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Einen Augenblick herrschte schockiertes Schweigen, dann erhob sich Lord Loguire und donnerte: „Aussagen! Bedürft Ihr ihrer Aussagen so sehr, daß Ihr diese Bauerntölpel vor den höchsten Eurer Edlen anhören wollt?“

„Mein Lord!“ fauchte Catherine. „Ihr vergeßt Euren Platz auf meinem Hof!“

„Nein, Ihr seid es, die den Respekt und die Tradition vergessen hat, die Ihr auf den Knien Eures Vaters lerntet! Nie hätte der alte König seine Lehnsmänner so gedemütigt!“

„Ihr scheint zu vergessen, alter Mann, daß mein Vater tot ist und ich jetzt regiere!“

„Regieren!“ Die Lippen Loguires verzogen sich bitter. „Nicht regieren kann man es nennen, sondern tyrannisieren!“

Erschrocken hielten alle den Atem an, dann erhob sich ein immer lauter werdendes Flüstern: „Hochverratverratverrat…“

Brom O'Berin stand mit zitternden Beinen auf. „Mylord Loguire, Ihr müßt die Königin auf den Knien um Verzeihung bitten, wollt Ihr nicht als Verräter gelten!“

Loguires Gesicht schien zu Stein zu erstarren, doch noch ehe er etwas zu sagen vermochte, erklärte Catherine mit angespannter Stimme: „Unnötig, um Vergebung zu bitten, denn es wird keine gewährt werden. Ihr, Mylord Loguire, werdet von nun aus Unserem Hof verbannt, um Uns nie wieder vor die Augen zu treten.“

„Kind“, murmelte der alte Mann, und Rod sah Tränen in seinen Augen glitzern, „willst du den Vater genauso behandeln wie den Sohn?“

Catherines Gesicht wurde leichenblaß. „Geht, Mylord Loguire, oder ich muß die Hunde auf Euch hetzen!“ sagte Brom mit vor Grimm zitternder Stimme.

Noch einmal schaute Lord Loguire zu Catherine mit Trauer in den Augen hoch. „So wollt Ihr mich denn Euren Feind nennen Catherine blickte über die Nasenspitze auf ihn hinab. Loguire biß die Zähne zusammen. Kalter Stolz löste die Trauer ab. Wortlos drehte er sich auf dem Absatz und schritt zum Portal. Überlegend blieb er stehen, dann wandte er sich noch einmal um. Seine Stimme, die jetzt wieder sanft und gütig klang, füllte den ganzen Saal. „Eines noch, Catherine, die ich einst meine Nichte nannte — solange ich lebe, habt Ihr die Soldaten Logui-res nicht zu fürchten.“ Dann stapfte er mit wallendem Umhang zur Tür hinaus. Wie ein Mann erhoben sich die übrigen elf Hohen Lords und folgten Loguire ins Exil. „Also, wie hat sie den Fall der beiden Bauern entschieden?“ fragte Gekab, den Rod ausritt, um sich ungestört mit ihm unterhalten zu können, denn in der Kaserne war er selten allein, und dem Roboter nur durch das Mikrophon zu lauschen, war unbefriedigend.

„Oh“, antwortete Rod. „Sie erklärte die Entscheidung des Priesters für richtig. Dem alten Bauern gefiel das nicht so recht, aber Catherine hatte ein As im Ärmel, sie sagte, der Junge müsse seinen Schwiegervater im Alter unterstützen. Woraufhin der alte Bauer grinste, und der Junge so aussah, als wäre er sich gar nicht mehr sicher, daß er den Fall gewonnen hatte.“ „Eine großartige Entscheidung“, lobte Gekab. „Die junge Dame könnte als Richter eine Karriere machen.“ „Wenn sie nur die Finger von der Politik ließe“, murmelte Rod. Sie ritten der untergehenden Sonne entgegen, die den Himmel blutrot färbte. Das erinnerte Rod an etwas. „Sagtest du nicht, es bestünde die Gefahr eines weiteren Attentats auf die Königin?“ „Ja, durch die Ratgeber der Hohen Lords, die zweifellos alle der gleichen außerplanetaren Rasse angehören, was allein schon ihr Aussehen beweist, das auf eine Kultur mit langlebigem Alter schließen läßt, und das wiederum auf hohe Technologie. Sie sind auf totale Anarchie auf diesem Planeten aus, und da steht ihnen Catherine natürlich im Weg. Doch nicht nur die Ratgeber sind ihr Feinde, sondern auch der Spötter.“ „Wa-as?“

„Wie, würden Sie sagen, sieht er aus?“

„Abstoßend häßlich!“ Rod schüttelte sich.

„Sein Körperbau? Sein Höcker kann vorgetäuscht sein.“

„Du meinst doch nicht… Ja, du magst recht haben. Er ist genauso groß und dürr wie die Ratgeber, und wenn man über die vielleicht betonte Häßlichkeit hinwegsieht, hat er tatsächlich unverkennbare Ähnlichkeit mit den Ratgebern! Was bedeutet, daß auch er aus einer Kultur mit hochentwickelter Technologie stammt, wenn auch nicht unbedingt von derselben wie die Ratgeber.“

„Das heißt aber nicht, daß sie zusammengehören“, gab Gekab zu bedenken. „Er ist vielleicht nicht an totaler Anarchie, sondern an der Errichtung einer Diktatur interessiert. Aber deshalb steht auch ihm Catherine im Weg. Er sieht lieber jemanden auf dem Thron, den er beherrschen kann.“

„Tuan!“ rief Rod.

„Ja, doch zuerst muß er, wie gesagt, die Königin eliminieren.“

„Also sind sowohl die Ratgeber als auch das Haus Clovis auf Catherines Blut aus!“

„Richtig. Doch bis jetzt gibt es keine Anzeichen, daß sie zusammenarbeiten, eher gegeneinander…“

„Aber was wollen sie hier, Gekab?“

„Wir können annehmen, daß sie getrennt voneinander hierherkamen, um etwas an sich zu bringen, das es hier auf Gramayre gibt.“

Rod zog die Brauen zusammen. „Es gibt hier doch, soviel ich weiß, keine seltenen Bodenschätze…“

„Ich dachte dabei an Schätze menschlicher Art.“

Rods Augen weiteten sich. „Die Esper! Natürlich! Sie sind der Hexen wegen hier!“

„Oder der Elfen!“ meinte Gekab.

„Was könnten sie denn mit den Elfen anstellen?“ fragte Rod stirnrunzelnd.

„Ich habe noch keine Hypothese dafür, aber die logische

Möglichkeit darf nicht außer acht gelassen werden.“

„Na gut, du bleibst bei der logischen Möglichkeit, und ich bei den Hexen. Wer über Telepathen verfügt, könnte die Macht in der Galaxis an sich reißen. He!“ rief er erschrocken. „Das wäre tatsächlich möglich!“

Ein schrilles Heulen erhob sich von den Burgzinnen, unmittelbar unter dem Ostturm. Rod konnte die Einzelheiten der Gestalt dort erkennen, obwohl sie verschwommen, eben wie ein Gespenst war. Aber dazu mußte sie riesig sein, wenn man die Entfernung in Betracht zog. Sie trug die Fetzen eines Leichentuchs, hatte die Figur einer üppigen Frau, aber den Kopf eines Kaninchens mit Stoßzähnen.

„Beeilung, Gekab!“ brüllte Rod und galoppierte zur Burg zurück, wo er auf dem Weg zu den Gemächern der Königin fünf Paar Wachen überrannte. Brom O'Berin wartete bereits mit verschränkten Armen vor der Tür auf ihn. „Du hast lange gebraucht!“ brummte er finster, aber seine Augen verrieten die Angst. Du mußt heute nacht neben ihrem Bett Wache halten, Zauberer.“

Rod erstarrte. „Ich bin kein Zauberer, sondern Söldner!“

„Es ist nicht die richtige Zeit, mir zu widersprechen. Du kannst dich nennen, wie du willst, aber jedenfalls hast du die Kräfte eines Zauberers. Also, marsch, hinein mit dir!“

Catherine saß in einem riesigen Bett und schaute ihnen überrascht entgegen. „Was wollt ihr hier?“ rief sie empört.

Hatte sie das Geheul des Gespensts wirklich nicht gehört?

Sie streckte die Hand aus, um sich einen Kelch mit dampfendem Glühwein von einer Leibmagd reichen zu lassen.

Hastig sprang Rod dazwischen und faßte nach dem Kelch, während er mit der Linken das „Einhorn-horn“ vom Gürtel löste.

„Mein Herr, was soll das!“ fauchte Catherine.

Gekabs Stimme drang aus dem Mikrophon: „Substanz der Analyseneinheit ist schädlich für menschlichen Metabolismus.“

Aber die konische Hülle war leer. Rod hatte den Wein überhaupt noch nicht hineingegossen. Nur Luft befand sich in ihr! Nur Luft!

Rod drückte den Knopf. Die Scheide färbte sich purpurrot. Die Königin starrte auf das Einhornhorn. „Was bedeutet das?“ fragte sie erschrocken.

„Vergiftete Luft!“ stieß Rod hervor und drückte den Kelch in die Hand einer Leibmagd. Er sah sich um. Etwas hier strömte Giftgas aus. Der Kamin! Er rannte zu den Flammen und hielt die Scheide darüber, doch das Purpur verblaßte ein wenig. „Nicht hier!“ brummte Rod. Er hielt das Hörn hoch und stapfte damit kreuz und quer durch das Gemach. Die Scheide blieb lavendelfarbig. Er näherte sich dem Bett, und sie färbte sich wieder dunkler.

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