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Wenigstens wird er sich um die Identitätskarte kümmern. Am nächsten Tag kommt er gleich mit ins Office. Es wird viel geredet, Formulare werden ausgefüllt und diverse Namen genannt. Da er alles über Lketingas Familie weiß, kann der Ausweis in zwei bis drei Wochen auch in Maralal ausgestel t werden. Den Heiratsantrag fül en wir gleich aus. Wenn innerhalb von drei Wochen niemand Einspruch erhebe, könnten wir heiraten. Nur zwei schreibkundige Trauzeugen müßten wir mitbringen. Ich weiß gar nicht, wie ich diesem Chief danken soll, so froh bin ich. Hie und da muß ich etwas bezahlen, aber nach einigen Stunden ist alles in die Wege geleitet. Wir sollen in vierzehn Tagen wieder vorbeikommen und die Bescheinigungen mitbringen. Gut gelaunt laden wir den Chief zum Essen ein. Er ist der erste, der uns wirklich von Herzen geholfen hat. Lketinga schiebt ihm auch großzügig etwas Geld zu.

Nach einer Nacht in Maralal wol en wir wieder los. Kurz bevor wir den Ort verlassen, treffe ich Jutta. Natürlich müssen wir noch einen Chai trinken und uns alles erzählen. Sie wil bei unserer Hochzeit dabei sein. Momentan wohnt sie bei Sophia, einer anderen Weißen, die vor kurzem mit ihrem Rasta-Freund nach Maralal gezogen ist. Ich soll sie doch gelegentlich besuchen. Wir Weißen müßten zusammenhalten, meint sie lachend. Lketinga schaut finster, er versteht nichts, weil wir dauernd Deutsch sprechen und viel lachen. Er wil nach Hause, deshalb brechen wir auf. Diesmal wagen wir den Dschungelweg. Die Straße ist miserabel, und am schlüpfrigen Schräghang traue ich mich kaum noch zu atmen. Meine Stoßgebete werden diesmal erhört, und wir erreichen Barsaloi ohne Schwierigkeiten.

Die nächsten Tage verlaufen ruhig, das Leben geht den gewohnten Gang. Die Leute haben genug Milch, und in den halb zerfallenen Shops gibt es Maismehl und Reis zu kaufen. Die Mama ist mit der Vorbereitung für das größte Samburu-Fest beschäftigt. Bald sol die Endzeit der Krieger, der Altersklasse meines Darlings, gefeiert werden. Nach dem Fest, das in einem guten Monat stattfindet, dürfen diese Krieger offiziell auf Brautsuche gehen und heiraten. Ein Jahr später folgt die Aufnahme der nächsten Generation, der jetzigen Boys, in den Kriegerstatus, die mit einem großen Beschneidungsfest begangen wird.

Das kommende Fest, das an einem besonderen Ort stattfindet, an dem sich alle Mütter mit ihren Kriegersöhnen treffen, ist sehr wichtig für Lketinga. Schon in zwei oder drei Wochen werden Mama und wir unsere Manyatta verlassen und an jenen Ort ziehen, an dem die Frauen nur für dieses Fest neue Hütten aufbauen werden.

Den genauen Zeitpunkt dieses Dreitagefestes erfahren alle erst kurz vorher, denn der Mond spielt eine große Rolle. Ich rechne mir aus, daß wir ungefähr vierzehn Tage vorher das Standesamt aufsuchen müssen. Fal s etwas schiefgeht, bleiben mir nur wenige Tage bis zum Ablauf meines Visums.

Lketinga ist nun viel unterwegs, da er einen schwarzen Bullen von einer bestimmten Größe auftreiben muß. Das erfordert viele Besuche bei den Verwandten, um notwendige Tauschgeschäfte vorzuschlagen. Ab und zu gehe ich mit, doch schlafe ich nur zu Hause unter dem Moskitonetz, das mich gut schützt. Tagsüber erledige ich die gewohnte Arbeit. Morgens gehe ich mit oder ohne Lketinga zum Fluß. Manchmal nehme ich Saguna mit, die einen Riesenspaß hat, wenn sie baden darf. Es ist das erste Mal für das kleine Mädchen. In der Zwischenzeit wasche ich unsere rauchigen Kleider, was meinen Knöcheln nach wie vor nicht gut bekommt.

Dann schleppen wir Wasser nach Hause, und danach geht es auf Feuerholzsuche.

Behördenstreß

Die Zeit vergeht, und wir müssen nach Maralal, um zu heiraten. Mama ist ungehalten, daß Lketinga so kurz vor der Zeremonie wegfährt. Doch wir denken, daß eine Woche wirklich mehr als genug ist. Mama bricht am selben Tag alles ab und zieht mit den anderen Müttern und den bepackten Eseln los. Mitfahren will sie auf keinen Fal. Sie ist noch nie in einem Auto gesessen und will dies auch nicht mehr ausprobieren. So packe ich lediglich meine Taschen in den Wagen, den Rest erledigt Mama.

Lketinga nimmt Jomo mit, einen älteren Typ, der etwas Englisch kann. Er ist mir unsympathisch und drängt sich unterwegs dauernd auf, unser Trauzeuge zu sein oder zumindest zu assistieren. Dann sprechen sie über das bevorstehende Fest. Von überall kommen aus diesem Anlaß die Mütter zusammen. Es werden sicher vierzig bis fünfzig Manyattas gebaut, und es soll viel getanzt werden. Ich freue mich sehr auf dieses große Fest, dem ich beiwohnen darf. Nach dem Stand des Mondes dauert es noch ungefähr zwei Wochen, meint unser Fahrgast.

In Maralal gehen wir zuerst zum Meldeamt. Der diensthabende Beamte ist nicht da, wir sollen morgen mittag noch mal kommen. Ohne Ausweis können wir keinen Heiratstermin beantragen. Wir ziehen durch Maralal, um zwei Trauzeugen zu finden.

Doch das ist nicht so einfach. Diejenigen, die Lketinga kennt, können nicht schreiben oder verstehen kein Suaheli oder Englisch. Sein Bruder ist zu jung, wieder andere haben Angst, in das Office zu kommen, weil sie nicht verstehen, wofür das alles gut ist. Erst am nächsten Tag treffen wir zwei Morans mit Mombasa-Erfahrung, die außerdem einen Ausweis besitzen. Sie versprechen, in den nächsten Tagen in Maralal zu bleiben.

Als wir nachmittags wieder im Office erscheinen, liegt dort tatsächlich Lketingas Ausweis bereit. Er muß nur noch seinen Fingerabdruck daruntersetzen, und wir begeben uns zum „Standesamt“, um einen Termin zu bekommen. Der Beamte prüft meinen Paß sowie die Bescheinigung, daß ich noch ledig bin. Ab und zu stel t er Lketinga auf Suaheli einige Fragen, die er anscheinend nicht immer versteht. Er wird nervös. Ich wage zu fragen, wann der Termin nun sei und gebe auch gleich die Namen der Trauzeugen bekannt. Der Beamte meint, wir müßten beim District-Officer direkt vorsprechen, denn nur dieser könne die Trauung vornehmen.

Wir setzen uns in die Reihe der wartenden Menschen, die al e diesen wichtigen Mann sprechen wol en. Nach gut zwei Stunden können wir hinein. Hinter einem mondänen Schreibtisch sitzt ein massiger Mensch, dem ich unsere Papiere auf den Tisch lege und erkläre, daß wir um einen Heiratstermin ersuchen. Er blättert in meinem Paß und fragt, weshalb ich einen Massai heiraten wolle und wo wir leben würden. In der Aufregung fällt es mir schwer, richtige englische Sätze zu bilden.

„Weil ich ihn liebe und wir uns in Barsaloi ein Haus bauen wol en.“ Seine Blicke wandern eine Weile zwischen Lketinga und mir hin und her. Endlich sagt er, wir sollten in zwei Tagen um vierzehn Uhr mit den Trauzeugen hier sein. Freudig bedanken wir uns und gehen hinaus.

Alles läuft auf einmal so normal, wie ich es mir nicht im Traum erhofft hätte.

Lketinga kauft Miraa und setzt sich mit einem Bier ins Lodging. Ich rate ihm ab, doch er meint, er brauche dies nun. Gegen neun Uhr klopft es an die Tür. Draußen steht unser Begleiter. Auch er kaut Miraa. Wir sprechen alles noch mal durch, doch je länger der Abend dauert, desto unruhiger wird Lketinga. Er zweifelt, ob es richtig ist, so zu heiraten. Er kenne niemand, der dies auf dem Office macht. Jetzt bin ich froh, daß ihm der andere alles erklärt. Lketinga nickt nur. Wenn nur die zwei Tage gut vergehen, ohne daß er durchdreht! Solche Officebesuche erträgt er sehr schlecht.

Am nächsten Tag suche ich Jutta und Sophia auf und treffe beide an. Sophia lebt richtig feudal in einem Zwei-Zimmer-Haus mit elektrischem Licht, Wasser und sogar einem Kühlschrank. Beide freuen sich über unsere Hochzeit und versprechen, morgen um vierzehn Uhr beim Office zu sein. Sophia leiht mir eine hübsche Haarspange und eine tol e Bluse. Für Lketinga kaufen wir zwei schöne Kangas. Wir sind bereit.

Am Morgen unseres Hochzeitstages werde ich doch etwas nervös. Unsere Trauzeugen sind bis zwölf Uhr immer noch nicht hier und wissen nicht einmal, daß in zwei Stunden ihre Anwesenheit erforderlich ist. Deshalb müssen wir zwei andere finden. Jomo kommt nun doch zum Zug, was mir mittlerweile egal ist, wenn wir nur eine zweite Person finden. In meiner Verzweiflung frage ich unsere Lodging-Wirtin, die sofort begeistert zustimmt. Um vierzehn Uhr stehen wir vor dem Office. Sophia und Jutta sind zur Stelle, sogar mit Fotoapparaten. Wir sitzen auf der Bank und warten mit einigen anderen Leuten. Die Stimmung ist etwas gespannt, und Jutta foppt mich ständig. Tatsächlich habe ich mir die Minuten vor meiner Hochzeit etwas feierlicher vorgestellt.

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