Warum interessieren sich chinesische Intellektuelle und Kulturschaffende auch heute noch fur den Mythos? 'Karneval der Gotter' ergrundet diese Frage bezugnehmend auf Theorien zu asthetischen und diskursiven Konstruktionen (post-)moderner nationaler Identitat. Die Autorin veranschaulicht die Bedeutung von Mythen und Mythologien in der Moderne: Was zeichnet ihre narrativen Strukturen aus? Welche Rolle spielen Symbole in der Steuerung kollektiver Identitatsbildungsprozesse? - Dynamiken sozialen Wandels spiegeln sich im beweglichen Einsatz mythologischer Vokabularien und Narrative wieder. 'Karneval der Gotter' erortert auch, wie Aktualisierungen von Mythen die Moglichkeit eroffnen, Werte und Orientierungen zu hinterfragen, ohne die Kontinuitat der eigenen Kultur aufkundigen zu mussen. Die Publikation analysiert schwerpunktmassig neuhistorische Romane erfolgreicher Autoren wie Mo Yan und zeigt deren Strategien der literarischen Remythisierung und Konstruktion eines polymythischen kulturellen Imaginaire auf. Sekundare Mythen wie diejenigen der revolutionaren Yan'an-Gemeinschaft oder einer globalkapitalistischen, harmonischen Konsumentengemeinschaft werden als ideologische Konstrukte entlarvt und primare Mythen als wichtige Wegmarken des kollektiven Denk- und Vorstellungsraums einer asthetischen (Gegen-)Moderne neu legitimiert.