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„Was habt Ihr hier zu suchen?“ krächzte das dürre Männlein mißtrauisch.

„Oh, nichts Besonderes, mir ist nur langweilig. Soll ich dir ein Lied singen?“

„Ich habe genug von Eurem Gewimmere! Seht zu, daß Ihr Euch in Eure Kammer zurückzieht, außer Ihr habt hier irgend

etwas Bestimmtes vor.“

Rod kratzte sich die Nase. „Hm“, murmelte er. „Was die Kammer betrifft — mein Begleiter scheint es für andere Zwecke als Schlafen zu benötigen. Also bin ich quasi ausgesperrt, wenn du verstehst, was ich meine.“

„Verderbtheit!“ zischte der Ratgeber.

„O nein, ich nehme an, daß Tom auf sehr natürliche, gesunde Weise vorgeht. Aber jedenfalls bin ich dort momentan nicht erwünscht, und ich dachte nicht, daß jemand etwas dagegen hätte, wenn ich ein bißchen herumspaziere.“

Durer blickte ihn durchdringend wie mit einem La serstrahl an, dann wich er zögernd ein paar Schritte zurück. „Das hat auch niemand“, brummte er. „Es gibt hier keine Geheimnisse, die wir vor Euch verbergen müßten. Aber was Ihr nicht wissen könnt, ist, daß sich hier der Teil befindet, in dem es spukt.“

„Wie interessant! Weißt du, daß ich noch nie einen echten Geist gesehen habe?“

„Das hat auch noch keiner, der am Leben blieb und davon hätte erzählen können. Es wäre Dummheit, diesen Gang zu betreten.“

„Aber eine Begegnung mit einem Geist ließe sich zu einer guten Ballade ausschlachten.“

Der Kleine starrte ihn verächtlich an. „Tut nicht so, als wärt Ihr wirklich ein Minnesänger. Ihr seid ein Spion, nichts weiter!“

Rods Hand tastete nach dem Dolchgriff.

„Ein Spion aus dem Hause Clovis!“ brüllte Durer.

Rod seufzte unhörbar erleichtert auf. „Ob du dich da nicht täuschst, kleiner Mann?“

Durer runzelte die Stirn. „Nicht vom Haus Clovis? Aber dann… Nein, Ihr seid sehr wohl ihr Spion!“

Rod lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand.

„Welches Interesse hast du denn am Haus Clovis, teurer Ratgeber? Und weshalb sollte es das Haus Clovis interessieren, was du hier machst?“

„Ihr seid ein Narr, wenn Ihr glaubt, ich würde Euch eine solche Frage beantworten… Ah, daß ich nicht eher daran dachte! Ihr seid ein Spion der Königin!“

Rod trat näher an den Kleinen heran und lockerte den Dolch in der Scheide. Es war ihm egal, ob Durer wußte, daß Catherine ihn geschickt hatte, aber er wollte eine Antwort. „Ich stellte dir eine Frage!“ sagte er sanft.

Furcht sprach aus den Augen des Kleinen. Er sprang zur Wand zurück. „Ich warne Euch, bei meinem Ruf eilen zwei Dutzend Soldaten herbei!“

„Das wird dir nicht mehr viel helfen, wenn du bei ihrer Ankunft schon tot bist“, sagte Rod spöttisch. Er deutete auf den dunklen Korridor.

Grauenerfüllt starrte der Ratgeber ihn an und begann am ganzen Leib zu zittern. Bebend sagte er: „Vielleicht seid Ihr wirklich nicht von Clovis! Und wenn Ihr von der Königin kommt, seid Ihr uns hier willkommen. Ich werde Euch alles sagen, was Ihr zu wissen begehrt!“ In pathetischem Eifer hob er die Hände. Ein seltsames Licht flackerte in seinen Augen.

„Ja, ich werde Euch alles sagen, selbst den Tag, da wir zur Residenz der Königin marschieren. Ihr könnt sie darauf hinweisen, dann kann sie uns entgegenziehen. Alles werde ich Euch sagen, nur bitte, kommt heraus aus diesem Gang!“ Er rang verzweifelt die Hände. „Wenn Euch die Königin geschickt hat, möchte ich nicht, daß Ihr sterbt.“

Rods Gesicht wirkte steinern. „Ich werde mich in dem Gang umsehen. Ich bin überzeugt, daß ihr darin etwas verborgen habt, das wichtiger ist als das Datum eurer Rebellion.“ Er betrat den Korridor.

Durer rannte ihm händeringend ein paar Schritte nach.

„Kommt zurück! Ihr müßt den Norden warnen. Kommt heraus, Ihr Narr!“

Rod kümmerte sich nicht um ihn, sondern stapfte weiter.

Vor Ärger schrillte der Kleine hinter ihm: „So geht denn in

Euren Tod! Wir brauchen Euch nicht! Ich selbst werde das Wort in den Norden tragen. So sterbt als Narr, der Ihr seid!“ Rod bog um eine dunkle Krümmung. Offenbar war Durer von seinem Tod in diesem Teil der Burg überzeugt — es war sehr merkwürdig, daß er trotzdem versucht hatte, ihn am Betreten zu hindern. Das konnte nur bedeuten, er wollte tatsächlich, daß er, Rod, Catherine von der bevorstehenden Rebellion berichtete. Aber weshalb hatte er vor, die Rebellen zu verraten? Zweifellos war hier in diesem Teil etwas verborgen, das Rod nicht finden sollte, da es ihm vielleicht doch gelingen mochte, lebend wieder herauszukommen. Doch daran glaubte er offenbar nicht, was bedeutete, daß Durers großes Geheimnis von automatischen Verteidigungsmechanismen geschützt war… Außer natürlich… Rod hielt abrupt an. Ihm wurde bewußt, daß er den Rückweg gar nicht mehr finden würde. Um zu viele Ecken in alle Richtungen war er während seines Grübelns achtlos gebogen. Seine Stimme zitterte ein wenig, als er murmelte: „Gekab.“

„Ja, Rod?“ Die Stimme hinter seinem rechten Ohr war ungemein beruhigend.

„Gekab, ich befinde mich im Teil der Burg, wo es spuken soll.“ „Spuken? Rod, eine Analyse Ihrer Stimmenmuster deutete auf leichte Angst. Sie glauben doch nicht wirklich an Geister?“ „Nein, aber ich erinnerte mich gerade, daß ich früher auch nicht an Elfen glaubte. Und wenn es hier Elfen gibt, kann es auf diesem verrückten Planeten doch auch Geister geben, oder nicht?“

Nach kurzer Pause murmelte Gekab verlegen, wie es schien: „Es gibt nichts, was direkt gegen diese Hypothese spricht.“ Ein Ächzen so tief, daß Rod es kaum hören konnte, und so laut, daß es ihn körperlich schmerzte, erschütterte die Wände des Gewölbes, in dem er sich gerade befand. „Was war das? „keuchte Rod. „Ein komplexes Wellenmuster niedriger Frequenz und hoher Schwingungsweite“, antwortete Gekab zuvorkommend.

„Vielen Dank!“ schnaubte Rod. „Ich will wissen, wodurch es verursacht wurde!“

„Dazu reichen die Daten noch nicht aus…“

Das Ächzen wiederholte sich, und etwas wie spinnwebfeines Gespinst, aus dem sich schwarze Augenhöhlen und eine kreisrunde schwarze Mundöffnung abhoben, schwebte geradewegs auf Rod zu.

Ein weiteres Ächzen erklang, eine halbe Stufe höher als das vorherige. Rod riß den Kopf nach rechts. Ein zweiter Geist kauerte über ihm. Ein drittes Ächzen, und ein dritter Geist tauchte auf.

Drei Geister drängten ihn gegen die Steinwand. Ihre Münder formten große dunkle Os, und kalte Knochenfinger griffen nach ihm.

Rod kämpfte gegen seine Panik an. Gekab glaubt nicht an Geister, sagte er sich. Nichtsdestoweniger schrie er gellend: „Geister, Gekab! Geister!“

„Geister“, erklärte der Roboter hinter seinem Ohr, „sind unstofflich, selbst wenn es sie gibt. Sie können einem stofflichen Wesen keinen körperlichen Schaden zufügen.“

„Sag das ihnen!“ brüllte Rod verzweifelt.

Eine Hand verkrampfte sich um sein Herz. Er würgte und hustete. Etwas, ein Eisenband um seine Brust, zermalmte seine Lunge… Furcht konnte lahmen, konnte töten…

„Rod, stecken Sie die Finger in die Ohren!“

Er versuchte, den Rat des Roboters zu befolgen — und konnte es nicht. „Gekab!“ schrillte er. „Ich kann mich nicht bewegen!“

Ein lautes Brummen dröhnte in seinem Schädel und überlagerte das Ächzen. Es wurde zu den monotonen Worten: F-I-N-G-E-R I-N D-I-E O-H-R-E-N!

Die Angst schwand, oder zumindest fast. Rod konnte sich wieder genauso leicht wie zuvor bewegen. Er steckte die Finger in die Ohren. Das Brummen erstarb und das Ächzen der

Geister klang nun wie aus weiter Ferne. Zwar steckte ihm die Angst noch ein wenig in den Knochen, aber sie lahmte ihn nicht länger.

„Können Sie sie noch hören, Rod?“

„Ja, aber es ist nicht mehr so schlimm. Was hast du gemacht?“

„Nichts, Rod. Ihr Ächzen hat eine harmonische Frequenz im subsonischen Bereich, die Angst in Angehörigen Ihrer Spezies hervorruft. Dieser furchteinflößende Ton wird durch die gleichzeitige Emission der subsonischen Harmonien von drei Ächzlauten hervorgerufen.“

„Also gehören drei dazu, mir Angst einzujagen?“

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