Das Unheimliche wird in dieser Untersucbung zu E.T.A Hoffmanns 'Nachtstucken' einmal als eines verstanden, das nicht nur in den Motiven und Themen, sondern vorwiegend in der hoffmannschen Poetik verankert ist. Von der Analyse soll keines der 'Nachtstucke' ausgeschlossen werden, die konsequente Einheit des Zyklus lasst sich an einer Untersuchung des Unheimlichen gleichsam en passant aufzeigen. Der Autor Hoffmann liefert selbst bezuglich des Fantastischen und Unheimlichen in seinen Erzahlungen reiche poetologische Hinweise, meist in Form von Diskussionen fiktiver Freunde im Vorfeld oder Anschluss an eine Geschichte, welche sich weit aufschlussreicher als die Theorien uber das literarische Fantastische anderer Autoren auf seine Erzahltexte anwenden lassen. Ausgehend von der Annahme, dass alleinig der Text einer Erzahlung die schauerliche Wirkung ubertragen und beim Leser entstehen lassen kann, soll darauf eine detaillierte textuelle Analyse, die jeweils bei den beiden von der Forschung am eklatantesten gemiedenen Novellen 'Ignaz Denner' und 'Das Gelubde' ansetzt, der Frage nachgehen, wo das Unheimliche im Erzahltext manifest wird, was genau uns denn in diesen Geschichten erschauern macht und welche sprachlichen Mittel der Zeit-, Figuren- und Raumgestaltung entscheidend dazu beitragen. Sicherlich trifft man dabei in allen 'Nachtstucken' auf grelle Schauerelemente. Sie drehen sich bestandig um Wahnsinn, Selbstmord, Totschlag, Satanismus, Revenants, dunkle Schlosser, Automate, Trugbilder und geheimnisvolle, magnetische' Phanomene. Ihre wahrlich beangstigende Wirkung jedoch, das zeigt der dritte Teil der Untersuchung, entsteht im Wesentlichen durch die genannten Erzahltechniken - die perspektivische, den Leser in extremer Nahe zu den Figuren haltende Erzahlweise, ein stetes, uber Beglaubigungsstrategien bewirktes In-die-Irre-Fuhren desselben, durch Bruche, die bei gleichzeitiger Verratselung und Illusionsaufrechterhaltung, die Ironie, die Gemachtheit und die Inszenierung der Erzahlung offen legen sowie durch stets vieldeutige Enden, wo Fragen ungeklart bleiben und die uber Staunen und Schrecken auch nach dem Schliessen des Buchdeckels verunsichern, jegliche Vereindeutigung verweigern und den Leser somit im Unheimlichen zurucklassen. Die Erzhltexte der 'Nachtstcke' sind ein bewusst und berechnend inszeniertes Verwirrspiel, das ber die Themen der Erzhlungen, und, sich hierin bereits von der Romantik abhebend, strker noch ber die Sprache, in der es verfasst ist, laut wird und ber das das Unheimliche, gleich einem Automat, eine Art Eigenleben erlangt, das gerade nur im Rahmen von Literatur und ber besagte Erzhltechniken funktionieren kann. Hoffmann selbst ist gewissermassen Mechanicus, Automat-Fabrikant und gleicht den in unzhligen seiner Werke auftauchenden Charakteren, die fr die Verfhrung der Protagonisten durch die von ihnen hergestellten Trugbilder und Maschinen-Menschen verantwortlich sind. Seinen Wunsch, selbst einmal ein Automat zu verfertigen, den Hoffmann seinem Tagebuch am 2.10.1803 einschreibt, wird er sich mit seinen literarischen Texten weit wirkungsvoller und langlebiger erfllen, als es ein richtiger Automat je gewesen wre.