Witja liebte Annehmlichkeiten und ich hatte erwartet, auf seine Vorräte zu stoßen. Das war ein Reinfall. Egal, ich wandte mich den Zimmern der Geschäftsführung zu.
Der Versuch war nicht der Rede wert. Zurück im Chefzimmer mache ich es mir auf dem eindrucksvollen Sessel bequem. Wenigstens der ist unbeschadet davongekommen. Mit Kognak und Konfekt heiterte sich meine düstere Stimmung auf.
Über welche Aktiva verfüge ich? Mit diesen Vorräten kann ich zwei, drei Tage überleben. Das ist ein Plus. Ich habe ein Dach über dem Kopf und kein schlechtes. Ich bezweifle, dass hier in den nächsten Tagen eingebrochen wird. Am besten ich sammle Müll auf und werfe ihn vor die Eingangstür. Die benutze ich ohnehin nicht. Der Eingang durch den Schrank ist sicherer.
Moment! Ich bin mit einem Satz hellwach! Der Erholungsraum! Witja hatte einen Erholungsraum! Früher stand hier der Server. Als es mit der Hackerei vorbei war, schleppte er ein extrabreites Schlafzimmerbett an, sein Sexodrom. Wie hat das Bett damals überhaupt durch die Tür gepasst? Wahrscheinlich in Teilen. Die Tür… hier irgendwo muss die Tür sein. Die Tür war schnell gefunden, aber es dauerte eine Weile, bis ich herausbekommen hatte, wie sie sich öffnet. Ich hatte nicht vor, sie einzutreten, vielleicht brauche ich sie später. Endlich bewegte sich das Regal von der Stelle und drehte sich geräuschlos in den Angeln. Aha, das Bett befand sich an Ort und Stelle. Ein riesiges Luxusbett (her mit dem Mädchen auf dem Foto)! Es lagen sogar ein Stapel frische Bettwäsche und eine Schachtel Kondome bereit! Echte Waren des Grundbedarfs! Wo sind nur die Frauen hin… Makar hat bestimmt welche. Ich habe den BH auf der Leine gesehen und die Toilettenartikel… Makars Kumpanen werden sicher keine Verwendung dafür haben. Und ich auch nicht.
Ein luxuriöser Breitbildfernseher, der die halbe Wand einnahm, Dusche (ohne Wasser) in der Kammer. Weiter nichts, abgesehen von Rasiercreme, Rasierer und einem Paket Rasierklingen, mit denen ich mich endlich rasieren kann und den Bart loswerde. Das Waschen wird ohne Wasser schwierig. Auch die Toilette kann ich deshalb nicht benutzen, andernfalls ersticke ich hier schnell.
In Summe habe ich jetzt ein gut getarntes Versteck, ein prächtiges Bett und vorrätige Bettwäsche, einen kleinen Vorrat Rasierklingen, Rasiercreme usw. Ach ja! Außerdem die Kondome! Französische Kondome sind eine teure Ware! Wo finde ich dafür Abnehmer…
Moment! Abnehmer! Durch meinen Kopf flimmerten Assoziationen. Nein keine Reise nach Frankreich, um die Ware zu verkaufen (obwohl ich diese Variante sympathischer finde), sondern ein Absatzkanal, der viel realistischer war.
Durch meine Ausflüge mit der Ausschlächterbrigade kenne ich die geplünderten Geschäfte. Ich hatte gleich meine Zweifel! Die Evakuierung und die Flucht aus der Stadt, es war zu schnell gegangen.
Wir saßen fast zwei Wochen von der Welt abgeschnitten im Büro, um unseren dringenden Auftrag zu erfüllen. In dieser Zeit soll die gesamte Stadt einfach durchgebrannt sein? In einer Reihe von Wohnungen, die wir ausschlachteten fanden sich keine Spuren eines eiligen Aufbruchs. Das kann nur bedeuten, dass die Leute wegeschafft wurden, möglicherweise mehr oder weniger organisiert. Aber wo ist die Polizei geblieben? Gute Frage!
Die Geschäfte wurden geplündert. Das ist offenbar geschehen, als die Polizei nicht mehr eingreifen konnte, also nicht während der Evakuierung. Zu diesem Zeitpunkt wären sie besonders wachsam gewesen, um die Ordnung zu gewährleisten.
Es dauert mindestens zwei Tage, um eine Stadt wie Tarkow zu evakuieren, vielleicht sogar länger. Wir saßen fast zwei Wochen im Hotel! Ich schlief mich zu Hause aus. Dann sah ich mit gemütlich die Nachrichten im Fernsehen, anstatt wie alle anderen davonzulaufen! Ich hörte mir die Märchen der aufgezeichneten Fernsehsendungen an. Dann der Fluchtversuch mit Galperin und die schlaflose Nacht auf der Treppe, neben der verminten Wohnung…
Ich erinnere mich an das erste geplünderte Geschäft, das hatten sie zu diesem Zeitpunkt schon erledigt. Offenbar erschossen unbekannte MPi-Schützen einen zu spät gekommenen Marodeur. Aber das war im zweiten Geschäft! Ich war zuvor an einem anderen Geschäft vorbeigekommen. Es hatte mich mit versperrten Eingängen und zugezogenen Gardinen vor dem Fenster empfangen. Seltsam, das ist unglaublich. Alle Geschäfte wurden umgekrempelt und geplündert, aber dieses nicht. Jedenfalls wirkte es damals völlig unberührt und übrigens auch nicht so, als ob es verlassen worden sei. Wer hat sich dort eingenistet? Jetzt erinnere ich mich auch an den Schriftzug über der Tür. Genau! Da stand „Einzelhändler A. A. Ogrysko“ oder A. W.? Sieh mal an! Sein Geschäft wurde nicht dem Erdboden gleichgemacht. Das bedeutet, dass der Händler es geschafft hat, das Chaos zu überleben. Möglicherweise öffnet er die verschlossenen Türen seines Ladens, um Luft zu schnappen.
Ich beabsichtige jedenfalls, mit ihm zu gegenseitig vorteilhaften Bedingungen ins Geschäft zu kommen. Wenn es ein Laden ist, dann werde ich wenigstens Nahrungsmittel ergattern, im Tausch gegen die Kondome.
Kapitel 3
Das Gebäude hatte sich grundlegend verändert. Vor den Fenstern liegen Sandsäcke und die Tür ist von einem Betonblock versperrt. Wer sich auf diese Weise verbarrikadiert, erledigt an diesem Ort wichtige Angelegenheiten. Hm, auch das Schild hängt noch über dem Eingang! Es ist niemand zu Hause. Nur der Wind weht den Müll über die Straße.
Lauschen. Ich verlasse mich in letzter Zeit hauptsächlich auf mein Gehör. Es ist schwierig, einen dieser Protagonisten zu sehen, wenn er nicht entdeckt werden möchte, aber man kann ihn hören…. Wie heißt es in den Büchern der Brüder Strugazki: „Kein Hinterhalt ohne Lärm“. Hier kratzt und räuspert sich niemand wie im Buch, aber es sind genug andere Laute zu hören. Das ist kein Kettenklirren, sondern hier vertritt sich jemand die Beine.
Jetzt läuft der ungeduldige Kollege ganz in der Nähe herum, schätzungsweise in zwanzig Metern Entfernung. Ich liege auf dem Balkon des dritten Stockwerks, auf den ich über das Dach geklettert bin. Glücklicherweise ist das Haus alt und der Balkon hat kein Wetterdach. Dafür gibt es eine Feuerleiter, die direkt zum Boden führt. Vom Boden ist es ein Kinderspiel, auf den Balkon zu gelangen. Stapf du ruhig da unten herum, ich breche unterdessen vorsichtig mit dem Handbeil die Balkontür auf. Ich möchte das Fenster nicht einschlagen, denn das ist ein Ort, der mir noch nützlich sein kann. Hier oben ist die Aussicht gut.
Ich bin immer noch ein miserabler Einbrecher, aber das ist auch nicht gerade Fort Knox. Die Tür quietscht beim Öffnen in den Angeln und der Typ unten am Haus reagiert sofort. Er läuft zur Seite und gerät für einen Augenblick in mein Sichtfeld.
Das ist keiner der Schergen von Makar. Er ist schlecht gekleidet, ärmlich und auf den ersten Blick unbewaffnet. Das hat im Prinzip keine Bedeutung. Möglicherweise hat er die Pistole in der Jackentasche versteckt. Was treibt der da unten? Zweifellos hat er nicht vor, jemanden zu fangen oder umzulegen, aber er wird sich auch kaum ein Schild mit der entsprechenden Ankündigung um den Hals hängen.
Schnell die Wohnung nach nützlichen Gegenständen durchsuchen: Marmelade, trockenes Brot, Streichhölzer, drei Zigarettenschachteln. Ab damit in den Rucksack! Ich bin kein Raucher, aber vielleicht kann ich sie eintauschen. Aber wo tausche ich sie ein? Unten im Geschäft natürlich! Alles andere lasse ich liegen. Die Lebensmittel kann ich selbst gebrauchen. Außerdem kenne ich den Bedarf des örtlichen Händlers nicht.
Unten quietscht es. Ich schaue über das Fensterbrett nach draußen. Alles beim Alten, keine Veränderungen. Der Typ unten hat nicht durchgehalten. Die Schuhe scharren im Sand. Er geht weg. Warten.
Ein Geräusch! Die sich öffnende Tür des Ladens knarrt. Eine weitere Gestalt betritt den Platz. Ein Blick genügt und ich kenne den Grund, aus dem der Beobachter verschwunden ist. Da steht ein starker, großer Kerl im militärischen Tarnanzug (offensichtlich Importware), mit kugelsicherer Weste und anderen Gerätschaften, die ich nicht kenne. Er hat eine futuristische Knarre, auf die zahlreiche Details aufgeschraubt sind. Tja, da kann ich mit meinem Handbeil kaum brillieren. Da muss ein Maschinengewehr her, damit sich dieser Bulle wenigstens mal nach mir umdreht. Ein harter und arroganter Typ.