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Wir kehren an den Tisch zurück, und Lketinga fordert Sabine zum Tanz auf.

Während sie tanzen, fragt Edy, ob ich mit Lketinga Probleme habe. „Manchmal schon“, ist meine kurze Antwort. Edy möchte ebenfalls tanzen, doch ich lehne ab.

Kurze Zeit später brechen Lketinga und ich auf, da ich Napirai zum ersten Mal bei Priscil a gelassen habe und unruhig bin. Ich verabschiede mich von Sabine und wünsche ihr eine gute Heimreise.

Im Dunkeln stapfen wir zum Vil age. Schon von weitem höre ich mein Mädchen, doch Priscilla beruhigt mich, da Napirai gerade erst aufgewacht ist und natürlich die gewohnte Brust vermißt. Während Lketinga sich mit Priscilla unterhält, gehe ich in unser Zimmer. Als Napirai wieder schläft, setze ich mich draußen in die schwüle Nachtluft, zünde den Joint an und ziehe gierig den Rauch in die Lungen. Gerade als ich den Rest auslösche, kommt Lketinga, und ich hoffe, daß er den Geruch nicht wahrnimmt.

Ich fühle mich freier und besser und schmunzle vor mich hin. Als sich al es in meinem Kopf dreht, lege ich mich aufs Bett. Lketinga merkt, daß ich verändert bin, doch ich erkläre es mit dem ungewohnten Alkohol. Heute fällt es mir nicht schwer, meine Ehepflicht zu erfüllen. Selbst Lketinga ist erstaunt über meine Bereitschaft.

In der Nacht erwache ich, weil meine Blase drückt. Ich schleiche hinaus und erledige es gleich hinter dem Häuschen, da die Plumpsklos zu weit weg sind und mein Kopf noch schwirrt. Als ich zurück in unser großes Bett steige, fragt mein Mann in die Dunkelheit, woher ich komme. Erschrocken erkläre ich ihm den Grund. Er steht auf, nimmt die Taschenlampe und verlangt von mir, ihm die Stel e zu zeigen. In meinem anhaltenden „Flash“ muß ich lachen, mir kommt alles sehr komisch vor.

Lketinga jedoch schließt aus meiner Fröhlichkeit, daß ich mich mit jemandem verabredet hatte. Ich kann das nicht ernst nehmen und zeige ihm den nassen Ring am Boden. Schweigend gehen wir wieder schlafen.

Am Morgen brummt mein Kopf, und das volle Elend kehrt zurück. Nach dem Frühstück fahren wir zum Laden, und William ist zum ersten Mal nicht auffindbar.

Doch als wir beim Laden vorfahren, steht er bereits da. Natürlich geht es mich nichts an, und so frage ich auch nicht, wo er war. Er ist nervös und zurückhaltender als sonst. Heute läuft nicht sehr viel, und nach Ladenschluß fällt mir auf, daß tatsächlich jemand Geld aus meiner Tasche genommen hat. Aber was soll ich tun? Immer öfter beobachte ich William und meinen Mann, sofern er anwesend ist. Mir fällt nichts auf, und dem Kindermädchen traue ich es schon gar nicht zu.

Als ich vom Waschen komme, sitzt Priscil a bei uns und spricht mit Lketinga. Sie erzählt, William gebe jeden Abend in Ukunda viel Geld aus. Wir sollten besser aufpassen, sie kann sich nicht erklären, woher er das viele Geld hat. Mir ist unwohl bei dem Gedanken, daß mir Geld gestohlen wurde, doch ich behalte es für mich und nehme mir vor, mit William unter vier Augen zu sprechen. Mein Mann würde ihn sofort entlassen, und dann bliebe mir die ganze Arbeit. Bis jetzt war ich ja sehr zufrieden mit ihm.

Tags darauf kommt er wieder direkt von Ukunda zur Arbeit. Lketinga stellt ihn zur Rede, aber er bestreitet al es. Als die ersten Touristen kommen, arbeitet Wil iam wie gewohnt weiter. Mein Mann fährt nach Ukunda. Ich nehme an, er will sich umhören, wo William gewesen ist.

Als ich mit William al ein bin, sage ich ihm auf den Kopf zu, ich wisse, daß er mir Geld gestohlen hat und zwar täglich. Lketinga werde ich nichts erzählen, wenn er verspricht, in Zukunft seriös zu arbeiten. Dann werde ich ihn auch nicht entlassen.

Sobald in zwei Monaten die Hochsaison beginnt, bekomme er auch mehr Lohn. Er schaut mich an und sagt nichts. Ich bin mir sicher, daß es ihm leid tut und daß er nur gestohlen hat, um sich für die schlechte Behandlung durch meinen Mann zu rächen.

Als wir allein waren, hat nie ein Schilling gefehlt.

Als Lketinga von Ukunda zurückkommt, weiß er, daß William die Nacht in einer Disco verbracht hat. Erneut stellt er ihn zur Rede. Diesmal mische ich mich ein und erkläre, daß er gestern ja den Vorschuß bezogen hat. Langsam kehrt Ruhe ein, aber die Atmosphäre ist angespannt.

Nach dem harten Arbeitstag vermisse ich den Joint, der mir angenehme Entspannung bringen könnte und überlege, wo ich Edy treffen kann. Für heute fällt mir nichts ein, aber morgen gehe ich ins Africa-Sea-Lodge, um meine Haare zöpfeln zu lassen. Das dauert sicher drei Stunden, und somit ist meine Chance groß, Edy an der Bar zu finden.

Nach dem Mittagessen fahre ich mit dem Wagen ins Hotel. Beide Friseusen sind beschäftigt, und ich muß eine halbe Stunde warten. Dann beginnt die schmerzhafte Prozedur. Meine Haare werden zusammen mit Wollfäden am Kopf entlang nach oben gezöpfelt und am Ende jedes Zöpfchens stecken farbige Glasperlen. Da ich auf vielen feinen Zöpfchen bestehe, dauert es mehr als drei Stunden. Es ist fast halb sechs, und die Prozedur ist noch nicht ganz überstanden.

Ausweglosigkeit

Plötzlich kommt mein Mann mit Napirai daher. Ich verstehe nicht, was das sol, denn ich habe ja den Wagen, und unser Shop ist immerhin einige Kilometer entfernt.

Er schaut auf seine Uhr und herrscht mich an, wo ich so lange bleibe. Möglichst gelassen erwidere ich, er sehe ja, daß ich erst jetzt fertig werde. Er setzt mir die völ ig verschwitzte Napirai auf den Schoß. Ihre Hosen sind vol. Ärgerlich frage ich, was er hier mit ihr zu suchen habe und wo unser Kindermädchen sei. Er hat sie und Wil iam nach Hause geschickt und den Shop einfach geschlossen. Er sei ja nicht verrückt und wisse, daß ich mich mit jemandem verabredet habe, sonst wäre ich schon längst wieder erschienen. Alle Einwendungen nützen nichts, Lketinga ist krank vor Eifersucht. Er ist überzeugt, daß ich vor dem Friseur ein Treffen mit einem anderen Krieger hatte.

So schnell wie möglich wil ich die Hotelanlage verlassen, und wir fahren direkt nach Hause. Die Lust am Arbeiten ist mir vergangen. Es wil mir nicht in den Kopf, daß ich keine dreieinhalb Stunden allein zum Friseur gehen kann, ohne daß mein Mann völ ig durchdreht. So kann es nicht mehr weitergehen. Voller Zorn und Haß schlage ich meinem Mann vor, er solle nach Hause fahren und eine zweite Frau heiraten. Finanziel werde ich ihn unterstützen. Aber er sol gehen, damit wir alle zur Ruhe kommen. Ich habe keinen anderen Lover und wil auch keinen. Ich will nur arbeiten und in Frieden leben. Er kann auch in zwei oder drei Monaten wiederkommen, und wir sehen weiter.

Doch meine Argumente erreichen Lketinga nicht. Er wolle keine andere Frau, denn er liebe nur mich. Er möchte, daß es wieder wie früher ist, bevor Napirai zur Welt kam. Daß er al es mit seiner verdammten Eifersucht zerstört hat, begreift er einfach nicht. Ich kann nur noch atmen, wenn er fort ist. Wir streiten, und ich heule und weiß keinen Ausweg mehr. Nicht einmal die Kraft, Napirai zu trösten, habe ich, da ich selbst so im Elend bin. Wie eine Gefangene komme ich mir vor. Ich muß mit jemandem sprechen.

Sophia wird mich verstehen! Schlimmer kann es nicht mehr kommen, und so steige ich in den Wagen und lasse Mann und Kind zurück. Er stellt sich mir in den Weg, doch ich brause einfach los. „You are crazy, Corinne!“

ist alles, was ich noch höre.

Sophia ist völlig vor den Kopf gestoßen, als sie mich sieht. Sie dachte, alles sei bestens, weil ich so lange nicht mehr vorbeigekommen bin. Als ich ihr das ganze Ausmaß erzähle, ist sie geschockt. In meiner Verzweiflung sage ich ihr, daß ich vielleicht zurück in die Schweiz gehe, weil ich Angst habe, es passiere eines Tages noch Schlimmeres. Sophia redet mir zu, jetzt, wo das Geschäft so gut geht und ich die Arbeitsbewilligung habe, solle ich mich zusammenreißen. Vielleicht geht Lketinga ja doch nach Hause, weil er sich in Mombasa nicht wohl fühlt. Wir besprechen vieles, doch innerlich bin ich ausgebrannt. Ich frage, ob sie Marihuana hat. Tatsächlich bekomme ich welches von ihrem Freund. Etwas erleichtert fahre ich zurück und bin schon auf den nächsten Krach gefaßt. Aber mein Mann liegt vor dem Haus und spielt mit Napirai. Er sagt keinen Ton. Ja, er wil nicht einmal wissen, wo ich war. Das ist völlig neu.

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