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Sophie.

Man verwünscht sie.

Marie.

Und?

Sophie.

Und läßt sie laufen.

Marie.

Laufen! Nun, und warum soll ich Clavigo nicht laufen lassen? Wenn das in Frankreich Mode ist, warum soll's nicht in Spanien sein? Warum soll eine Französin in Spanien nicht Französin sein? Wir wollen ihn laufen lassen und uns einen andern nehmen; mich dünkt, sie machen's bei uns auch so.

Buenco.

Er hat eine feierliche Zusage gebrochen, und keinen leichtsinnigen Roman, kein gesellschaftliches Attachement. Mademoiselle, Sie sind bis ins innerste Herz beleidigt, gekränkt. O, mir ist mein Stand, daß ich ein unbedeutender ruhiger Bürger von Madrid bin, nie so beschwerlich, nie so ängstlich gewesen als jetzt, da ich mich so schwach, so unvermögend fühle, Ihnen gegen den falschen Höfling Gerechtigkeit zu schaffen!

Marie.

Wie er noch Clavigo war, noch nicht Archivarius des Königs, wie er der Fremdling, der Ankömmling, der Neueingeführte in unserm Hause war, wie liebenswürdig war er, wie gut! Wie schien all sein Ehrgeiz, all sein Aufstreben ein Kind seiner Liebe zu sein! Für mich rang er nach Namen, Stand, Gütern: er hat's, und ich! —

Guilbert kommt.

Guilbert heimlich zu seiner Frau.

Der Bruder kommt.

Marie.

Der Bruder! —

Sie zittert, man führt sie in einen Sessel.

Wo? wo? Bringt mir ihn! Bringt mich hin!

Beaumarchais kommt.

Beaumarchais.

Meine Schwester!

Von der ältesten weg, nach der jüngsten zustürzend.

Meine Schwester! Meine Freunde! O meine Schwester!

Marie.

Bist du da? Gott sei Dank, du bist da!

Beaumarchais.

Laß mich zu mir selbst kommen!

Marie.

Mein Herz, mein armes Herz!

Sophie.

Beruhigt Euch! Lieber Bruder, ich hoffte, dich gelassener zu sehn.

Beaumarchais.

Gelassener! Seid ihr denn gelassen? Seh ich nicht an der zerstörten Gestalt dieser Lieben, an deinen verweinten Augen, deiner Blässe des Kummers, an dem toten Stillschweigen eurer Freunde, daß ihr so elend seid, wie ich mir euch den ganzen langen Weg vorgestellt habe? Und elender — denn ich seh euch, ich hab euch in meinen Armen, die Gegenwart verdoppelt meine Gefühle, o meine Schwester!

Sophie.

Und unser Vater?

Beaumarchais.

Er segnet euch und mich, wenn ich euch rette.

Buenco.

Mein Herr, erlauben Sie einem Unbekannten, der den edlen braven Mann in Ihnen beim ersten Anblick erkennt, seinen innigsten Anteil an Tag zu legen, den er bei dieser ganzen Sache empfindet. Mein Herr! Sie machen diese ungeheure Reise, Ihre Schwester zu retten, zu rächen. Willkommen! sein Sie willkommen wie ein Engel, ob Sie uns alle gleich beschämen!

Beaumarchais.

Ich hoffte, mein Herr, in Spanien solche Herzen zu finden, wie das Ihre ist; das hat mich angespornt, den Schritt zu tun. Nirgend, nirgend in der Welt mangelt es an teilnehmenden, beistimmenden Seelen; wenn nur einer auftritt, dessen Umstände ihm völlige Freiheit lassen, all seiner Entschlossenheit zu folgen. Und o, meine Freunde, ich habe das hoffnungsvolle Gefühl: überall gibt's treffliche Menschen unter den Mächtigen und Großen, und das Ohr der Majestät ist selten taub; nur ist unsere Stimme meist zu schwach, bis dahinauf zu reichen.

Sophie.

Kommt, Schwester! Kommt! Legt Euch einen Augenblick nieder! Sie ist ganz außer sich.

Sie führen sie weg.

Marie.

Mein Bruder!

Beaumarchais.

Will's Gott, du bist unschuldig, und dann alle, alle Rache über den Verräter!

Marie, Sophie ab.

Mein Bruder! Meine Freunde! ich seh's an euren Blicken, daß ihr's seid. Laßt mich zu mir selbst kommen! Und dann! Eine reine, unparteiische Erzählung der ganzen Geschichte. Die soll meine Handlungen bestimmen. Das Gefühl einer guten Sache soll meinen Entschluß befestigen; und glaubt mir, wenn wir recht haben, werden wir Gerechtigkeit finden.

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