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„Hier gibt es viele schöne Mädchen, Herr. Könnten wir uns nicht ein wenig umsehen?“ Noch ehe Rod protestieren konnte, fuhr Tom fort: „Aber ich muß Euch warnen, Meister, Ihr dürft diese Bauernmädchen nur einmal lieben und sie dann schnell, ohne noch einmal zurückzublicken, verlassen.“ „Warum?

Würde ich sonst zur Salzsäule erstarren?“ „Nein, aber zum Ehemann werden! Denn wenn Ihr diesen Bauernmädchen auch nur ein Fünkchen Hoffnung gebt, sind sie schlimmer als Blutegel und lassen Euch nie wieder los.“

Rod schnaubte verächtlich. „In diese Gefahr komme ich bestimmt nicht. So, aber jetzt wollen wir aufbrechen.“

Sie waren jedoch kaum dreihundert Meter weit gekommen, als eine gedehnte Altstimme ihnen zurief. Zwei kräftige, gutgewachsene Bauernmädchen, mit Heugabeln in der Hand, winkten ihnen lachend zu.

„O Herr, sind wir denn wirklich in so großer Eile?“ fragte Tom fast flehend.

„Na, meinetwegen. Ich möchte nicht, daß irgend jemand an Frustration leidet. Verschwinde!“

Mit einem Juchzer drückte Tom seinem Pferd die Fersen in die Weichen, sprang vor den Mädchen aus dem Sattel und schloß eine in jeden Arm. Rod schüttelte den Kopf, winkte Tom und seinen Gespielinnen zu und suchte sich einen Heuhaufen, wo er sich ausruhen konnte, bis Tom seinen Spaß gehabt hatte. Von Gekabs Rücken sprang er auf den Heuhaufen und machte es sich bequem. Weiße Wölkchen zogen über den strahlend blauen Himmel, und schließlich mußte er wohl eingenickt sein. Plötzlich wachte er auf. Er spürte, daß jemand in seiner Nähe war. Verschlafen hob er die Lider und schaute geradewegs in ein sehr, sehr tief geschnittenes Mieder. Es fiel ihm gar nicht so leicht, den Blick davon loszureißen und höher zu richten. Zwei große, seegrüne Augen sahen ihn offensichtlich besorgt unter langen Wimpern an. Erst nach einer Weile wurde ihm auch der Rest des Gesichts bewußt: feingeschwungene Brauen, eine Stupsnase mit Sommersprossen, volle Lippen, und wallendes, rotes Haar um ein rundliches Gesicht.

Rod lächelte, gähnte und streckte sich. „Guten Morgen.“ Der besorgte Blick wich einem schwachen Lächeln. „Guten Morgen, guter Herr. Weshalb schlaft Ihr hier allein, wenn eine Frau nur Eures Rufes harrt?“

Es war Rod, als hätte er einen kalten Guß über den Rücken bekommen. Er bemühte sich um ein freundliches Lächeln. „Ich danke dir, Mädchen, aber ich bin heute nicht in der richtigen Stimmung für dergleichen Zeitvertreib.“ „Das kann ich mir schlecht vorstellen, nicht bei einem Bauern und schon gar nicht bei einem Lord.“ „Ich bin kein Lord!“

„Nun, jedenfalls ein feiner Herr, und gerade er hat doch nichts zu befürchten.“

„Wie meinst du das?“ fragte Rod und hob eine Braue. Sie lächelte traurig. „Nun, Mylord, ein Bauer müßte vielleicht Angst vor einer erzwungenen Ehe haben, aber doch ein feiner Herr nicht!“

Rod runzelte die Stirn und betrachtete das Mädchen näher. Er schätzte, daß sie ein wenig jünger war als er, vielleicht neunundzwanzig oder dreißig. Und daß ein Bauernmädchen in dieser Gesellschaftsform mit dreißig nicht verheiratet war… Er streckte die Arme aus. „Komm her zu mir, Hübsche.“ Einen flüchtigen Moment leuchtete Hoffnung in ihren Augen auf, der jedoch schnell Resignation folgte. Sie ließ sich seufzend neben ihm im Heu nieder, rollte sich auf eine Seite und legte ihren Kopf auf seine Schulter.

Hoffnung, grübelte Rod, der sich ihres Busens und der Hüften an seiner Seite nur allzusehr bewußt war, Hoffnung, daß man sie nahm und schnell wieder von sich warf. Er schauderte. Das Mädchen hob den Kopf und fragte besorgt: „Ist Euch kalt, Mylord?“

Er drehte sich ihr zu. Eine plötzliche Welle von Dankbarkeit und Zärtlichkeit verschnürte ihm die Kehle. Er drückte sie fest an sich und schloß die Augen. Ein Schmerz löste sich in ihm. Ein Schmerz, dessen er sich erst jetzt bewußt geworden war, als er ihn verließ.

Sie preßte ihren Kopf in seine Halsgrube und ihre Hände verkrampften sich in sein Wams.

Allmählich entspannte er sich wieder und lockerte seine Umarmung. Er lag ganz still und öffnete sich weit der Welt um ihn. Auch das Mädchen hatte ihn losgelassen, und nun lagen ihre Arme und ihr Kopf wie Blei auf ihm. Er hielt die Lider geschlossen im Licht der herabbrennenden Sonne und „sah“ die Welt mit den Ohren. Das Heu raschelte, das Mädchen bewegte sich. Sie mußte sich aufgesetzt haben und schaute nun zweifellos mit Trauer in den Augen auf ihn herab, vielleicht mit einer Träne auf den Wangen und zitternden Lippen. Mitleid stieg in ihm auf, Mitleid mit ihr und Ärger über sich selbst. Es war ja nicht ihre Schuld, daß er momentan nichts als Frieden ersehnte und keine Liebelei. Er rollte sich auf die Seite und schaute stirnrunzelnd zu ihr hoch.

Aber ihre Augen verrieten keine Trauer, kein Gekränktsein — nur Verständnis, und Besorgnis — um ihn. Er griff nach ihrer Hand und wunderte sich, wie klein sie war. Er drückte ihre schlanken Finger auf sein Gesicht und schloß die Augen. Ihre Stimme klang weich und sanft. „Mylord, nehmt mich, wie Ihr wollt. Um mehr bitte ich nicht.“

Um mehr bitte ich nicht… Sie brauchte Liebe, und wenn auch nur für wenige Minuten, und auch wenn sie danach einsam und verlassen sein würde und sie wissen mußte, daß es nicht wirklich Liebe war, sondern nur Verlangen sein konnte. Ja selbst wenn es ihr nur Kummer und Schmerzen brachte, brauchte sie Liebe.

Er schaute ihr in die Augen. Tränen glitzerten darin. Schnell schloß er die Lider und sah Catherines Gesicht vor sich, und Tuans an ihres geschmiegt. Ein Teil seines Ichs betrachtete die beiden, ohne daß es schmerzte, und er staunte, wie gut sie zusammenpaßten. Und dann schob sich sein eigenes Gesicht daneben, und eine Stimme befahl ihm: Sieh dich doch an und vergleiche! Vergleiche! Seine Hand verkrampfte sich, da schrie das Bauernmädchen vor Schmerz auf. Schnell löste er die Hand und schaute das Mädchen an, und jetzt schob sich Catherines Gesicht neben ihres.

Er musterte die beiden, die eine, die ihn benutzte, und die andere, die von ihm benutzt werden wollte. Brennender Ärger erfüllte ihn plötzlich. Ärger auf Catherine, ihrer Selbstgerechtigkeit wegen und ihrer Entschlossenheit, die Welt nach ihrem Willen zu beugen. Und Ärger auf das Bauernmädchen, ihrer stummen Duldsamkeit und ihrer Resignation, ihrer tiefen Wärme und Sanftheit wegen. Heißer brannte der Ärger, über sich selbst, über das Tier in ihm, als er die Finger in ihre Schultern grub und das Mädchen ins Heu drückte. Sie wimmerte vor Schmerz, bis seine Lippen sich heftig auf ihre preßten. Und dann bohrten ihre Nägel sich in seinen Rücken, und ihr

Körper verkrampfte sich, ehe sie erschlaffte und ihre Brust sich in einem tiefen Schluchzen unter ihm hob.

Die Hälfte seines Ärgers löste sich in Nichts auf, die andere stach tief in ihn und löste eine Welle der Reue aus. Er rollte sich von dem Mädchen, um sie von seinem Gewicht zu befreien, und dann waren seine Lippen plötzlich warm und bittend, seine Hände sanft, zärtlich und beruhigend.

Sie sog die Luft ein, und wieder verkrampfte sich ihr Körper.

Narr, sagte eine Stimme in ihm. Narr, jetzt hast du ihr nur noch weher getan!

Er war schon bereit, sich von ihr abzuwenden, als er ihr in die Augen blickte — und das Verlangen sah, das in ihr brannte. Und schon preßten ihre Lippen sich auf seine, und sie zog ihn zu sich herab.

Rod stützte sich auf einen Ellbogen und schaute hinab auf das Mädchen, das nackt, mit nur seinem Umhang als ungenügendem Schutz, neben ihm lag. Er liebkoste sie sanft und zärtlich. Müde, doch ungemein zufrieden schlang sie die Arme um seinen Hals und zog ihn erneut zu sich herunter. Rod blickte in ihre wunderschönen smaragdgrünen Augen und fühlte sich so wohl wie nie zuvor. Er schaute sich um, dann wieder sie an, und es gab nichts mehr auf der Welt außer ihr, und er staunte, daß es ihm gefiel und er so zufrieden war mit der Welt, dem Leben, Gott — und hauptsächlich mit ihr.

Sie schaute zu ihm hoch. Ihr Lächeln schwand und machte Besorgnis Platz. „Fühlt Ihr Euch wohl, Mylord?“ fragte sie leise.

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