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Verling, anscheinend befriedigt, nickte.»Sowie wir beigedreht haben, werden die Boote ausgesetzt. Alle Seesoldaten und sechzig Matrosen gehen an Bord dieser schwimmenden Hölle da drüben.»

Dancer flüsterte:»Der Kapitän setzt jeden Mann ein, den er entbehren kann.»

«Mr. Dancer!«knurrte Verling.»Fünf Tage Extradienst nach Rückkehr — wenn Sie's erleben. Halten Sie gefälligst den Mund!»

Der Kapitän kam herbeigeschlendert, lässig wie bei einem Spaziergang an Land.»Alles klar, Mr. Verling?»

«Aye, Sir.»

Der Kapitän blickte flüchtig auf die drei Midshipmen, die noch vorgetreten dastanden.»Nehmen Sie sich zusammen«, sagte er. Dann, mit einem Blick auf den Ersten:»Mr. Verling hat den Oberbefehl; er erwartet das Äußerste von Ihnen — und ich auch. «Er beugte sich etwas vor und hielt nach dem kleinen Eden Ausschau.»Sie, äh, Mr. äh, werden vielleicht von Nutzen sein, wenn Sie dem Schiffsarzt mit Ihren neuentdeckten und, äh, überraschenden Kenntnissen assistieren.»

Weder bei ihm noch bei Verling war auch nur die Andeutung eines Lächelns zu sehen.

Als die Übernahme von Männern und Waffen beendet war, brach schon die Nacht an.

Bereits in einiger Entfernung von der großen Dhau roch Bolitho den Gestank der Sklaverei. Aber als die Matrosen und Seesoldaten an Bord waren und in den Schiffsraum hinabkletterten, sich vor den grob behauenen Decksbalken bückten und zwischen allerlei Unrat und zerschlagenen Handfesseln herumstolperten, warf er sie fast um.

Major Dewar hatte seine Unteroffiziere in gleichmäßigen Abständen längsseits postiert, um die Mannschaften durch Zurufe und Stöße an ihre richtigen Plätze zu dirigieren, wo sie bis zum eigentlichen Angriff zu bleiben hatten. Ganz gut, dachte Bolitho, daß Eden nicht mitgekommen war. Bei diesem Gestank und dieser Enge hätte er sich bestimmt während der ganzen Fahrt übergeben.

Mehrere Drehgeschütze wurden aus dem Kutter an Bord gehievt und am Schanzkleid unter dem hohen Heckaufbau festgemacht. Ein wenig roch es auch nach Rum. Vermutlich hatte es der Kapitän für zweckmäßig gehalten, den Männern vor dem Angriff eine Erfrischung zu bewilligen.

Bolitho und die beiden anderen Midshipmen meldeten auf dem Achterdeck, daß sich alle Matrosen und Seesoldaten unter Deck befanden, zusammengepreßt wie Schweinefleisch im Faß.

Die Marine-Infanteristen in ihren dunkelroten Röcken waren im Schiffsraum kaum zu erkennen; nur die Koppel und die gekreuzten Schulterriemen leuchteten weiß im Halbdunkel.

Hoggett, der Bootsmann der Gorgon (sein Spitzname war» Lederlunge«), hatte Segel und Ruder der Dhau unter sich. Bolitho hörte einen Matrosen gehässig murmeln:»Der Saukerl würde sich auf so 'nem verdammten Sklavenschiff richtig zu Hause fühlen!»

Verling kommandierte:»Anker auf und Fahrt aufnehmen, Mr. Hoggett! Vielleicht treibt der Wind den Gestank aus dem Schiff.»

Eine schattenhafte Gestalt erschien auf dem Achterdeck. Verling wandte sich um:»Alles klar, Mr. Tergorren?»

«Der kommt also auch mit, hol ihn der Teufel!«brummte Dancer.

«Anker ist auf, Sir!»

Die Dhau hatte weder Ruderpinne noch Rad; zwei Mann steuerten sie vom Heck aus mit einem langen Handruder. Knarrend und quietschend stiegen die seltsam geformten Lateiner-Segel am Mast empor, und die Männer fluchten, weil sie mit der ungewohnten und für ihre Begriffe primitiven Takelage nicht klarkamen. Verling hatte einen kleinen Bootskompaß mit, den er jetzt dem Bootsmann übergab.

«Wir werden uns Zeit lassen«, sagte er.»Bleiben Sie klar von der Küste. Ich möchte lieber vermeiden, daß unsere Aktion so endet, wie die Fregatte geendet hat — eh, Mr. Tergorren? Das muß ja ein ziemlich unangenehmer Moment gewesen sein.»

Und Tergorren antwortete mit einer Stimme, als habe er einen Kloß im Mund:»Jawohl, Sir, das war es.»

Verling ließ die Sache auf sich beruhen.»Mr. Pearce«, befahl er,»geben Sie der Gorgon Lichtsignal!»

Kurz öffnete Pearce den Schieber der Signallaterne, und Bolitho sah das Licht blinken. Jetzt wußte der Kapitän Conway, daß sie unterwegs waren. Vor dem Reflex des Laternenlichts auf dem Kompaß hob sich Verlings Adlerprofil ab — plötzlich war Bolitho froh, daß der Erste das Kommando hatte.

Was würde wohl Tergorren zu ihm sagen, wenn sie wieder miteinander sprachen? Ob er wohl weiter so tat, als sei die Vernichtung der Pegaso sein Verdienst, oder ob er zugab,daß. .

Verlings Stimme zerriß seine Gedanken.»Wenn Sie nichts zu tun haben, Mr. Bolitho, dann schlage ich vor, Sie schlafen bis auf weiteren Befehl. Andernfalls finde ich schon reichlich Beschäftigung für Sie, selbst auf dieser Badewanne von einem Schiff!»

Im Schutz der Dunkelheit grinste Bolitho bis an die Ohren.

«Aye, aye, Sir! Danke, Sir!»

Er lehnte sich an eine altertümliche Bronzekanone und stützte das Kinn auf die Knie. Dancer hockte sich neben ihn, und miteinander starrten sie zu den winzigen bleichen Sternen empor, vor denen die mächtigen Segel der Dhau wie Vogelschwingen standen.

«Also auf ein Neues, Martyn.»

Dancer seufzte.»Hauptsache, wir sind zusammen.»

X Ein Name, den man sich merkt

«Der Wind hat noch einen Strich gedreht, Sir!»

Die grobe Stimme des Bootsmanns veranlaßte Bolitho, Dancer mit einem Rippenstoß zu wecken. Verling und Tergorren beugten sich über den Kompaß. Oben am Mast flatterte der zerfetzte Wimpel in der aufkommenden Bö. Der Himmel wurde schon bleicher; mühsam, mit schmerzenden, verkrampften Muskeln rappelte Bolitho sich hoch.

«Auf alle Fälle sind wir klar vom Festland«, lautete Verlings gleichmütiger Kommentar. Schwarz hob sich sein ausge-streckter Arm vom dämmrigen Himmel ab.»Da! Ich sehe Brandung unterhalb der Landspitze!«Der Arm schoß herum.»Midshipmen unter Deck, die Mannschaften wecken! Meine Hochachtung an Major Dewar, und bestellen Sie ihm, wir segeln hart unter der Küste. Ich will keinen Seesoldaten oder Matrosen an Deck sehen, außer auf meinen ausdrücklichen Befehl!»

Eine Talje quietschte, und Bolitho sah, wie eine große Flagge am vordersten Lateiner-Segel hinaufstieg. Bei Tageslicht hätte Bolitho erkennen können, daß sie schwarz war, ebenso wie die, welche auf der Pegaso geweht hatte. Trotz seiner Spannung überfiel ihn ein Frösteln.

«Los, Martyn! Beeil dich!«Er rülpste vor unterdrücktem Brechreiz und bedeckte Mund und Nase mit dem Ärmel, als er in den geräumigen Schiffsraum hinabkletterte. Im düsteren Schein einer einsamen Laterne sahen die zusammen-gepferchten Matrosen und Seesoldaten auch nicht viel anders aus als eine Ladung Sklaven. Eiskalt lief es ihm den Rücken hinunter: wenn diese Aktion schiefging, würde es den Überlebenden nicht besser ergehen als den Sklaven, die Kapitän Conway freigelassen hatte. Zwar rekrutierte Rais Haddam, der Korsar, zahlreiche weiße Söldner für seine Schiffe, aber er hielt nicht viel von ihnen. Wenn auch nur die Hälfte von dem stimmte, was man sich von ihm erzählte, war es mehr als wahrscheinlich, daß er sich an den britischen Matrosen, die ihm als Gefangene in die Hände fielen, für die freigelassenen Sklaven schadlos halten würde.

Dewar grunzte, als er die Meldung entgegennahm.»Wird auch Zeit, Mir tun alle Knochen so weh wie einer kranken Kuh.»

Dancer hustete.»Bin ganz schön froh, daß wir an Deck waren, Sir.»

Die Seesoldaten wechselten belustigte Blicke, und Dewar sagte:»Verwöhnte junge Teufel! Mich stört nur die Unbequemlichkeit. Der Gestank ist auch nicht schlimmer als auf einem Schlachtfeld. «Er grinste in Dancers grünlich-bleiches Gesicht.»So nach ein paar Tagen, wenn die Krähen schon fleißig an der Arbeit waren — eh?»

Er erhob sich und stand gebückt unter den Decksbalken.»Marine-Infanterie — Achtung! Sergeant Halse — Waffeninspektion!»

Bolitho stieg an Deck. Zu seiner Überraschung war es bereits so hell, daß er voraus die Küste sehen konnte und den tanzenden Schaum zwischen ein paar bösartigen Klippen.

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