Was hat der osterreichische Philosoph Ludwig Wittgenstein mit rechter Politik zu tun? War seine Philosophie anti-dogmatisch, theoriefeindlich und konservativ? Und wieso kann man ihn dann als Anarchisten bezeichnen? Wie kann der Kopf eines Hasen dazu beitragen, neue (Be)deutungen der Begriffe Freiheit, Gerechtigkeit oder Macht zu erlangen? Die Antworten auf diese Fragen sind um so interessanter, da er in seinen Werken weder explizit eine politische Meinung auerte, noch sich dazu berufen fuhlte, sich als politischer Philosoph zu positionieren. Betrachtet man seine Philosophie - angefangen beim systematisch-atomistischen Fruhwerk, dem "Tractatus logico-philosophicus", bis hin zu den deskriptiven Philosophischen Untersuchungen" - etwas genauer, so kann man erkennen, dass diese nicht weniger als die Moglichkeit der Grundlage einer politischen Philosophie bietet, die aktuellen politischen Diskursen mitunter hilfreich sein konnte. Der Wittgensteinschen Philosophie wurde lange Zeit von einzelnen einflussreichen Philosophen und einem groen Teil der spaten Sprachphilosophie ausschlielich Relevanz fur die Weiterentwicklung der Sprachphilosophie zugesprochen, da sie nicht zeitgenossisch genug fur ein politisches Philosophieren gewesen sei. Der Zugang zu einer moglichen Nutzbarkeit seiner Philosophie fur das Politische blieb damit lange Zeit versperrt. Vor allem aber wurde dabei verkannt, wie Wittgensteins Philosophie die Grenzen zwischen Handlung und Sprache aufhebt. Seit ein paar Jahren jedoch werden seine philosophischen Ausfuhrungen - wenn gleich noch vereinzelt - auch uber die bloe Sprachphilosophie hinausgehend betrachtet. Da Weltkonzeption bzw. -auffassung durch Sprache strukturiert ist, ist es wichtig, endlich den Versuch zu unternehmen, Wittgensteins An- und Absichten seines umfangreichen philosophischen Schaffens in einem politischen Licht zu betrachten. In diesem Buch soll vor allem klargemacht werden, warum Begriffe wie Lebensform", Sprachspiel" und Aspektblindheit" als wichtige Saulen einer Wittgensteinschen politischen Philosophie herausgestellt werden mussen, und warum sie als jeweils unverzichtbares Politikum dazu beitragen, Probleme, die auf Missverstandnissen der Logik der Sprache beruhen, auflosen zu konnen. Es geht dabei in der Methode jedoch - im Sinne Wittgensteins - nicht um einen eindeutigen Wahrheits-, sondern vielmehr um einen Klarheitsanspruch.