Weib, kurz orientalischer geworden sind. Wie nothwendig, wie logisch, wie selbst menschlich-wünschbar dies war: möge man darüber bei sich nachdenken!

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