Der erste Teil des Buches ist der Geisteswelt der Apologeten gewidmet. Der erste der insgesamt fünf Abschnitte des Teiles gibt unter der Überschrift "Grundlegende Entwicklungstendenzen der spätantiken Kultur und Ästhetik" einen kurzen Überblick über die Kultur der Spätantike in der Periode des Entstehens und der Entwicklung des frühen Christentums (I - III. Jh.) Es ergibt sich von selbst, daß im Zusammenhang mit der Thematik nur bestimmte Aspekte dieser Zeit dargestellt werden konnten, die im Kontext der Gesamtproblematik stehen. So werden hauptsächlich jene Tendenzen der römischen Kultur beleuchtet, die von den Kirchenvätern besonders kritisiert bzw. völlig abgelehnt und bekämpft wurden. Schließlich geht es um das Aufeinandertreffen zweier unterschiedlicher Kulturtraditionen innerhalb des römischen Imperiums, der griechischrömischen und der orientalischen. Aufgezeigt werden insbesondere die inneren Faktoren dieser Synthese in der Periode des Hellenismus, die sich unter anderem widerspiegeln in den Auffassungen Philos von Alexandrien und in den erhaltenen Schriften früher christlicher Autoren. Ein besonderes Kapitel dieses Abschnittes ist der Ästhetik Philos von Alexandrien gewidmet, von dem sich die symbolisch-allegoretische Richtung in der patristischen Ästhetik herleitet.
Gemäß dem "Prinzip des breiten Kontextes" leitet der zweite Abschnitt zur Analyse der Kulturauffassungen der frühen Kirchenväter über. Auf Grundlage einer Auswertung praktisch aller uns überlieferter Texte jener griechischen und lateinischen Autoren (Justinus der Philosoph und Märtyrer, Tatian der Syrer, Athenagoras, Theophil von Andochien, Irenäus von Lyon, Hippolyt von Rom, Klemens von Alexandrien, Tertullian, Minucius Felix, Cyprian, Arnobius und Lachtantius) läßt sich erweisen, daß sie die Begründer einer prinzipiell neuen Kulturauffassung, nämlich der christlichen, waren und Theoretiker einer Kultur wurden, die das Leben in Europa bis ins 20. Jh. hinein bestimmte oder mitbestimmte.
Weiter ergab sich, daß die Apologeten, ausgehend von einer tendenziösen Kritik der antiken Kultur und dem Aufzeigen des ihrer Meinung nach unvermeidlichen Untergangs dieser Epoche, alle wichtigen Aspekte einer weiteren Entwicklung der Menschheit auf Grundlage der Evangelien durchdachten. Diese zwei Aspekte der Lehren der Kirchenväter - die ethische Kritik am Bestehenden und die Entwicklung einer neuen christlichen Weltanschauung - werden in der gesamten Monographie sorgfältig voneinander unterschieden und doch auch in ihrer Bezogenheit aufeinander dargestellt, so daß insgesamt deutlich wird, welche Elemente der Lehren aus dem geistigen Umfeld übernommen wurden und welche als eigener Beitrag des frühen Christentums zum kulturtheoretischen und ästhetischen Denken angesehen werden müssen.
Der zweite Teil des Abschnittes "Die philosophisch-teologische Konzeption der frühen Patristik" entwickelt die Gedanken weiter, indem er die wesentlichen Aspekte der patristischen Ontologie, Gnoseologie und Ethik darstellt und eine Analyse des Begriffs "Held" folgen läßt, der sich in dieser Periode im Christentum herausbildete. Denn das frühe Christentum entwarf ein bis zu dieser Zeit unbekanntes Bild vom 'Krieger Christi', von den Krieger-Märtyrern, den Krieger-Bekennern, die dem Feuer und Schwert ihrer Gegner mit mannhafter Geduld, Widerstandskraft und Demut, mit dem Wort der Wahrheit und mit Tugend entgegentreten.
Der dritte Abschnitt "Die ethisch-religiöse Dominante im künstlerischen Schaffen" wendet sich der Problematik des Menschen, genauer der Frage nach dem frühchristlichen Humanismus zu und zeigt, daß das Christentum, das in der Dornenkrone, im Leiden und schmachvollem Tod des Gottessohnes die Rettung der Menschen sah, einen für die antike Welt völlig neuen Zugang zur Frage nach dem Sein des Menschen entwickelte. Sich an die Ideen der Stoiker und Kyniker anlehnend und entsprechend der neutestamentlichen Forderung auf Nächstenliebe bezeichneten die Kirchenväter der ersten Jahrhunderte Menschlichkeit und Nächstenliebe als die wichtigsten Prinzipien des menschlichen Zusammenlebens, erhoben also Forderungen, die bis in die heutige Zeit reichen.
Im christlichen Humanismus sieht der Autor eine wesentliche Quelle der frühchristlichen "Ästhetik der Verneinung", deren Wesen in der mehr oder weniger konsequenten "Enthüllung" und Verneinung praktisch aller entscheidenden Bestandteile der heidnischen künsthlerischen Kultur besteht. In drei Kapiteln versucht er deutlich zu machen, wie trotz dieser allgemeinen Grundhaltung die Kirchenväter die einzelnen Kunstgattungen - darstellende Kunst, Rhetorik, Theater - doch unterschiedlich bewerteten. Er gelangt zu dem Schluß, daß die Ästhetik der Verneinung (der frühen Christen) von keinem globalen Antiästhetizismus zeugt, sondern von einem anderen für die Antike nicht traditionellen Verständnis der ästhetischen Problematik. Den Christen schien es vor allem notwendig, sich von der antiken Emotionalität und Affektivität in der Kunst zu distanzieren, um von neuem, von der Struktur der neuen Ästhetik her, zu ihr wieder zurückzukehren. Am Ende des dritten Abschnittes zeigt er, wie auf Grundlage der negativen Beziehung zur antiken Kunst im frühen Christentum die Idee von der Notwendigkeit einer neuen, christlichen Kunst heranreifte, entsprechend dem Interesse der neuen Weltanschauung.
Der vierte Abschnitt der Monographie "Die neue ästhetische Problematik" zeigt, daß die eigentlichen ästhetischen Anschauungen der Patristik in vielerlei Hinsicht im Dienst und in Abhängigkeit von der christlichen Schöpfungslehre standen. Das Verständnis der Welt als Werk eines göttlichen Künstlers führte dazu: das Schaffen des menschlichen Künstlers sehr hoch zu bewerten; den Künstler höher einzuschätzen als das Werk seiner Hände; die Schönheit und nicht den Nutzen als Grundlage des schöpferischen Aktes anzusehen; die Sphäre der geistig-moralischen Vervollkommnung des Menschen mit der ästhetischen zu verbinden.
Als ästhetisches Problem stellten die christlichen Denker die Fragen nach dem Schönen und nach dem Bild. Die Idee der Schöpfung der Welt durch Gott aus dem Nichts zwang die frühen Christen, das Schöne in bezug auf die Welt und den Menschen neu zu durchdenken. Da für die Christen die Welt das Werk eines göttlichen Künstlers war und der Mensch ihnen als Gipfel der Schöpfung erschien, galt ihnen im Gegensatz zu den Platonikern und orientalischen Denkern das natürliche Schöne der sichtbaren Welt und vor allem die natürliche Schönheit des Menschen als höchster ästhetischer Wert des Seins. Diesen stellten die Apologeten jedem beliebigen "künstlerischen" Schönen gegenüber, wie es im "heidnischen" Rom kultiviert wurde, so insbesondere der dekorativ-angewandten und der darstellenden Kunst. Höher als jedes sichtbare schöne bewerteten die Kirchenväter das moralisch-geistige Schöne. Dieses war ihrer Meinung nach besonders charakteristisch für Christus und die Märtyrer, die ihr Leben für den christlichen Glauben ließen. In den Tugenden sahen sie den höchsten Ausdruck menschlicher Schönheit. In diesem Zusammenhang kommt dem Verständnis des Häßlichen eine besondere Funktion zu. Im vorliegenden Werk wird gezeigt, daß das Häßliche auftritt als besondere Kategorie, die dem Schönen nicht entgegengesetzt wurde, aber eine gewichtige Zeichenfunktion besaß und in einer Reihe mit solchen Kategorien wie der des Symbols oder des Zeichens stand.
Weiter wendet sich der Autor dem Problem des Bildes in der frühchristlichen Ästhetik zu. Da die Welt und alle Schöpfung der menschlichen Hände von den Kirchenvätern der ersten Jahrhunderte als ein System von Rätseln, Symbolen und Bildern verstanden wurde, die jeweils eine gewisse geistige Realität ausdrücken, erarbeiteten sie eine interessante Theorie des bildhaft-symbolischen Ausdrucks. In der Eikonologie der Apologeten werden drei Gruppen von Bildern unterschieden: mimetische (nachahmende, gegenständlich-plastische), symbolisch-allegorische und zeichnenhafte, die sich voneinander unterscheiden durch den Charakter, durch ihre Beziehung zum widergespiegelten Objekt und durch den Grad der Ähnlichkeit. Auch wird darauf aufmerksam gemacht, daß nicht alle Apologeten überzeugt waren, daß Bilder geistige Inhalte ausdrücken können. So haben denn bestimmte Vertreter der frühen Patristik eine geistige Grundlage für die bilderfeindlichen Bewegungen im Mittelalter gelegt.